Terbutalin

Terbutalin gehört zur Wirkstoffgruppe der kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika und wird angewendet zur Bronchodilatation bei Atemwegserkrankungen mit Verengung der Atemwege durch Krämpfe der Bronchialmuskulatur.

Terbutalin

Anwendung

Terbutalin ist indiziert zur Behandlung von Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale oder COPD mit Verengung der Atemwege durch Krämpfe der Bronchialmuskulatur (obstruktive Atemwegserkrankungen).

Als Injektion ist Terbutalin zur Akutbehandlung von Atemnotzuständen (Status asthmaticus, schwere bronchospastische Anfälle) indiziert, wenn die Gabe von kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika zur Inhalation nicht möglich ist.

Anwendungsart

Der Wirkstoff kann inhalativ, oral oder über Injektion angewendet werden.

Wirkmechanismus

Terbutalin gehört zur Wirkstoffgruppe der Beta-2-Sympathomimetika und bindet als Agonist an Beta-2-Rezeptoren. Intrazellulär werden die Wirkungen von Orciprenalin durch cAMP vermittelt. Die Aktivierung des Beta-2-adrenergen Rezeptors initiiert eine Transmembran-Signalkaskade, an der das heterotrimere G-Protein Gs und der Effektor Adenylylcyclase beteiligt sind. Adenylylcyclase erhöht dann das intrazelluläre cAMP über die Hydrolyse von ATP.

Die erhöhte cAMP-Konzentration dient der Aktivierung der cAMP-abhängigen Proteinkinase A (PKA). PKA kann intrazelluläre Substrate phosphorylieren, die verschiedene Wirkungen innerhalb der Zelle modulieren. Insbesondere wirkt PKA in der glatten Muskulatur der Atemwege und phosphoryliert Gq-gekoppelte Rezeptoren, was zu einer Kaskade von intrazellulären Signalen führt, wie die Reduktion intrazellulären Ca2+.

Die Veränderung der Ca2+-Konzentration führt zur Hemmung der Phosphorylierung der Myosin-leichte-Ketten-Kinase, wodurch die Kontraktion der glatten Atemwegsmuskulatur verhindert wird. Diese Wirkung ist der zugrunde liegende Mechanismus der Beta-2-Sympathomimetika.

Darüber hinaus besitzt Orciprenalin aufgrund seiner nur mäßigen Selektivität für Beta-2-Rezeptoren auch positive inotrope und chronotrope Effekte. Eine relaxierende Wirkung auf die koronare und
periphere Gefäßmuskulatur ist pharmakologisch nur in hoher Dosierung nachgewiesen und im Vergleich zur Bronchospasmolyse wesentlich schwächer und von kürzerer Dauer.

 

Beta-2-Sympathomimetika

Dosierung

Orale Anwendung

  • 2- bis 3-mal täglich 2,5 – 5 mg Terbutalinsulfat
  • Bei besonders empfindlich reagierenden Patienten ist es ratsam, die Behandlung mit 3-mal täglich 2,5 mg Terbutalinsulfat einzuleiten
  • Die Gesamttagesdosis soll 15 mg Terbutalinsulfat nicht überschreiten
  • Die maximale Einzeldosis beträgt  5 mg Terbutalinsulfat

Inhalative Anwendung

  • Akutbehandlung plötzlich auftretender Bronchialkrämpfe/Atemnot: Einzeldosis von 0,5 mg Terbutalinsulfat
  • Falls eine Dauerbehandlung mit Beta-2-Sympathomimetika für notwendig befunden wird, beträgt die Dosierung 1 Hub je 0,5 mg Terbutalinsulfat 3-mal/Tag
  • Die Gesamttagesdosis soll 12 Hübe bei Erwachsenen und bei Kindern unter 12 Jahren 8 Hübe nicht überschreiten

Subkutane Injektion

  • Zur Akutbehandlung von Atemnotständen werden 0,25 mg Terbutalinsulfat subkutan injiziert
  • Falls erforderlich, kann die Einzeldosis auf maximal 0,5 mg Terbutalinsulfat erhöht werden
  • Dieselbe Dosis kann, falls erforderlich, nach 15 – 20 Minuten wiederholt werden.
  • Die Injektionen können bei Bedarf bis zu 4-mal täglich wiederholt werden.

