Neue Impfstoffplattform gegen Hepatitis B

Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts haben eine Impfstoffplattform entwickelt, durch die der Impfstoff Zellmembranen passieren kann und deshalb eine orale oder transdermale Anwendung möglich ist.

Labormaeuse

Hintergrund

Die Entwicklung eines Impfstoffes dauert normalerweise einige Jahre. In jedem Fall aber zu lange um im Akutfall, wie beispielsweise bei der aktuellen Coronavirus-Epidemie, handeln zu können. Es ist daher das Ziel verschiedener Forschungseinrichtungen Modelle zu entwickeln, die eine schnellere Impfstoff-Entwicklung ermöglichen. Hier kommen nun die sog. Impfstoffplattformen ins Spiel.

Was sind Impfstoffplattformen?

Impfstoffplattformen basieren auf einem Träger, der bereits Antigene anderer Erreger enthält und damit eine Immunreaktion gewährleistet. Der Impfstoff einer solchen Plattform wird bei Bedarf zusätzlich mit den Antigenen des neuen Erregers beladen und kann dann zeitnah in die klinische Prüfung gehen. Ziel ist die Induktion einer Antikörperbildung und die Vermittlung einer zellulären Immunantwort über zytotoxische T-Zellen.

Neuer Modellimpfstoff gegen Hepatitis B

Ein Forscherteam des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) hat nun eine Impfstoffplattform entwickelt, die auf virusähnlichen Partikeln (Virus-like particles, VLPs) des Hepatitis-B-Virus beruht. Genau genommen handelt es sich um ein modifiziertes Kapsid des Virus. Das Team fusionierte das Kapsid mit einem sog. TLM-Peptid (translocation.motif), wodurch es Zellmembranen passieren kann und daher oral oder transdermal  angewendet werden kann. Ein weiteres Merkmal des neuen Impfstoffes ist eine Beladungsstelle für das Antigen gegen das der Immunschutz aufgebaut werden soll.

Im Tiermodell sehr wirksam

In einem Tiermodell an Mäusen konnte gezeigt werden, dass der experimentelle Impfstoff bei den Tieren eine schützende Antikörperbildung und eine spezifische zelluläre Immunantwort induzierte, die zur Zerstörung von HBV-positiven Zellen führte. Letzteres könnte laut PEI besonders für die Entwicklung einer Therapie gegen chronische Infektionen relevant sein. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Applikationsform: Durch die Membrangängigkeit des Impfstoffes ist nämlich eine nadelfreie Applikation in Form einer transdermalen oder oralen Anwendung möglich. Die Ergebnisse der Studie wurden am 26.02.2020 im Journal Vaccine veröffentlicht.

Hepatitis B

Die Hepatitis B ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt. Weltweit leiden etwa 257 Millionen Menschen an einer chronischen Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht wurde. Eine gezielte Prophylaxe der Hepatitis B ist nur durch die aktive Immunisierung effektiv möglich. Die Schutzwirkung der bisher zugelassenen Impfstoffe gegen Hepatitis B beruht v.a. auf der Bildung von schützenden Antikörpern (B-Zellantwort). In Deutschland stehen monovalente Hepatitis-B-Impfstoffe, bivalente Kombinationsimpfstoffe gegen Hepatitis A und B und hexavalente Kombinationsimpfstoffe mit Hepatitis-B-Komponente für Kinder zur Verfügung. In Abhängigkeit vom verwendeten Impfstoff und Impfschema besteht eine vollständige Grundimmunisierung aus 3 bzw. 4 Impfstoffdosen. Die Impfempfehlungen der STIKO beinhalten eine Hepatitis-B-Grundimmunisierung im Säuglings- und Kleinkindalter und das Nachholen der Grundimmunisierung bis dahin noch ungeimpfter Kinder und Jugendlicher möglichst vor der Pubertät, spätestens aber bis zum 18. Lebensjahr.

Autor:
Stand:
05.04.2020
Quelle:
  1. ScienceDirect: A new approach for therapeutic vaccination against chronic HBV infections https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0264410X20302917
     
  2. PEI Pressemitteilung
     
  3. RKI Hepatitis B https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HepatitisB.html
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