Das Synovialsarkom, ein aggressiver Weichteiltumor, ist eine seltene Krebsart. Es wird in Referenzzentren behandelt. Das Synovialkarzinom zählt zu den seltenen Krankheiten.
Das Synovialsarkom zählt zu den seltenen Krebserkrankungen. Es ist ein aggressiver Weichteiltumor. Neben der Bezeichnung „Synovialsarkom“ wird auch der Begriff „Synovialom“ verwendet.
Obwohl der Name „Synovialsarkom“ annehmen lässt, dass der Krebs aus der Synovialis hervorgeht, gilt dies heutzutage als mehr oder weniger widerlegt. Als seltene Erkrankung ist das Synovialsarkom nicht so gut erforscht wie viele andere Krebserkrankungen. Deshalb wird es in spezialisierten Zentren behandelt.
Epidemiologie
Etwa 1% aller Krebserkrankungen sind Weichteilsarkome. Damit zählen sie bereits zu den seltenen Erkrankungen. Davon sind gerade einmal 5 bis 10% Synovialsarkome. Etwa 70% dieser Sarkome betreffen Erwachsene, die restlichen 30% treten bei Kindern und Jugendlichen auf. Bei ihnen ist das Synovialsarkom die zweithäufigste Weichgewebssarkom-Entität. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr, das mediane Diagnosealter zwischen dem 35. und dem 40. Lebensjahr. Bei unter 10- und über 60-Jährigen ist die Erkrankung selten.
60 bis 70% dieser Sarkome betreffen die unteren Extremitäten und ca. 10 bis 20% die oberen.
Ursachen
Die Ursache des Synovialsarkoms ist bisher nur wenig erforscht. Derzeit wird vermutet, dass genetische Veränderungen ursächlich für Subtypen der Sarkome sind. In etwa 90% der Fälle wurden Translokationen zwischen dem X-Chromosom und dem Chromosom 18 gefunden. Dabei fusioniert in 60% der Fälle das SS18 (SYT)-Gen auf Chromosom 18 mit dem Transkriptionsrepressorgen SSX1 auf dem X-Chromosom. In 38% der Fälle findet die Fusion mit dem Gen SSX2 und in 2% der Fälle mit dem Gen SSX4 statt.
Auch eine erbliche Vorbelastung könnte eine Rolle spielen. Besonders das Li-Fraumeni-Syndrom oder Neurofibromatose Typ 1 stehen hier im Vordergrund. Wie relevant sie jedoch sind, ist bisher nicht geklärt.
Pathogenese
Vermutlich entsteht das Synovialsarkom aus mesenchymalen Zellen oder Myoblasten. Wie genau diese Sarkomform entsteht ist bisher nicht ausreichend erforscht. Vermutet wird, dass verschiedene Signalwege, wie der Notch- oder der Hedgehog-Signalweg, an der Entstehung beteiligt sein könnten.
Symptome
Die Klinik von Synovialsarkomen ist unterschiedlich. Am häufigsten treten diese Tumoren in den Armen und Beinen auf und verursachen dort auch für die Lokalisation typische Symptome. Die unteren Extremitäten sind häufiger betroffen als die oberen. Meist sind dort besonders die Regionen um die großen Gelenke betroffen. Der Tumor ist jedoch in der Regel nicht intra-artikulär sondern paraartikulär.
Auffällig wird das Sarkom meist durch tastbare Schwellungen, die langsam wachsen. Bis dies der Fall ist, dauert es jedoch. Deshalb kann es Wochen oder Jahre dauern, bis die Raumforderung den Patienten auffällt. Schmerzen können dem vorausgehen. Sie sind eines der Hauptsymptome und führen nicht selten zu Fehldiagnosen, da fälschlicherweise eine Entzündung im Gelenk wie Arthritis oder eine Bursitis oder Synovitis angenommen werden.
