Zankäpfel der neuen Leitlinie Pankreaskarzinom

Die abgelaufene S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ repräsentierte den Stand von Oktober 2013. Höchste Zeit, den Entwicklungen der letzten Jahre in einer Überarbeitung Rechnung zu tragen. Jetzt werden Mindestmengen und eine standardisierte Bildgebung gefordert.

Leitlinie

Die neue Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ soll im Mai 2021 auf der AWMF-Homepage veröffentlicht werden. Erstmals legt sich die S3-Leitlinie auf Systemanforderungen fest: Operative Eingriffe beim Pankreaskarzinom sollten in einem Krankenhaus mit mindestens 20 resezierten Primärfällen (OPS-Codes 5-524 und 5-525) pro Jahr durchgeführt werden, berichtete Professor Dr. Waldemar Uhl, Direktor der Klinik für Viszeral-Chirurgie im St. Josef-Hospital Bochum [1].

Letalität der Pankreaskarzinom-OP reduzieren

Operative Mindestfallzahlen sind immer noch ein Streitpunkt. Die Evidenz ist vergleichsweise mäßig. Aber 2018 hatte eine Studie aus der Versorgungsforschung für Deutschland den Vorteil von Pankreasresektionen in Krankenhäusern mit hohen Fallzahlen gezeigt [2]. Die Krankenhausmortalität lag risikoadjustiert in den 15 Kliniken mit sehr hoher Fallzahl (im Durchschnitt 134 Pankreas-Resektionen pro Jahr) bei 6,5%, bei Häusern mit niedrigen Fallzahlen (im Durchschnitt 5 Pankreasresektionen pro Jahr) bei 11,5%. Es hätte rein rechnerisch 129 weniger Todesfälle gegeben, wenn alle OPs in Kliniken mit hohem Volumen stattgefunden hätten, erläuterte Uhl.

Streit um Mindestmengen bleibt

Umso erstaunter zeigte er sich über die Einschätzung des IQWIG im September 2020: Ein Rapid Report sah auf Ebene von Krankenhaus wie Ärztinnen und Ärzten keinen Anhalt für einen Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnissen. Der Bericht wurde allerdings inzwischen revidiert und es heißt explizit, die Überlebenschancen für Pankreas-Operierte seien insgesamt in Krankenhäusern mit höheren Fallzahlen und bei Ärztinnen und Ärzten, die die Operation häufiger durchführen, größer [3, 4].

Geforderte Fallzahlen sehr divers

Eine optimale Fallzahlfestlegung gibt es nicht. Während die neue S3-Leitlinie mindestens 20 Pankreaskarzinom-OPs fordert, hat der G-BA für komplexe Pankreaseingriffe allgemein eine Mindestzahl von 10 pro Jahr und Standort festgelegt [5]. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeine und Viszeralchirurgie (DGAV) fordert für eine Zertifizierung als Zentrum für Chirurgische Erkrankungen des Pankreas sogar 25 Pankreaskopfresektionen und totale Pankreatektomien und 5 Pankreaslinks- und Segmentresektionen pro Jahr und Standort [5]. In den USA werden pro Zentrum und Jahr 20 Pankreasresektionen gefordert, wobei jeder Chirurg 10 pro Jahr nachweisen muss, in England liegt die Zahl sogar bei jährlich 80 Pankreas-OPs pro Zentrum und 12 pro Chirurg. Die Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Leber, Galle, Pankreas der DGAV wird noch einmal eine Stellungnahme zu Leistungsmenge und Qualität bei komplexen Eingriffen am Pankreas in der Zeitschrift „Der Chirurg“ veröffentlichen, kündigte Uhl an.

Resektabel oder nicht? Standards gefragt!

Die Indikation zur OP ist beim Pankreaskarzinom abhängig von der Tumorausdehnung, dem Patientenzustand und der Tumorbiologie, eine R0-Resektion ist das Ziel. Um eine so gute Resektabilität beurteilen zu können, sollte nach der neuen Leitlinie die Kontrastmittel-verstärkte Computertomographie (CT) eingesetzt werden (bei Allergie eine kontrastmittelgestützte Magnetresonanztomographie). Wichtig ist, dass dabei ein standardisierte Protokoll verwendet wird, betont Uhl – das sei in im Alltag leider häufig nicht so. Ein strukturierter Bericht der multiphasischen CT bedeutet selbst für eine erfahrenen Chirurg noch einen deutliche Informationsgewinn für die OP-Planung und führt deutlich häufiger zu einer Änderung der Einschätzung als ein unstrukturierter Bericht [6]. Die Deutsche Röntgengesellschaft bietet auf ihrer Homepage entsprechende Templates zur strukturierten Befundung an, deren Verwendung Uhl dringend empfiehlt [7, 8]. 

Autor:
Stand:
27.04.2021
Quelle:
  1. Prof. Dr. Waldemar Uhl: „Leitlinie Pankreaskarzinom“, DCK 2021 DIGITAL – 138. Deutscher Chirurgenkongress vom 12. bis 16. April 2021, Sitzung „Leitlinienkonforme Behandlung in der chirurgischen Onkologie: Was ist aktuell und besonders praxisrelevant“ am 13. April 2021
  2. Krautz C, Nimptsch U, Weber GF et al. (2018) Effect of Hospital Volume on In-hospital Morbidity and Mortality Following Pancreatic Surgery in Germany. Annals of Surgery. DOI: 10.1097/SLA.0000000000002248.
  3. https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_22600.html
  4. https://www.iqwig.de/download/v19-03_zusammenhang-lm-und-qualitaet-bei-komplexen-eingriffen-am-pankreas_kurzfassung_rapid-report_v1-1.pdf?rev=195543
  5. Zertifizierungsordnung 6.0 der DGAV e.V. für Anträge ab dem 01.01.2021
  6. Brook OR, Brook A, Vollmer CM et al. (2015). Structured reporting of multiphasic CT for pancreatic cancer: potential effect on staging and surgical planning. Radiology. DOI: 10.1148/radiol.14140206.
  7. Befundungstemplate für solide Pankreasläsionen (L3, V1, no JS)
  8. Befundungstemplate für zystische Pankreasläsionen (L2, V1, no JS)
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