Neue Beatmungsstrategie bei Herzstillstand entwickelt

Die Beatmung mit einem Inhalationsgemisch bestehend aus dem Edelgas Argon und Sauerstoff bei einem Herzstillstand hat neuro- und kardioprotektive Wirkung im Tiermodell. Hirnschäden insbesondere im Kortex können vermieden werden und die linksventrikulären Ejektionsfraktion erholt sich.

Intensivstation

Hintergrund

Die Chancen einen Herzstillstand mit anschließender Reanimation zu überleben sind gering und lediglich 10% der Patienten können das Krankenhaus wieder verlassen. Die Patienten versterben meist am sogenannten Post-Herzstillstand-Syndrom. Diejenigen Patienten die den Herzstillstand überleben, haben in Folge häufig Hirnschäden, die beträchtlich die Lebensqualität einschränken.

Aktuell gibt es verschiedene Therapiekonzepte um den zerebralen Erhalt nach einem Post-Herzstillstand-Syndrom zu verbessern, zusätzlich zum kontrovers diskutieren Therapieansatz der Hypothermie.

Eine vielversprechende Option soll die Beatmung mit Edelgasen sein. Das Edelgas Argon hat in ersten in vitro und in vivo Versuchen neuro- und kardioprotektive Eigenschaften gezeigt.

Zielsetzung

Wissenschaftler der Universität Mailand haben im Tiermodell mit Schweinen einen vielversprechenden Ansatz mit der Beatmung von Argon nach einer Reanimation bei Herzstillstand entwickelt. In der vorliegenden Studie soll nun untersucht werden, ob die Beatmung mit dem Edelgas Argon, nach einem schweren Herzstillstand mit langem Ausfall der Beatmung, neuroprotektive Wirkung besitzt.

Methodik

Um das Studienziel zu untersuchen, wurde im präklinischen Tiermodell bei 36 Schweinen ein Herzstillstand künstlich hervorgerufen. Nach einer Wartezeit von zwölf Minuten wurde eine kardiopulmonale Reanimation eingeleitet.

Anschließend erfolgte eine vierstündige Beatmung. Die Schweine wurden bereits vor dem Herzstillstand randomisiert und erhielten entweder ein Gasgemisch aus 50% Argon plus 30% Sauerstoff und 20% Stickstoff (AR50%) oder 70% Argon plus 30% Sauerstoff (AR70%) bzw. 70% Stickstoff plus 30% Sauerstoff als Kontrolle.

Der neurologische Status wurde anhand mehrerer funktioneller Tests erhoben, die innerhalb von 96 Stunden nach Inhalation der Gasgemische durchgeführt wurden. Mittels Blutproben wurden neurologische Biomarker bestimmt und nach Organentnahme des Herzens und des Gehirns eine Histologie vorgenommen.

Ergebnisse

Pro Versuchsgruppe konnten je zehn Schweine erfolgreich reanimiert werden. Dabei traten keine signifikanten Unterschiede in der Durchführung auf. (Gesamtanzahl der Defibrillationen, koronarer Perfussionsdruck, etc.).

Nach der 96-stündigen Post-Reanimationsphase zeigte sich eine Tendenz für ein besseres Überleben, wenn die Tiere mit Argon beatmet wurden. Eine Signifikanz wurde aber nicht erreicht. (Gesamtüberleben: Kontrolltiere 60%, AR50% 70% AR70% 90%; p=ns).

Neurologisches Outcome

Die Beatmung mit dem Edelgas Argon führte zu einem signifikant verbesserten neurologischen Outcome im Vergleich zur Kontrolle. 60% der AR50%-Gruppe und 80% der AR70%-Gruppe erreichten eine gute neurologische Genesung während dies nur 30% der Kontrolltiere erreichten (p<0,0001).

Die histologische Auswertung bestätigt dieses Ergebnis. So zeigten die Argon-beatmeten Tiere eine signifikant verringert neuronale Degeneration des Kortex (p<0,05) im Vergleich zu den Kontrollen, jedoch nicht im Bereich des Hippocampus. Aber die reaktive Mikrogliaaktivierung im Hippocampus war verringert (p=0,007).

Biomarker

Beide Gruppen der Argon-beatmeten Schweine AR50% und AR70% hatten im Vergleich zu den Kontrolltieren signifikant weniger Biomarker für Hirnschädigungen im Blut.

Die Aktivierung des Kynurenin-Signalwegs war vermindert (p<0,05), nachgewiesen durch ein geringes Kynurenin/Tryptophan-Verhältnis.

Herz- und Lungenfunktionen

Einzig die Beatmung mit 70% Argon und 30% Sauerstoff führte zu einer vollständigen Erholung der linksventrikulären Ejektionsfraktion nach einem Herzstillstand. Ebenfalls waren die Infarktnarben kleiner und die hochsensitive kardiale Troponin-Freisetzung verringert (p<0,01).

Insgesamt zeigte sich keine schädlichen Wirkungen des Edelgases Argon auf die Lungenfunktion der Schweine und den Gasaustausch.

Fazit

Die hier vorgestellte präklinische Studie stellt ein neue Beatmungsstrategie nach Reanimation bei Herzstillstand mit dem Edelgas Argon vor, dass im Tiermodell neurologische Komplikationen minimiert. Es überlebten mehr Tiere einen künstlich induzierten Herzstillstand ohne neurologische Komplikationen, wenn dem Inhalationsgemisch ein hoher Anteil an Argon zugesetzt wurde. Zusätzlich wurde auch ein herzprotektiver Schutz nachgewiesen unter Beatmung mit 70% Argon. Nachteile und schädliche Wirkungen des Einsatzes von Argon auf die Lungenfunktion konnten nicht festgestellt werden.

Die sauerstoffähnlichen Eigenschaften von Argon könnten eine Wirkung auf die mitochondrialen Strukturen haben und antiapoptotische Effekt hervorrufen sowie proinflammatorische Zytokine und Wachstumsfaktoren beeinflussen und über diese Mechanismen eine neuro- und kardioprotektive Wirkung entfalten.

Die präklinische Untersuchung des Edelgases Argon zur Beatmung bei Herzstillstand nach Reanimation ist somit abgeschlossen und stellt sich als sicher und wirksam heraus und ist nun bereit für eine klinische Umsetzung.

Autor:
Stand:
25.01.2021
Quelle:

Fumagalli F. et al. (2020): Ventilation With Argon Improves Survival With Good Neurological Recovery After Prolonged Untreated Cardiac Arrest in Pigs. Journal of the American Heart Association, DOI: 10.1161/JAHA.120.016494

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