DGHO 2021: Eher kein Vorteil für ECMO bei Krebspatienten

Eine bei der DGHO-Jahrestagung vorgestellte Studie analysierte Daten von 297 hämatoonkologischen Intensivpatienten aus 19 Zentren, um zu überprüfen, ob die Prognose bei ECMO in Deutschland ähnlich schlecht ist wie kürzlich in einer Metaanalyse berichtet [1, 2].

ecmo

Die Metaanalyse hatte die Mortalität von 1.109 neonatologischen, pädiatrischen und erwachsenen Krebspatienten, die im Rahmen von insgesamt 17 Beobachtungsstudien zwischen 1950 bis 2020 eine extrakorporale Mebranoxygenierung (ECMO) benötigt hatten, untersucht [2]. Die Mortalität lag für Krebspatienten über den gesamten betrachteten Zeitraum bei 66% und speziell bei Patienten, die eine hämatopoetische Stammzelltransplantation erhalten hatten, sogar bei 84%. Insgesamt zeigte sich über die Zeit allerdings eine Verbesserung der Mortalitätsraten, sodass Dr. Alexander Shimabukuro-Vornhagen, Facharzt für Innere Medizin, Intensivmedizin an der Universitätsklinik Köln, und Kollegen die aktuelle Situation in deutschen Intensiveinheiten untersuchen wollten [1].

Krebspatienten-Kohorten

Es lagen Angaben zu 413 Patienten mit extrakorporalen lebensunterstützenden Maßnahmen vor, davon 297 mit venovenöser ECMO, 48 mit venoarterieller ECMO und 68 Patienten mit einer extrakorporalen Kohlendioxydelimination (ECCO2R), zur Hälfte venovenös mit einer Pumpe beziehungsweise arteriovenös unter Nutzung des Blutdrucks. 138 Patienten litten an einer hämatologischen Neoplasie, 159 an einem soliden Tumor. Das männliche Geschlecht überwog (72%).

Gründe für Intensivpflichtigkeit und ECMO

Initialer Aufnahmegrund auf die Intensivstation war bei hämatologischen Neoplasien am häufigsten respiratorisches Versagen (79,7%) und eine nicht-pulmonale Infektion (8,7%), bei soliden Tumoren kam noch eine Operation als häufiger Aufnahmegrund hinzu. Die venovenöse ECMO erfolgte in der Regel wegen respiratorischen Versagens, bei soliden Tumoren war sie in 8,2% der Fälle auch aufgrund einer ECMO-unterstützten Operation begonnen worden. Der Tumorstatus war bei 44,8% der Patienten eine Komplettremission, bei 23,6% eine partielle Remission, bei 7,4% aber auch ein Progress. Vor Beginn der ECMO waren 61,6% der Patienten mit hämatologischen Neoplasien und 37,1% der Patienten mit soliden Tumoren in aktiver Tumortherapie. Von den Patienten mit hämatologischer Neoplasie hatten 9,4% eine autologe und 36,2% eine allogene Stammzelltherapie erhalten.

Enttäuschendes Gesamtüberleben

Unabhängig von der Art der Neoplasie lag die Überlebenswahrscheinlichkeit über 60 Tage bei 26,8%. „Sehr enttäuschend“ nannte das Shimabukuro-Vornhagen. Letztlich deckt sich das Ergebnis mit den Befunden aus der Literatur. Patienten mit hämatologischen Neoplasien hatten eine schlechtere Prognose als Patienten mit soliden Tumoren (p=0,048). Weitere prognostisch ungünstige Faktoren waren eine erst kürzlich erfolgte Krebsdiagnose und progrediente Erkrankung bei ECMO-Indikation, außerdem erniedrigte Thrombozyten und erhöhte Laktatwerte, sagte der Intensivmediziner.

Von den Patienten mit hämatologischer Neoplasie und progredienter Erkrankung, die eine ECMO benötigt hatten, überlebte keiner, ein Effekt, den es bei Patienten mit soliden progredienten Tumoren so nicht gab. Von den durch die ECMO bedingten Komplikationen waren insbesondere schwere Blutungen mit einem schlechten Gesamtüberleben assoziiert. Außerdem war eine kürzlich durchgeführte Tumortherapie prognostisch ungünstig.

Lieber nur mechanisch Beatmen?

Der Vergleich mit einer französischen Kohorte von Krebspatienten, die rein mechanisch beatmet worden waren, ergab keinen signifikanten Überlebensvorteil für die ECMO-behandelten Patienten (p=0,089). Nur für Patienten mit Thrombozytenzahl im Normbereich war das Gesamtüberleben mit ECMO besser als mit mechanischer Beatmung. Insgesamt sah Shimabukuro-Vornhagen daher eher keinen Vorteil für die ECMO gegenüber einer rein mechanischen Beatmung und betonte, es seien Register und/oder Studien notwendig, um die lebensunterstützende Therapie von Krebspatienten zu verbessern.

Autor:
Stand:
08.10.2021
Quelle:
  1. Dr. Alexander Shimabukuro-Vornhagen: „ECMO/ECCO2R: Auch für hämatologisch-onkologische Patienten?“, Jahrestagung 2021 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie 2021 in Berlin/hybrid, 4. Oktober 2021
  2. Pravin RR , Huang BX, Sultana R et al. (2021) Mortality Trends of Oncology and Hematopoietic Stem Cell Transplant Patients Supported on Extracorporeal Membrane Oxygenation: A Systematic Review and Meta-Analysis. Journal of Intensive Care Medicine. DOI: 10.1177/08850666211021561.
  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige