Tolerogene dendritische Zellen TD1

In der ersten klinischen Studie mit den Zellpräparaten bei Patienten mit langjährigem Typ-1-Diabetes zeigten sich keine Anzeichen einer systemischen Immunsuppression, einer Insulinallergie, einer Störung der Insulintherapie oder eines beschleunigten Verlusts der ß-Zellfunktion.

Dendritische Zelle

Hintergrund

Die Induktion oder Wiederherstellung der Immuntoleranz ist ein wichtiges Ziel in der Entwicklung von Behandlungsmethoden des Typ-1-Diabetes (T1D). Unspezifische Immuntherapien zur Kontrolle der T-Zell-abhängigen Autoimmunantwort bei T1D zeigen bisher erhebliche Nebenwirkungen und modulieren den Krankheitsverlauf nur vorübergehend. Vorzugsweise sollte die Therapie langfristig wirksam sein, um die Autoimmunität gegenüber β-Zellen gezielt zu regulieren.

Tolerogene dendritische Zellen (tolDC), also Zellen, die für immunologische Toleranz gegenüber Selbstantigenen sorgen, gelten als attraktiver Ansatz, um Autoimmunerkrankungen antigenspezifisch zu modulieren und in die Pathogenese von T1D einzugreifen. Es wurde gezeigt, dass das natürliche Teilpeptid C19-A3 von Proinsulin keine schweren allergischen Reaktionen auslöst, aber bei Patienten mit T1D Immunantworten hervorruft, und dass tolDC, die dieses Peptid präsentieren, Proinsulin-spezifische regulatorische T-Zellen induzieren können.

Zielsetzung

Eine Forschergruppe um Tatjana Nikolic aus der Arbeitsgruppe Immunomodulation and Regenerative Cell Therapy am Leiden University Medical Center in den Niederlanden untersuchte die klinische Anwendbarkeit von mit Proinsulinpeptid beladenen tolDC in einer Sicherheits- und Durchführbarkeitsstudie bei Patienten mit T1D (D-SENSE-Studie).

Methodik

In der prospektiven, offenen, placebokontrollierten Phase-I-Studie erhielten neun Patienten mit langjährigem T1D drei verschiedene Dosierungen von mit Proinsulinpeptid beladenen tolDC (5 × 106, 10 × 106 und 20 × 106 tolDC pro Injektionsserie).

Nach der Aufnahme in die Studie wurden die Teilnehmer einer Leukapherese unterzogen (Dauer zwischen 173 und 376 Minuten), um eine ausreichende Anzahl von Leukozyten für die Selektion CD14-positiver Monozyten sowie die Erzeugung und Kryokonservierung unreifer tolDC zu sammeln. Unreife tolDC wurden zwei Tage vor der intradermalen Verabreichung aufgetaut, anschließend gereift und mit Proinsulinpeptid C19-A3 beladen. Die tolDC-Produkte mussten alle erforderlichen und validierten Freigabekriterien erfüllen.

Die Zellpräparate wurden als zwei intradermale Injektionsserien (5, 10 oder 20 intradermale Injektionen je nach Dosiskohorte) als Grund- und Auffrischungsimpfung im Abstand von einem Monat verabreicht.

Die Patienten wurden nach der Leukapherese und bis zu sechs Monate nach der letzten tolDC-Injektion umfassend überwacht. Die verbleibende β-Zellfunktion wurde vor und nach der tolDC-Injektion durch einen Mischmahlzeit-Toleranztest untersucht. Die Durchführbarkeit und Sicherheit der Impfprotokolle wurden für die drei Dosierungen von 5 × 106, 10 × 106 und 20 × 106 tolDC pro Injektionsserie bewertet.

Ergebnisse

Bei acht Patienten wurden die geplanten Dosen von 5, 10 oder 20 Millionen tolDC pro Injektion erfolgreich verabreicht. Für einen Patienten in der höchsten Dosisgruppe konnten nur 19 Millionen tolDC anstelle der vorgesehenen 20 Millionen für jede Injektion gewonnen werden.

Bei allen Patienten blieben während der sechsmonatigen umfassenden Beobachtung die β-Zellfunktion und die allgemeine Diabeteskontrolle stabil. Nach der Behandlung mit tolDC blieben die HbA1c-Werte, der Insulinbedarf und die Anzahl leicht hypoglykämischer Ereignisse gegenüber der Situation vor Studienbeginn bis zum letzten Kontrollbesuch weitgehend unverändert. Dieser Befund war unabhängig von der verabreichten tolDC-Dosis.

Bei drei der neun in die Studie eingeschlossenen Patienten war stimuliertes C-Peptid nachweisbar, das sich nach der Behandlung mit tolDC nicht veränderte. Diese niedrige Rate einer verbliebenen β-Zellfunktion war aufgrund der sicherheitsorientierten Strategie erwartet. Nur Patienten mit langjährigem Typ-1-Diabetes (im Durchschnitt mehr als zwölf Jahre mit der Krankheit) konnten an dieser ersten Studie am Menschen teilnehmen.

Neben typischen und reversiblen Leukapherese-bedingten Beschwerden verursachte die Verabreichung von tolDC ein leichtes Stechen und eine nicht juckende Rötung der Haut (Erythem) an der Injektionsstelle. Die Rötung nahm in der ersten Stunde nach der Injektion weitgehend ab und verschwand innerhalb von 24 Stunden, wobei eine kleine blasenartige Injektionsnarbe mit einem Durchmesser von 1-3 mm zurückblieb. Die Hautreaktionen waren unabhängig von der tolDC-Dosis vergleichbar und verschwanden innerhalb von zwei Wochen vollständig, ohne dass eine medizinische Intervention erforderlich war.

Insgesamt wurden 13 unerwünschte Ereignisse bei 7 Patienten registriert. Drei Ereignisse vom Grad 2 waren allergische Rhinitis, Erkältung und Zahnschmerzen, die als unabhängig von der Injektion von tolDC angesehen wurden. Insgesamt zehn Ereignisse vom Grad 1 wurden festgestellt, darunter Müdigkeit bei zwei Patienten, die die niedrigste tolDC-Dosis erhalten hatten. Zwei Patienten in der mittleren Dosisgruppe zeigten eine verringerte Leukozytenzahl und leichte Eosinophilie. Bei einem Patienten in der höchsten Dosisgruppe wurden trockene Haut und Arthralgie festgestellt. Die Patienten erholten sich von allen gemeldeten Ereignissen innerhalb des Beobachtungszeitraums, ohne dass eine medizinische Intervention erforderlich war.

Fazit

Im Anschluss an die intradermale Prime-Boost-Impfung mit bis zu 20 Millionen mit Proinsulin-Epitop beladenen tolDC pro Injektion wurde eine niedriggradige, akzeptable Toxizität beobachtet. Die Forscher gehen davon aus, dass diese wahrscheinlich nicht mit der Verabreichung des Zellpräparats zusammenhängt. Als wichtigste Beobachtung werten die Forscher, dass bei Patienten mit einer restlichen C-Peptid-Ausschüttung keine Anzeichen einer systemischen Immunsuppression, keine Induktion einer Insulinallergie, keine Störung der Insulintherapie und kein beschleunigter Verlust der β-Zellfunktion auftraten.

In der Beurteilung der Autoren war die Erzeugung und intradermale Verabreichung von autologen tolDC, die mit Proinsulinpeptid beladen waren, machbar und sicher, so dass im nächsten Schritt klinische Tests bei Patienten mit einer kürzer zurückliegenden Diagnose von T1D und einer konservierten C-Peptid-Produktion durchgeführt werden können. Damit soll untersucht werden, ob diese neuartige Immuninterventionsstrategie den fortschreitenden Verlust der β-Zellfunktion verzögern oder stoppen kann. Weitere Tests sollten zeigen, ob eine Antigen-spezifische Immunmodulation unter Verwendung von tolDC β-Zellen vor der Autoimmunzerstörung schützen und als kurative Therapie für T1D dienen kann.

Die Studie wurde von der Europäischen Union (RP7-NAIMIT, 241447), der niederländischen Diabetes Research Foundation und der DON Foundation (Expert Center Grant, 2013·40·1693) finanziell unterstützt.

Quelle:
  1. Nikolic et al. (2020) Safety and feasibility of intradermal injection with tolerogenic dendritic cells pulsed with proinsulin peptide - for type 1 diabetes. The Lancet Diabetes & Endocrinology, DOI: 10.1016/S2213-8587(20)30104-2
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