Nur selten kommt es zu Bewegungseinschränkungen der Gelenke in unmittelbarer Nachbarschaft. Auch eine B-Symptomatik mit ungewolltem oder ungeplantem Gewichtsverlust (mindestens 10% des Körpergewichts innerhalb der letzten sechs Monate), Fieber und Nachtschweiß zählen zu den seltenen Symptomen des Synovialsarkoms. Tritt das Sarkom hingegen in anderen Körperregionen auf, kann es für diese Region typische Symptome verursachen. Obwohl selten in diesen Regionen, kann es beispielsweise am Kopf, dem Nacken, dem Mediastinum und der Viszera von Lunge, Niere und Co. auftreten.
Diagnostik
Patienten stellen sich häufig mit asymptomatischen gelenksnahen Schwellungen oder diffusen Beschwerden vor. Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese mit körperlicher Untersuchung. Besteht der Verdacht eines Weichteilsarkoms, sollte eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Computertomographie (CT) angeordnet werden, um sich einen Überblick zu verschaffen und andere Differenzialdiagnosen auszuschließen. Die MRT-Untersuchung wird mit Kontrastmittel durchgeführt und hilft - neben der Diagnosestellung - auch bei der lokalen Ausbreitungsdiagnostik. Gibt es Kontraindikationen für eine MRT oder besteht der Verdacht, dass das Weichteilsarkom bereits knöcherne Strukturen infiltriert haben könnte, sollte eine CT, eine konventionelle Röntgen-Untersuchung und eine Sonographie durchgeführt werden. Im Röntgenbild stellen sich größere Synovialsarkome als unspezifische, runde bis ovale Raumforderungen dar. Nur in bis zu 30% der Fälle werden Verkalkungen sichtbar.
Erhärtet sich der Verdacht in der Bildgebung, sollte spätestens jetzt an ein Referenzzentrum verwiesen werden für die weitere Diagnostik. An diesen Zentren werden sowohl die die diagnosesichernde Biopsie und die histologische Untersuchung, als auch die Therapieplanung und die eigentliche Therapie durchgeführt. Die Biopsie sollte von einem Operateur gemacht werden, der Erfahrungen mit Sarkomen hat und auch später den Tumor resezieren soll. Material kann mittels offener Inzisionsbiopsie gewonnen werden oder mittels bildgestützter Stanzbiopsie. Feinnadelaspirationsbiospien eignen sich nur sehr selten für die Sarkomdiagnostik. Ist der Tumor klein und oberflächlich, d.h. < 3 cm und kutan bis subkutan, kann statt einer Biopsie auch direkt der ganze Tumor entfernt werden. Das sollte jedoch nur geschehen, wenn hinterher keine funktionellen Einschränkungen zu erwarten sind.
Das gewonne Biopsat wird sowohl histopathologisch als auch immunhistochemisch und molekularpathologisch untersucht. Unter den genetischen Veränderungen sind für Synovialsarkome die molekularen Veränderungen der SYT-S18-Translokation bzw. der SS18-SSX-Genfusion mit t(X;18)(p11;q11) typisch und diagnoseweisend.
Erst mit dem Vorliegen aller Ergebnisse kann der Tumor endgültig klassifiziert werden. Anschließend schließt sich noch eine Ausbreitungsdiagnostik an, damit das Stadium bestimmt und die Therapie vorbereitet werden können. Die häufigsten Metastasen von Weichgewebssarkomen finden sich in der Lunge. Nur etwa 5% der Weichgewebssarkome bilden Lymphknotenmetastasen aus. Deshalb erfolgt die Ausbreitungsdiagnostik mittels CT-Untersuchung von Thorax und Abdomen sowie Becken. Eine Ganzkörper-MRT-Untersuchung ist in den meisten Fällen nicht notwendig.
Klassifikation
Die erste Einteilung des Sarkoms erfolgt anhand der Histologie. Dadurch werden die verschiedenen Subtypen der Weichgewebstumoren unterschieden. Die meisten Sarkome werden gemäß des Klassifikationssystems der französischen Fédération Nationale des Centres de Lutte Contre le Cancer (FNCLCC) eingestuft mit Grad 1 als niedriggradig und Grad 2 und 3 als hochgradig. Beim Grading des Synovialsarkoms ist sich die Fachliteratur uneinig. Häufig wird es als hochgradig eingestuft, die Leitlinien geben jedoch keine abschließende Empfehlung ab. Gemäß WHO-Klassifikation gehört das Synovialsarkom, wie das extraskeletale Chondrosarkom auch, zu den sogenannten Sarkomen mit ungewisser Liniendifferenzierung („uncertain differentiation“).
Die klinisch relevante Klassifikation, die als therapieentscheidend gilt, geschieht wie bei den meisten Krebsarten anhand der TNM-Klassifikation:
Klassifikation
Extremitäten und oberflächlicher Stamm
Retroperitoneum
Kopf-Hals-Bereich
Eingeweide des Thorax und Abdomens
TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
kein Anhalt für Primärtumor
T1
Tumor ≤5 cm
Tumor ≤5 cm
Tumor ≤2 cm
Tumor begrenzt auf ein Organ
T2a
T2 Tumor >5 ≤10 cm
T2 Tumor >5 ≤10 cm
T2 Tumor >2 ≤4 cm
Tumor infiltriert Serosa des viszeralen Peritoneums (kein Durchbruch)
T2b
Tumor mit mikroskopischer Ausbreitung jenseits der Serosa
T3
Tumor >10 ≤15 cm
Tumor >10 ≤15 cm
Tumor >4 cm
Tumor infiltriert ein zusätzliches Organ oder makroskopische Ausbreitung jenseits der Serosa
T4a
T4 Tumor >15 cm
T4 Tumor >15 cm
T4a Tumor infiltriert die Orbita, Schädelbasis oder Dura, zentrale Eingeweide, Gesichtsknochen oder Musculi pterygoidei
Multifokaler Tumor mit Beteiligung von mehr als zwei Lokalisationen in einem Organ
T4b
T4b Tumor infiltriert Gehirn, prävertebrale Muskulatur, umschließt die A. carotis oder Beteiligung des ZNS durch eine perineurale Ausbreitung
Multifokaler Tumor mit Beteiligung von mehr als zwei, aber nicht mehr als fünf Bezirken
T4c
Multifokaler Tumor mit Beteiligung von mehr als fünf Bezirken
NX*
regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0*
keine regionäre Lymphknotenmetastasen
N1
regionäre Lymphknotenmetastasen
M0
keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Für die Extremitäten, den oberflächlichen Stamm und das Retroperitoneum wird die TNM-Klassifikation weiter übersetzt in die UICC/AJCC Klassifikation von 2017 mit:
Stadium
T
N
M
Grading dreistufig
Grading zweistufig
IA
T1
N0
M0
G1
niedriggradig
IB
T2, T3
N0
M0
G1, GX
niedriggradig
II
T1
N0
M0
G2, G3
hochgradig
IIIA
T2
N0
M0
G2, G3
hochgradig
IIIB
T3, T4
N0
M0
G2, G3
hochgradig
IIIC
jedes T
N1
M0
jeder
IV
jedes T
jedes N
M1
jeder
Differenzialdiagnosen
Aufgrund der fehlenden Symptomatik und der wenig eindeutigen Klinik sind die Differenzial-diagnosen für das Synovialsarkom wie auch für die meisten anderen Weichgewebessarkome vielfältig. Mögliche andere Diagnosen - auch Fehldiagnosen - sind:
Arthritis
Bursitis
Synovitis
Hämatome
andere Weichteilsarkome
Lipome
Hämangiome
Therapie
Die Behandlung des Synovialsarkoms erfolgt im Zusammenspiel aller beteiligten Fachrichtungen. Es gibt keine spezifischen Leitlinien und Empfehlungen für das Synovialsarkom. Deshalb sollten Patienten an erfahrene Zentren verwiesen werden, wo ein individuelles Therapiekonzept im Tumorboard oder der Tumorkonferenz besprochen wird. Allgemein gilt, dass der Tumor (möglichst) vollständig entfernt werden sollte mit tumorfreien Schnitträndern an dem entfernten Gewebe (R0-Resektion). Dafür wird chirurgisch behandelt und die Tumorresektion, inklusive des Biopsiekanals und der Drainageausleitung der Biopsie, bis hin zu einer radikalen Kompartimentresektion durchgeführt. Letztere bedeutet die Entfernung des gesamten Muskels bzw. der Muskelgruppe inklusive Ursprung und Ansatz. Sie wird nur notwendig, wenn das gesamte Kompartiment betroffen ist. In Einzelfällen kann auch eine Amputation ganzer Gliedmaßen notwendig werden, wenn beispielsweise Gefäß- und Nervenstrukturen oder Knochen großflächig befallen sind und der Tumor anders nicht entfernt werden kann. Metastasen werden ebenfalls chirurgisch entfernt.
An die chirurgische Therapie angeschlossen erhalten Patienten eine medikamentöse Therapie. Da diese Sarkomart chemotherapiesensibel ist, werden sie mittels Chemotherapie weiterbehandelt. Die Art der Chemotherapie richtet sich danach, wie rasch die Erkrankung fortschreitet, ob sie symptomatisch ist und anhand weiterer Faktoren. So können auch okkulte (versteckte) Metastasen behandelt werden und der Tumor lokal besser kontrolliert.
Auch Bestrahlungen können zum Therapieplan gehören. Sie sollen vor allem die mikroskopischen Tumorreste im Operationsgebiet vernichten. Gelingt im operativen Teil der Behandlung eine R0-Resektion, profitieren die Patienten allerdings meist nicht von einer Strahlentherapie.
Nachsorge
Auch für die Nachsorge gibt es nur bedingt valide Daten. Die Leitlinien empfehlen für alle Sarkome Nachsorgetermine alle drei bis sechs Monate für fünf Jahre, je nachdem ob es sich um einen hochmalignen oder einen niedrigmalignen Tumor handelt. Im Rahmen aller Nachsorgetermine sollte eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung und eine Beratung stattfinden. Da viele der Synovialsarkome als hochmaligne eingestuft werden, erfolgt bei Extremitäten- oder Körperstammtumoren sowie intra- oder retroperitonealen Tumoren zusätzlich mindestens alle sechs Monate eine CT-Untersuchung und gegebenenfalls eine Röntgen-Untersuchung des Thorax. Die lokale Kontrolle wird mittels MRT, CT oder Sonographie gemacht und ist alle sechs Monate vorgesehen.
Prognose
Die Prognose des Synovialsarkoms ist abhängig von der Größe, dem Grad und Stadium des Tumors sowie der Lokalisation der Raumforderung, des Lebensalters des Patienten und dem Allgemeinzustand. Durchschnittlich liegt die 5-Jahres-Überlebensrate, je nach Statistik, bei 50 bis 60% oder 70 bis 80% und die 10-Jahres-Überlebensrate bei 40 bis 50%. Etwa 30 bis 50% der Patienten entwickeln Rezidive - sie können bis zu 69 Monaten später auftreten und gehen mit einer deutlich schlechteren Prognose einher.
Prophylaxe
Für die meisten Sarkome gibt es keine vorbeugenden Maßnahmen oder Früherkennung, geschweige denn Früherkennungsprogramme. Ebenso verhält es sich für das Synovialsarkom. Einzig bei einer bekannten hereditären Disposition, also einer erblichen Vorbelastung, kann vorbeugend regelmäßig untersucht werden.
Hinweise
Das Synovialsarkom sollte an spezialisierten Referenzzentren mit viel Erfahrung behandelt werden.
El Beaino, M., Araujo, D.M., Lazar, A.J. et al. Synovial Sarcoma: Advances in Diagnosis and Treatment Identification of New Biologic Targets to Improve Multimodal Therapy. Ann Surg Oncol 24, 2145–2154 (2017).
Koscielniak E., Klingebiel T. S1-Leitlinie - Weichteilsarkome. AWMF-Register Nr. 025/007. Stand 03/2017.
Petersen, I. Entitäten der Weichteilsarkome. Trauma Berufskrankh 20, 25–32 (2018).