Nebenwirkungen

  • Unerwünschte Wirkungen von Beta-2-Agonisten betreffen am häufigsten die Desensibilisierung des Beta-2-adrenergen Rezeptors gegenüber dem Beta-2-Agonisten.
  • Verglichen mit der inhalativen Applikation führt die orale Anwendung eines Beta-2-Sympathomimetikums zu deutlich mehr Nebenwirkungen.
  • Aufgrund der ähnlichen Eigenschaften zwischen den Klassen adrenerger Rezeptoren können Beta-2-Agonisten einen „Off-Target“-Effekt erzeugen, indem sie entweder Alpha-1-, Alpha-2- oder Beta-1-Rezeptoren stimulieren. Die häufigsten Nebenwirkungen von Beta-2-Agonisten betreffen deshalb das Herz-, Stoffwechsel- oder Muskel-Skelett-System.
  • Durch ihre gefäßerweiternde Wirkung peripherer Gefäße und der daraus resultierenden Abnahme des kardialen venösen Rückflusses sind kompensatorische Mechanismen, die sich als Tachykardie manifestieren, relativ häufig, insbesondere in den ersten Anwendungswochen.
  • Kardiale Toxizität in Form von Arrhythmien, Kardiomyopathie und Ischämie korrelieren laut mehreren Berichten, die von Einzelfallberichten bis hin zu Fall-Kontroll-Studien reichen, stärker mit Beta-2-Agonisten der älteren Generation.
  • Arrhythmien werden häufiger bei der Anwendung von Fenoterol im Vergleich zu Salbutamol beobachtet; Arrhythmien treten häufiger bei Patienten mit zugrunde liegender Herzerkrankung oder gleichzeitiger Anwendung von Theophyllin auf.
  • Es wurde gezeigt, dass Beta-2-Agonisten den Serumkaliumspiegel über eine Verschiebung von Kalium nach innen in die Zellen aufgrund einer Wirkung auf die membrangebundene Na/K-ATPase senken, was möglicherweise zu einer Hypokaliämie führen kann.
  • Beta-2-Agonisten fördern auch die Glykogenolyse, die zu unbeabsichtigten Erhöhungen der Serumglukose führen kann.
  • Auch Muskel-Skelett-Zittern ist eine mögliche Nebenwirkung, die häufiger bei der Anwendung von oralen Beta-2-Agonisten auftritt.
  • Das Ausmaß, in dem diese Nebenwirkungen auftreten, hängt im Allgemeinen mit Faktoren wie der Selektivität jedes Beta-2-Agonisten für seinen jeweiligen Rezeptor und den Dosierungen zusammen.

Kontraindikationen

Terbutalin darf nicht angewendet werden bei:

  • bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
  • Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose/Thyreotoxikose)
  • abnormem Anstieg der Herzfrequenz (Tachykardie)
  • muskulärer Einengung im Bereich der Herzklappen (idiopathische hypertrophe subvalvuläre Aortenstenose)
  • frischem Herzinfarkt
  • Tumor des Nebennierenmarks (Phäochromozytom)

Schwangerschaft

Terbutalin sollte während der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden. Da eine wehenhemmende Wirkung auch bei inhalativer Aufnahme nicht völlig ausgeschlossen werden kann, sollte die Anwendung kurz vor der Geburt nicht mehr erfolgen. Darüber hinaus wurde eine vorübergehende Hypoglykämie bei Frühgeborenen, deren Mütter mit Beta-2-Agonisten behandelt wurden, beobachtet.

Stillzeit

Terbutalin geht in die Muttermilch über, weshalb eine Behandlung stillender Frauen nur nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen sollte.

Verkehrstüchtigkeit

Durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch von Terbutalin die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden. Dies gilt besonders bei Behandlungsbeginn sowie im Zusammenwirken mit Alkohol, Beruhigungs- oder Schlafmitteln.

