Hochrisko-HPV-Infektion prognostisch bei Zervix-Ca

Wissenschaftler fanden, dass hrHPV-positive invasive Zervixkarzinome mit einer 43% niedrigeren Übersterblichkeit als HPV-Sequenz-negative oder Polymerase-Kettenreaktion-hrHPV-negative invasive Zervixkarzinome assoziiert waren.

Diagnose HPV

Hintergrund

Das Zervixkarzinom ist weltweit das vierthäufigste Malignom der Frau. Die Inzidenz höherer Tumorstadien (≥ FIGO-Stadium IIB) sowie die Zahl der Todesfälle sind seit 1980 zurückgegangen, stagnieren aber in den letzten zehn Jahren. Insgesamt stirbt in Deutschland derzeit ca. eine von 340 Frauen an einem Zervixkarzinom. Dem Zervixkarzinom liegt fast immer eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) zugrunde. Ätiologisch ist die Krebsentstehung mit einer Infektion mit high-risk humanen Papillomaviren (hrHPV), hauptsächlich den HPV-Typen 16, 18, 45, 31, 33, 58, 52, 35, 59, 56, 6, 51, 68, 39, 82, 73, 66 und 70, verbunden [1].

Seit 2018 werden Karzinome des unteren Genitaltrakts und ihre Vorläuferläsionen auf der Grundlage ihrer HPV-assoziierten und HPV-unabhängigen Pathogenese klassifiziert, was die klinisch signifikanten prognostischen Unterschiede widerspiegelt und die therapeutische Entscheidungsfindung beeinflusst. Da fast alle Plattenepitheltumoren mit HPV assoziiert sind, war die Reklassifizierung von Adenokarzinomen in hrHPV-negative und hrHPV-positive Untergruppen transformativ.

hrHPV-negative Krebserkrankungen der Zervix sollten als separate klinische Einheiten betrachtet werden. Viele davon fallen unter den serösen Typ, den gastrischen Typ, den mesonephrischen Typ, den endometrioiden Typ oder den klarzelligen Typ. Tatsächlich handelt es sich bei einem erheblichen Teil dieser Tumoren wahrscheinlich um Krebserkrankungen, die ihren Ursprung im Endometrium haben, das sich bis zur Zervix erstreckt (Stadium II) [2, 3].

Der Nachweis des HPV bei invasivem Zervixkarzinom (invasive cervical cancer [ICC]) mittels Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction [PCR]) spielt bei der Prognose eine wichtige Rolle. hrHPV-negativen Fällen scheinen weitaus schlechter abzuschneiden als hrHPV-positive Tumore. Eine Untergruppe von ICC erscheint jedoch bekanntermaßen in der Gewebeanalyse mittels Standard-PCR-basierten HPV-Assays negativ.

Zielsetzung

Ein Wissenschaftlerteam vom Department of Laboratory Medicine und vom Department of Medical Epidemiology and Biostatistics am Karolinskainstitutet und am Karolinska University Hospital in Stockholm, Schweden, untersuchte den Wert einer zusätzlich zum PCR-Assay durchgeführten HPV-Ribonukleinsäure (ribonucleic acid [RNA])-Sequenzierung und einer längeren Beobachtungsphase für die Prognose von ICC. Die neuen Erkenntnisse wurden unter Erstautor Dr. Jiayao Lei im Fachblatt JAMA Oncology veröffentlicht [4].

Methodik

Die Wissenschaftler unterzogen alle 392 von 2.845 Proben von ICC im schwedischen Register für Tumorproben, die PCR-negativ für HPV waren, auf der NovaSeq 6000-Plattform (Illumina) der RNA-Sequenzierung und identifizierten damit weitere 169 Fälle als HPV-positiv. Alle betroffenen Frauen wurden vom Datum der Diagnose bis zum 31. Dezember 2016, dem Ausscheiden aus der Studie oder dem Tod, je nachdem, was zuerst eintrat, nachbeobachtet.

