
Hintergrund
In präklinischen Studien wurde die entscheidende Rolle von Interferon gamma (IFNγ) bei der Immunüberwachung von Tumoren bereits zahlreich aufgezeigt. Zu den tumorzellspezifischen Wirkungen von IFNγ gehört die Hemmung der Zellproliferation, die Apoptoseinduktion und die erhöhte Immunogenität.
Tumorzellen haben Strategien entwickelt dieser Immunüberwachung, zu entgehen. Insbesondere das fortgeschrittene kolorektale Karzinom (advanced colonrectal carcinoma [CRC]) zeigt eine erhöhte Immunresistenz. Die primäre Immunabwehr des CRC erfolgt dabei nicht durch die Aktivierung von Immun-Checkpoint-Inhibitoren, da die Expression von PD-1 Liganden selten ist. Hingegen könnte die erworbene Resistenz gegen IFNγ, die auf einen selektiven Verlust von IFN-stimulierten Genen zurückzuführen ist, bei der primären Umgehung der Überwachung von CRC beteiligt sein.
Zielsetzung
Die Studie untersucht die Mechanismen durch die Tumorzellen eine IFNγ-Antwort inaktivieren, sowie die Folgen dieser Inaktivierung in Bezug auf die Tumorentstehung. Weiterhin soll untersucht werden, ob die IFNγ-Sensitivität in Tumorzellen wiederhergestellt werden kann.
Methodik
In einem Mausmodell wurde eine spontane bzw. Colitis-bedingte CRC-Entwicklung durch eine spezifische IFNγ-Hemmung in Darmepithelzellen induziert und untersucht.
Weiterhin wurde der Einfluss des Genstatus und der IFNγ-Expression bei 416 CRC-Patienten auf das Überleben mittels eines Gewebe-Arrays untersucht. Die Mechanismen die der IFNγ-Resistenz zugrunde liegen, wurden in vitro in CRC-Zelllinien untersucht.
Ergebnisse
Die Inhibition von IFNγ in Darmepithelzellen von konditionellen Knockoutmäusen fördert die spontane und Colitis-bedingte Tumorigenese im Kolon der Mäuse. Ebenfalls erhöht auch die intrinsische Resistenz der Tumorzellen gegen IFNγ sowohl die Kolitis-bedingte als auch die spontane Kolontumorigenese.
Der prognostische Wert der Genexpression des IFNγ-Signalweges bei CRC-Patienten wurde untersucht und zeigte, dass eine fehlende IFNγ-Expression mit einem geringeren krankheitsspezifischen Überleben bei CRC-Patienten korreliert. Ein Verlust der INFIFNγ-Rezeptor Expression in den Tumorzellen wurde bei 158 von 310 auswertbaren mRNA-Proben nachgewiesen, und war mit einer erhöhten Tumorgröße (Chi-Quadrat-Test, p=0,04), Lymphknoteninvasion (Chi-Quadrat-Test, p<0,0001), extramuraler vernöser Invasion (Chi-Quadrat-Test, p<0,0001), Fernmetatasierung (Chi-Quadrat-Test, p=0,019) und UICC-Stadium (Chi-Quadrat-Test, p<0,0001) verbunden. Mutationen in Genen des IFNγ-Signalweges waren selten und nicht mit dem krankheitsspezifischen Überleben assoziiert.
In humanen CRC-Zelllinien konnte die IFNγ-Expression durch Veränderung der N-Glykosylierung inhibiert werden. Dies führte zu einer Proteininstabilität durch proteasomabhängigen Abbau wodurch die IFNγ-Signalgebung gehemmt wird. Eine Verminderung der Expression von MGAT3 (bisecting N-acetylglucosaminyltransferase III) ist mit einer IFNγ-Resistenz assoziiert und korrelierte mit einer geringen IFNγ-Expression im Tumorgewebe. Sowohl die ektopische als auch die pharmakologische Rekonstitution der MGAT3-Expression mit all-trans-Retinsäure (ATRA) erhöhte die N-Glykosylierung sowie die IFNγ-Proteinstabilität und -Signalisierung wieder.
Fazit
Tumorassoziierte Veränderungen der N-Glykosylierungen destabilisieren IFNγund führte zu einer IFNγ-Resistenz bei CRC. Die Wiederherstellung der IFNγ-Sensitivität kann durch eine Erhöhung der MGAT-3 Expression erreicht werden, insbesondere durch eine ATRA-Behandlung. Dies eröffnet langfristig neue Perspektiven für die Therapie von immunresistentem CRC.