
Hintergrund
Bauchspeicheldrüsenkrebs wird heutzutage immer noch häufig erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, da es keine spezifischen Frühsymptome gibt. Lediglich 15% der Tumore sind bei Diagnosestellung resektabel und die Fünf-Jahres-Überlebensrate ist mit 8% sehr gering.
Ein Frühsymptom des Pankreaskarzinoms stellt möglicherweise die akute Pankreatitis dar. Viele Patienten die eine akute Pankreatitis aufweisen erkranken Monate oder auch erst Jahre später an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Jedoch ist der prognostische Faktor einer akuten Pankreatitis bislang unklar.
Früher durchgeführte Studien zeigen einerseits, dass Patienten mit einem Pankreaskarzinom, denen eine akute Pankreatitis vorausgegangen ist, ein niedrigeres Tumorstadium und eine höhere Resektabilität des Tumors aufweisen und somit eine bessere Prognose haben als Patienten ohne vorhergehende akute Pankreatitis. Andere Studien hingegen konnten diesen Zusammenhang nicht zeigen. Alle bisher durchgeführten Studien weisen Limitationen auf. So wurde nicht zwischen einer akuten und einer chronischen Pankreatitis unterschieden, die Angaben zu einer Pankreatitis waren nur durch den Patienten berichtet worden und nicht adjudiziert oder die Ergebnisse basierten auf ungenauen Vorausschätzungen.
Zielsetzung
Die hier durchgeführte Kohortenstudie beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob eine vorausgegangene akute Pankreatitis bei Patienten mit Pankreaskarzinom zu einer verbesserten Überlebenschance führt. Hierzu wurde bei den Patienten mit unterschieden, ob eine akute Pankreatitis bis zu 90 Tage vor der Diagnosestellung Pankreaskarzinom vorlag oder nicht.
Methodik
Die Grundlage der Studie stellte eine dänische und eine US-amerikanische Kohorte von Patienten dar, die an einem Pankreaskarzinom erkrankt waren. Ausgeschlossen wurden Patienten bei denen eine Diagnosestellung erst während der Autopsie oder durch das Todesdatum gestellt wurden. Weiterhin wurden Patienten < 18 Jahren in der dänischen Kohorte und < 65 Jahre in der US-amerikanischen Kohorte ausgeschlossen.
Jeder Patient wurde ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung Pankreaskarzinom für maximal fünf Jahre nachverfolgt.
Die Diagnose einer akuten Pankreatitis musste bis zu 90 Tage vor der Diagnose Pankreaskarzinom während eines Krankenhausaufenthaltes gestellt werden. Ausgeschlossen wurden Patienten bei denen einen endoskopisch-retrograde Cholangiopankreatografie (ERCP) bis zu fünf Tage vor einer akuten Pankreatitis durchgeführt wurde, da das ERCP meist durchgeführt wird, um ein Pankreaskarzinom zu diagnostizieren.
Weiterhin lag für alle eingeschlossenen Patienten eine Dokumentation über ihre Therapien im Zeitraum 30 Tage vor bis 120 Tage nach Diagnosestellung vor. Die Behandlung wurden kategorisiert in: Resektion +/- onkologische Therapie (adjuvant oder neoadjuvant), onkologische Therapie alleine und „Best Supportive Care“.
Zusätzlich wurden alle Diagnosen der Patienten innerhalb des letzten Jahres dokumentiert. Als Komorbiditäten wurden Erkrankungen aufgrund von Alkoholkonsum bzw. Rauchen sowie Cholezystitis und Cholangitis definiert.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 12.522 dänische und 37.552 US-amerikanische Patienten mit diagnostiziertem Pankreaskarzinom in die Kohorte eingeschlossen.
Patientencharakteristika:
- 1,4% der dänischen und 5,9% der US-amerikanischen Patienten hatten eine akute Pankreatitis innerhalb von 90 Tagen vor Diagnosestellung.
- Patienten mit einer akuten Pankreatitis waren insgesamt jünger und wiesen mehr Komorbiditäten auf als Patienten ohne Pankreatitis.
- Deren Tumore waren ebenfalls häufiger im Pankreaskopf lokalisiert. (Zu beachten ist, dass hier jedoch bei sehr vielen Patienten die entsprechenden Daten fehlen.)
- US-amerikanische Patienten wiesen mehr Komorbiditäten auf als die dänischen Patienten.
- Patienten mit einer akuten Pankreatitis hatten vorwiegend Tumore im Stadium I-II und eine geringere Prävalenz für Metastasen (dänische Patienten: 42,5% vs. 48,7%; US-amerikanische
Patienten: 34,4% vs. 45,9%) und konnten häufiger einer chirurgischen Behandlung (dänische Patienten: 20,1% vs. 12,1%; US-amerikanische Patienten: 16,1% vs. 11,3%) unterzogen werden als Patienten ohne akute Pankreatitis.
Überleben:
- Die Überlebenschancen liegen bei Patienten mit einer akuten Pankreatitis höher als ohne akute Pankreatitis. Nach fünf Jahren lag der Unterschied bei der dänischen Kohorte bei 6,1% (95%-Konfidenzintervall (KI): -0,4%-12,6%) bzw. 1,7% (95%-KI: 0,8%-2,7%) bei der US-amerikanischen Kohorte.
- Die größten Unterschiede im Überleben zeigten sich in der US-amerikanischen Kohorte bei Patienten in den niedrigen Tumorstadien und in der dänischen Kohorte bei Patienten mit einer geringen Anzahl an Komorbiditäten.
- Das mediane Überleben war bei dänischen Patienten mit einer akuten Pankreatitis verlängert gegenüber denen ohne akute Pankreatitis. Der größte Unterschied zeigte sich, wenn sich die Patienten einer Resektion unterzogen.
- Nach einem chirurgischen Eingriff war die Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit bei Patienten mit akuter Pankreatitis gegenüber denen ohne sowohl in der dänischen (38,3%; 95%-KI: 20,7%-55,7% vs. 23,8%; 95%-KI: 21,4%-26,2%) als auch der US-amerikanischen Kohorte (18,7%; 95%-KI: 14,7%-23,7% vs. 15,1%; 95%-KI: 13,9%-16,4%) erhöht. Die entsprechenden Hazard Ratios liegen bei 0,72 (95%-KI: 0,46-1,2) bzw. 0,91 (95-KI: 0,80-1,03). Nach Korrektur von möglichen Störfaktoren liegt die Hazard Ratio bei 0,77 (95%-KI: 0,49-1,20) bzw. 0,84 (95%-KI: 0,74-0,95).
Fazit
Diese Kohortenstudie zeigt, dass Patienten mit einem Pankreaskarzinom, die im Zeitraum von 90 Tagen vor ihrer Krebsdiagnose eine akute Pankreatitis hatten, Tumore im niedrigeren Stadium aufweisen, eine höhere Resektionsrate der Tumore haben und somit eine bessere Überlebenschance besitzen als Patienten ohne akute Pankreatitis. Die Ergebnisse waren in der dänischen und US-amerikanischen Kohorte konsistent.