Der Hauptergebnisparameter war die Gesamtmortalität bis zum 31. Dezember 2016. Die Wissenschaftler berechneten die kumulativen Fünfjahres-Überlebensraten im Vergleich zur weiblichen Allgemeinbevölkerung und verwendeten die Poisson-Regression, um die Überschussrisikoverhältnisse der Gesamtmortalität durch Infektion mit einem der 13 am stärksten onkogenen (Hochrisiko-) HPV-Typen im Tumor zu schätzen. Alle Modelle wurden bezüglich Alter, Zeit seit Diagnose, Stadium, Histologie und Bildungsniveau adjustiert.

Ergebnisse

Die kumulative relative Fünfjahres-Überlebensrate betrug 0,45 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,39 bis 0,51) in der hrHPV-negativen Gruppe und 0,74 (95%-KI 0,72 bis 0,75) in der hrHPV-positiven Gruppe. Daraus ergab sich eine statistisch signifikante, um 43% niedrigere Übersterblichkeit in der hrHPV-positiven Gruppe im Vergleich zur hrHPV-negativen Gruppe (Risikoverhältnis für die Übersterblichkeit: 0,57; 95%-KI 0,48 bis 0,69).

Die Wissenschaftler fanden keinen Zusammenhang zwischen der HPV-Risikogruppe, der HPV-Gattung oder der Anzahl der HPV-Infektionen und der Prognose.

Fazit

Die Autoren der Publikation betrachten den hrHPV-Status des Tumors als einen neuartigen Biomarker mit starkem prognostischem Wert für Patientinnen mit Zervixkarzinom - auch 15 Jahre nach der Diagnose. HPV-Tests von Zervixtumoren sollten für die Einführung in die routinemäßige klinische Aufarbeitung von Zervixtumormaterial in Betracht gezogen werden, um bessere prognostische Informationen für Kliniker und die betroffenen Frauen zu gewinnen.

Dr. Kathleen Moore vom Stephenson Cancer Center an der University of Oklahoma HSC, USA, und Dr. Bradley Monk vom University of Arizona College of Medicine der Creighton University School of Medicine, Virginia G. Piper Cancer Center, HonorHealth Research Institute in Phoenix, USA, würdigten diese Studie als die größte kommentierte, pathologische Analyse des hrHPV-Status, die bisher veröffentlicht wurde und frühere Zusammenhänge zwischen hrHPV-Negativität und schlechteren Ergebnissen im Krankheitsverlauf bestätigt, meinen aber, eine weitere klinische Validierung von hrHPV-Tests sollte erfolgen, bevor eine routinemäßige klinische Anwendung empfohlen werden kann [2].

Die Arbeit wurde vom Center for Innovative Medicine (CIMED Fördernummer 613/06), der Clas Groschinsky Memorial Foundation und der Swedish Medical Society (SLS, Fördernummer 885941), dem Swedish Foundation for Strategic Research (Fördernummern KF10-0046 und RB13-0011), und der Karolinska Institutet Research Foundation (Fördernummer 2020-02103) finanziell unterstützt.

Quelle:
  1. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom, Langversion, 2.2, 2022, AWMF-Registernummer: 032/033OL, https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-033OLl_S3_Diagnostik_Therapie_Nachsorge_Zervixkarzinom_2022-03.pdf, letzter Abruf am 23.04.2022
  2. Stolnicu et al. (2018): International Endocervical Adenocarcinoma Criteria and Classification (IECC): a new pathogenetic classification for invasive adenocarcinomas of the endocervix. American Journal of Surgical Pathology, DOI: 10.1097/PAS.0000000000000986
  3. Moore and Monk (2022): Testing for high-risk human papillomavirus in lower genital tract tumors: if knowledge does not translate to an action that helps patients - why do it? JAMA Oncology, DOI: 10.1200/JCO.22.00251
  4. Lei et al. (2022): Human papillomavirus infection determines prognosis in cervical cancer. JAMA Oncology, DOI: 10.1200/JCO.21.01930
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