Mit Amnion-Membran chronische Wunden schließen

Ein Wund(er)mittel: das Amnion. Aus diesem Teil der Eihülle von per Sectio geborenen Neugeborenen lassen sich Transplantate gewinnen, die antientzündliche und wundheilungsfördernde Eigenschaften haben. Mit der dünnen Amnion-Membran können selbst chronische Wunden, die seit Jahren bestehen, doch wieder zuheilen. Die Methode wurde beim Deutschen Wundkongresses 2021 mit dem deutschen Wundpreis ausgezeichnet.

Fötus im Amnion

Vakuumverbände, Hauttransplantate, Wundauflagen mit Silber, Aktivkohle und vieles andere mehr hat man sich einfallen lassen, um chronische Wunden zum Schließen zu bringen. Trotz aller Anstrengung bleibt dennoch vielfach der Erfolg aus.

Amnion – „Abfallprodukt“ bei Kaiserschnitt-Geburten

Hilfe könnte hier aus einer eher unerwarteten Fachrichtung kommen: aus der Geburtshilfe. Genauer gesagt aus einem „Abfallprodukt“ das bei Kaiserschnitt-Geburten anfällt: dem Amnion, ein Bestandteil der Eihülle. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) haben Chirurgen der Rhein-Maas-Kliniken in Würselen unter Leitung von Prof. Dr. Hans-Oliver Rennekampff diese neue Methode zur Wundheilung entwickelt. Für diese neue Therapieoption wurden auf dem diesjährigen Deutschen Wundkongress Rennekampff und seine Mitstreiter von der DGFG, Dr. Nicola Hofmann (Wissenschaftliche Leitung, DGFG) und Martin Börgel (Geschäftsführer, DGFG), mit dem Deutschen Wundpreis ausgezeichnet.

Booster für die Wundheilung

Als Amnionmembran wird die innere, dem Fötus zugewandte Eihaut der mütterlichen Plazenta bezeichnet. Diese Membran verfügt über wundheilungsfördernde und antientzündliche Eigenschaften und verhindert Narbenbildung. Als Wundauflage, sozusagen als „Gewebepflaster“, wirkt sie wie ein Booster, der die Wunde zu einer besseren Selbstheilung anregen soll, so Rennekampff.

Keine Abstoßung trotz Fremdgewebe

Die Amnionmembran ist quasi immunologisch inert, weil sie sich zwischen zwei an sich fremden Immunsystemen befindet − das von Mutter und Kind. Obwohl es sich hier um ein Spendergewebe handelt, führt die Amnionmembran daher zu keiner Abstoßungsreaktion oder Unverträglichkeit bei den Patienten.

Eine Amnionspende kann hunderten Patienten helfen

Eine Amnionspende ist eine Lebend-Gewebespende. Voraussetzung sind die Einwilligung der Mutter und eine Kaiserschnittgeburt. Aus einer Plazentaspende können u. U. mehrere hundert Amniontransplantate gewonnen werden. Anders als Organe wird dieses Gewebe nicht unmittelbar transplantiert, sondern zunächst in spezialisierten Gewebebanken zu Transplantaten weiterverarbeitet.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Aufgrund ihrer wundheilungsfördernden Eigenschaften kann die Amnionmembran bei verschiedenen Indikationen eingesetzt werden. Neben Wundheilungsstörungen, z. B. beim diabetischen Fußsyndrom, kommt Amnion auch in der Ophthalmologie in Form des AmnioClip-plus sowie bei mund- und kieferchirurgischen Eingriffen, in der gynäkologischen Chirurgie (Uterus und Vagina) und als temporärer Hautersatz bei thermischen Verletzungen zum Einsatz.

Amnion − was war das noch mal?

Das Amnion umgibt die im Verlauf der Schwangerschaft schnell wachsende Amnionhöhle. Das zum Kind hin gelegene Epithel des Amnions sondert das Fruchtwasser ab. In der Frühschwangerschaft nimmt die Amnionhöhle nur einen Teil der Fruchthöhle ein. Im weiteren Verlauf wächst die Amnionhöhle stärker als die Fruchthöhle, so dass zwischen der Wand der Fruchthöhle und der Amnionhaut nur noch ein Spaltraum bestehen bleibt. Ab dem 3. Schwangerschaftsmonat verschwindet dieser Spaltraum durch die Verschmelzung der Amnionhaut mit dem Chorion.

Autor:
Stand:
07.08.2021
Quelle:

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG), vom 9.7.2021

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