Anwendungshinweise

Blutzuckerspiegel

Da der Blutzuckerspiegel bei Applikation hoher Dosen ansteigen kann, ist bei Patienten mit Diabetes mellitus eine engmaschige Blutzuckerkontrolle erforderlich.

Hypokaliämie

Eine Therapie mit Beta-2-Agonisten kann eine möglicherweise schwerwiegende Hypokaliämie verursachen. Besondere Vorsicht ist bei schwerem Asthma angezeigt, weil eine Hypokaliämie durch gleichzeitige Behandlung mit Xanthinderivaten wie Theophyllin, Glukokortikosteroiden und Diuretika verstärkt werden kann.

Darüber hinaus kann eine Hypoxie die Effekte einer Hypokaliämie auf den Herzrhythmus verstärken.

Bei Patienten, die Digoxin erhalten kann eine  Hypokaliämie zu einer erhöhten Anfälligkeit für Arrythmien führen, weshalb bei diesen Patienten bei Anwendung von Beta-2-Sympathomimetika regelmäßig der Serumkaliumspiegel kontrolliert werden sollte.

Kardiovaskuläre Effekte

Sympathomimetika können kardiovaskuläre Nebenwirkungen verursachen. Patienten, die an einer schweren Grunderkrankung des Herzens leiden (z. B. ischämische Herzerkrankung, Arrhythmie oder schwere Herzinsuffizienz), sollten ärztlichen Rat einholen, wenn bei ihnen Schmerzen in der Brust oder andere Anzeichen einer sich verschlechternden Herzerkrankung auftreten.

Besondere Aufmerksamkeit ist bei der Beurteilung von Symptomen wie Atemnot und Schmerzen in der Brust geboten, da diese einen respiratorischen oder kardialen Ursprung haben können.

Alternativen

Beta-2-Sympathomimetika werden in kurz wirkende Beta-Agonisten (SABAs), lang wirkende Beta-Agonisten (LABAs) und auch in ultralang wirkende Beta-Agonisten (Ultra-LABAs) unterteilt.

SABA

SABA sind Medikamente der ersten Wahl zur Akutbehandlung bei Asthmasymptomen und -exazerbationen. Sie werden auch häufig in Verbindung mit LABAs, inhalativen Kortikosteroiden oder langwirksamen Muskarinagonisten bei der Behandlung von COPD verwendet. Die typische Verabreichung ist die Inhalation über eine Dosieraerosol oder Pulverinhalator. Im Vergleich zur oralen Verabreichung ist die Inhalation mit einer Verringerung der systemischen Nebenwirkungen assoziiert.

LABA

LABA werden zur Behandlung von Patienten mit Asthma und COPD eingesetzt, häufig in Verbindung mit inhalativen Kortikosteroiden. LABA haben eine Wirkungsdauer von mindestens 12 Stunden. Wie bei SABA ist der empfohlene Verabreichungsweg die Inhalation. LABA werden im Allgemeinen als Zweitlinienbehandlung bei Asthma empfohlen, bei dem die symptomatische Linderung mit SABA und Kortikosteroiden nicht ausreichend ist.

Ultra-LABA

Ultra-LABA haben die längste Wirkdauer von bis zu 24 Stunden und den zusätzlichen Vorteil, dass sie nur einer einmal täglichen Anwendung bedürfen. Indacaterol wurde als Erhaltungstherapie für Patienten mit COPD in Kombination mit anderen Bronchodilatatoren zugelassen. Die Verabreichung von Indacaterol erfolgt als Trockenpulver mit einem Wirkungseintritt von etwa 5 Minuten.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
225.28 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 16.0 H
Q0-Wert:
0.45
Kindstoff(e):
Quelle:
  1. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie 2. Auflage 2010
  2. Fachinformation Terbutalin AL
  3. Fachinformation Bricanyl
  4. Fachinformation Aerodur Turbohaler
  5. Hsu, E., & Bajaj, T. (2021). Beta 2 Agonists. In StatPearls

Abbildung

Adapted from „Activation of Protein Kinase A (PKA)”, by BioRender.com

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