Tödliche Herzrhythmusstörungen durch Computerspiele

Mit einer geringen Inzidenz können Computerspiele, insbesondere Kriegsspiele, bei Kindern mit proarrhythmischen Herzerkrankungen tödliche Herzrhythmusstörungen auslösen. Auftretende Synkopen während des Spiels müssen daher immer gründlich untersucht werden.

Kind spielt am Computer

Hintergrund

Das Risiko von Herzrhythmusstörungen im Leistungssport bei gefährdeten Jugendlichen ist längst bekannt. Diesen Jugendlichen wurden als sichere Alternative häufig elektronische Spiele als Freizeitbeschäftigung empfohlen. In jüngster Zeit wurde jedoch über Fälle von Kindern und Jugendlichen berichtet, bei denen während dem Computerspielen vermutete oder nachgewiesene Herzrhythmusstörungen auftraten. Die pathophysiologische Grundlage für dieses Phänomen wird auf die adrenerge Stimulation im Zusammenhang mit der emotional aufgeladenen elektronischen Spielumgebung zurückgeführt. Die Prävalenz von Arrhythmien, die durch Computerspiele ausgelöst werden, ist bislang nicht untersucht und würde wichtige Hintergrundinformationen liefern.

Zielsetzung

Das Hauptziel der Fallserie war es, über die bisherige Literatur hinaus weitere Beispiele für durch Computerspiele verursachte Arrhythmien bei besonders gefährdeten Kindern und Jugendlichen zu untersuchen. Daneben wurden die Arten von Herzrhythmusstörungen und welche Computerspiele am häufigsten Auslöser waren bestimmt, um die Bedeutung des Problems zu bewerten.

Methodik

Zunächst wurde, neben einer Literaturrecherche, eine internationale Fallserie über vermutete oder nachgewiesene Arrhythmien bei Kindern während des Computerspielens durchgeführt. Ärzte, die mit der Diagnose und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Herzrhythmusstörungen befasst sind, berichteten über diese Fälle und es wurde aktiv nach solchen Fällen gesucht.

Ergebnisse

Insgesamt konnten 22 berichtete Fälle von Herzrhythmusstörungen bei Kindern während des Computerspielens ermittelt werden. Hiervon wurden vier Fälle durch die systemische Literaturrecherche identifiziert, die weiteren 18 Fälle basieren auf Fallberichten. Die Kinder waren alle zwischen 7 und 16 Jahre alt und drei der Kinder (14%) waren Mädchen. Zu den berichteten Ereignissen während des Computerspielens zählten Palpitationen, Brustschmerz, Präsynkopen, Synkopen mit Rückkehr des Bewusstseins, Herzstillstand und plötzlicher Tod. Einen Herzstillstand erlitten sechs Kinder (27%) und an einem plötzlichen Herztod verstarben insgesamt vier Kinder (18%).

Bei sieben Kindern (31%) war die Diagnose Herzrhythmusstörung bereits vor Beginn des Computerspielens gestellt worden und bei zwölf Kindern (54%) wurde sie erst danach gestellt. Eine katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie hatten zehn Kinder (45%) und vier Kinder (18%) hatten ein langes QT-Syndrom. Weitere zwei Kinder (9%) hatten bereits eine kongenitale Herzoperation und ein „idiopathisches“ Kammerflimmern trat ebenfalls bei zwei Kindern auf. Ein Kind hatte eine koronare Ischämie nach der Kawasaki-Krankheit.

Eine unbekannte Diagnose zeigte sich bei drei Kindern (14%), von denen zwei verstarben.

Bei 13 Kindern (59%) waren die Computerspiele bekannt, als die Herzrhythmusstörungen auftraten. Überwiegend handelte es sich dabei um Kriegsspiele (62%).

Fazit

Die Fallstudie zeigt, dass es sich bei Herzrhythmusstörungen durch Computerspiele um ein ungewöhnliches Phänomen handelt, das aber international eindeutig weit verbreitet ist. Bei Kindern mit bekannten Herzrhythmusstörungen kann dies zu einem bedeutenden Problem werden und bei prädisponierten Kindern mit nicht diagnostizierten Herzrhythmusstörungen mitunter sogar tödlich enden.

Der Pathomechansimus ist noch nicht vollständig verstanden. Infrage kommen eine gesteigerte Herzfrequenz sowie die Ausschüttung von Katecholaminen. Hierfür spricht der hohe Anteil der katecholaminergen polymorphen ventrikulären Tachykardien. Daher sollten Synkopen, die in Zusammenhang mit Computerspielen stehen, immer untersucht werden sowie auch bei Ereignissen, die in Zusammenhang mit aufregenden und emotionsgeladenen Aktivitäten stehen. Dies trifft insbesondere auch auf die steigende Zahl an E-Sportlern zu, die zukünftig vergleichend zu anderen Leistungssportlern gescreent werden sollten.

Autor:
Stand:
08.11.2022
Quelle:

Lawley CM. et al. (2022): Life-threatening cardiac arrhythmia and sudden death during electronic gaming: An international case series and systematic review. Heart Rhythm. DOI: https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2022.08.003

 

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