Epidemiologisches Profil der Dermatophyten

Dermatomykosen, v. a. Onychomykosen und Tinea pedis, sind bei Erwachsenen häufiger als bei Kindern – so das Ergebnis einer deutschen Studie. Besonders oft wurden diese von T. rubrum ausgelöst, doch auch seltene Erreger sollten Kliniker für die passende Therapie kennen.

Dermatophyten

Veränderliches Dermatophyten-Spektrum

Mykosen der Haut und Nägel (Dermatomykosen) sind sehr häufige Krankheitsbilder. Verursacht werden sie durch Fadenpilze, sogenannten Dermatophyten, zu denen unter anderem Trichophyton (T.), Mikrosporum und Epidermophyton zählen. Der Erreger der Mykose als auch das klinische Bild der Infektion variieren dabei je nach geografischer Region, dem Alter der betroffenen Person sowie im Zeitverlauf. Da sich durch die zunehmende Globalisierung vermutlich auch das Spektrum der Dermatophyten in Deutschland verändern wird, beschlossen Privat-Dozentin Dr. med. Undine Lippert von der Universitätsmedizin Göttingen und Team das derzeitige epidemiologische Profil in Deutschland zu erfassen.

Dermatophyteninfektionen bei Erwachsenen und Kindern

Für ihre retrospektiven Multizenterstudie werteten Lippert und Team daher die Befunde aller Dermatophytenkulturen aus, die zwischen Januar 2014 und Dezember 2015 in den Kliniken Dessau, Göttingen und Jena gewonnen wurden bzw. eingegangen sind. Die Daten wurden unter Angabe des Erregers sowie der betroffenen Körperregion, des Alters und des Geschlechts des Patienten und der Art der Erkrankung erfasst. Die Patienten wurden nach ihrem Alter (0 bis 5 Jahre; 6 bis 9 Jahre; 10 bis 18 Jahre; 19 bis 59 Jahre, über 60 Jahre) gruppiert. Der Schwerpunkt der Studie lag dabei auf dem Vergleich von Kindern und Erwachsenen.

Onychomykosen besonders häufig

Von den 1.136 identifizierten Infektionen stuften die Autoren

  • etwa die Hälfte (50,8%, n=577) als Onychomykose (Pilzinfektion der Nägel)
  • 34,6% (n=393) als Tinea pedis (Dermatophyteninfektion der Füße
  • 16,2% (n=184) als Tinea corporis (Dermatophytose des Körpers)
  • 4,2% (n=48) als Tinea manus (Dermatophyteninfektion der Hände)
  • 2,5% (n=28) als Tinea capitis (Dermatophytose der Kopfhaut) und
  • 1,2% (n=14) als Tinea faciei (Dermatophyteninfektion des Gesichts) ein.

Dabei fanden die Autoren heraus, dass Onychomykosen und Tinea pedis häufiger in den Sommer- als in den Wintermonaten diagnostiziert wurden (57,3% versus 42,7%). Laut Lippert und Team könne dies beispielsweise an dem feucht-warmen Milieu in den Schuhen oder an dem Besuch öffentlicher Orte wie Schwimmbädern liegen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass in der warmen Jahreszeit ein besonderes Augenmerk auf Infektionen gelegt wird.

Manifestationsform der Dermatophytose abhängig vom Alter

Nach Stratifizierung der Infektionsformen nach Altersgruppen ergaben sich signifikante Unterschiede.

  • Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahre: Häufigste Infektion war Tinea capitis (57,1%), gefolgt von Tinea corporis und pedis (jeweils 14,3%).
  • Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahre: Anteil der Tinea capitis an allen Infektionen sank auf 37,0%, während der Anteil der Tinea corporis (33,3%), Tinea faciei (11,1%) und Onychomykose (11,1%) stieg.
  • Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahre: Der relative Anteil der Tinea corporis und der Onychomykose nahmen zu (38,0% bzw. 34,0%), während der Anteil der Tinea capitis auf 12,0% aller Dermatophytosen sank.
  • Erwachsene im Alter von 19 bis 59 Jahre: Onychomykose (44,9%) und Tinea pedis (33,7%) waren die häufigsten Dermatophytosen.
  • Menschen im Alter von über 60 Jahre: Klinische Spektrum der Dermatophytosen war weitgehend vergleichbar.

Dermatomykosen mit T. rubrum

Die Dermatomykosen wurden am häufigsten (78,6%, n=893) von dem Fadenpilz T. rubrum verursacht, gefolgt von

  • T. interdigitale (14,3%, n=163),
  • T. benhamiae (3,2%, n=36),
  • T. mentagrophytes (2,1%, n=24)
  • Mikrosporum canis (1,7%, n=19).

Häufigster Erreger der Onychomykosen und Tinea pedis waren T. rubrum und T. interdigitale, bei Tinea corporis konnte zusätzlich noch T. benhamiae nachgewiesen werden. Das Pilzspektrum der Tinea corporis und Tinea capitis unterschied sich zwischen Kindern und Erwachsenen, wobei das Erregerspektrum bei Kindern vielfältiger war. Bei Tinea corporis dominierte jedoch T. rubrum und bei Tinea capitis wurden am häufigsten Mikrosporum canis, T. mentagrophytes und T. benhamiae diagnostiziert.

Seltene Dermatophyten nicht vergessen

„Kliniker sollten nicht nur häufige, sondern auch seltene Erreger kennen, die Pilzinfektionen in verschiedenen Altersgruppen verursachen, um letztlich das passende Therapieregime auswählen zu können“, sind die Studienautoren der Meinung. Als Beispiels nennen sie T. tonsurans, welcher in der Kohorte nur selten nachgewiesen worden war (0,5%). Dieser Dermatophyt sei laut den Autoren gegenwärtig der führende Erreger der Tinea capitis in den USA, Kanada sowie Großbritannien und könnte aufgrund der Globalisierung auch in Europa weiter zunehmen. Ähnliches gelte auch für T. violaceum, dem häufigsten Dermatophyten in tropischen und subtropischen Ländern Afrikas, der inzwischen in Schweden der häufigste Erreger der Tinea capitis ist.

Limitationen der Dermatophyten-Studie

Einschränkungen der retrospektiven Multizenterstudie von Lippert sind beispielsweise, dass nur Befunde aus drei Kliniken (Dessau, Göttingen, Jena) in die Untersuchung eingeflossen sind. Des Weiteren erfolgte keine Stratifizierung der Infektionsform bzw. der Erreger nach der Region. Auch können die Autoren nicht ausschließen, dass der zahlenmäßige Unterschied der Dermatophytosen bei Kindern und Erwachsenen daran liegt, dass diese bei Kindern von Kinderärzten und bei Erwachsenen von Hautärzten diagnostiziert wurden.

Autor:
Stand:
15.12.2022
Quelle:

Kromer et al. (2021): Dermatophyte infections in children compared to adults in Germany: a retrospective multicenter study in Germany, Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. DOI: 10.1111/ddg.14432

  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige