Pädiatrische Krebstherapie profitiert von PROMs

Patient Reported Outcome Measurements können bei krebskranken Kindern helfen, eine Verschlechterung der Symptomatik frühzeitig zu erkennen. Dies ermöglicht die frühzeitige Einleitung klinischer Interventionen und fördert die Verbesserung des Gesundheitszustands.

Krebskrankes Kind

Hintergrund

Die Digitalisierung im Rahmen der patientenzentrierten Gesundheitsversorgung ist auf dem Vormarsch, und es gibt diverse Technologien, mit deren Hilfe der mentale und körperliche Zustand des jeweiligen Nutzers erfasst werden kann. Eine häufige, zunehmend auch in der Krebstherapie von Erwachsenen, eingesetzte Methode, ist die Dokumentation von Therapieergebnissen durch den Patienten selbst (Patient Reported Outcome Measurements, PROMs). Der Einsatz von PROMs ermöglicht die frühzeitige Identifizierung subjektiv wahrgenommener Verschlechterungen von Symptomen im Zusammenhang mit der Erkrankung oder der Behandlung sowie schnelle medizinische Interventionen, die in einer Verbesserung des Gesamtüberlebens und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität resultieren.

Obwohl regulatorische Behörden den Einsatz von PROMs in der klinischen Krebsforschung wiederholt befürwortet haben, werden sie bei Kindern bisher kaum genutzt. Eine der Hürden ist hier, dass das Ärzte- bzw. Behandlungsteam nicht nur mit den Patienten selbst sondern auch mit deren Eltern bzw. gesetzlich Bevollmächtigten interagieren muss. Eine österreichische Arbeitsgruppe der Medizinischen Universität Innsbruck hat kürzlich einen web-basierten Approach für eine täglich vom Kind selbst durchzuführende Berichterstattung sowie Eltern-basierte Berichterstattung (ePROtect) entwickelt und gezeigt, dass diese Methode für die Einführung in die klinische Versorgung geeignet ist. ePROtect enthält 6 tägliche Fragen aus 4 Bereichen: Schmerzen (1), Übelkeit und Appetitverlust (2), körperliche Funktion (2) und Schlafstörungen (1), die sich auf die jeweils vergangenen 24 Stunden beziehen [1].

Zielsetzung

Das Team der Medizinischen Universität Innsbruck stellte sich nun die Frage, ob sich PROMs in die Behandlung von pädiatrischen Krebspatienten integrieren lassen. Sie stellten die Hypothese auf, dass Kinder und ihre Eltern/Bevollmächtigten täglich die Symptome bezüglich ihrer Krankheit und Behandlung dokumentieren würden, unabhängig davon, ob sie sich zu Hause oder im Krankenhaus befinden und, dass die dadurch erhaltenen Informationen hilfreich für das Behandlungsteam und das klinische Management sind.

Methoden

Die monozentrische Kohortenstudie, bei der PROMs in die tägliche klinische Routine integriert wurden, wurde vom 01. Mai 2020 bis 15. November 2021 mit Kindern, die gerade eine Krebsdiagnose erhalten hatten, oder deren Eltern/Bevollmächtigten durchgeführt. Zu den Inklusionskriterien gehörte die Behandlung mit Chemotherapie (Start innerhalb von 15 Tagen nach Diagnose) und eine mindestens 30-tägige aktive ePROtect-Teilnahme (30 täglich ausgefüllte PROMs). Die Symptome wurden täglich vom medizinischen Team begutachtet. Bei einem Symptomscore ≤ 50 (von insgesamt 100) erfolgten weitergehende Evaluierungen und erforderlichenfalls klinische Interventionen. Die Patienten wurden bis zum Ende der Behandlung oder bei noch laufender Behandlung bis zum 15. November 2021 nachverfolgt.

Primärer Endpunkt war das Auftreten und der Schweregrad von Komplikationen im Rahmen der Krebstherapie, wie z.B. Übelkeit, Appetitverlust, Schmerzen, Schlafstörungen und Verschlechterung der körperlichen Funktionen. Sekundärer Endpunkt war die Identifizierung frühzeitiger und angemessener klinischer Interventionen basierend auf den mittels der PROMs ermittelten Symptome.

Ergebnisse

Für 40 Kinder (35 Kinder im Alter von 5-18 Jahren und 5 Eltern/Bevollmächtigte für Kinder im Alter von 1-4 Jahren) mit unterschiedlichen onkologischen Diagnosen wurden 4410 PROMs von 7082 Therapietagen analysiert. Neben der Standard-Chemotherapie, die alle Kinder erhielten, wurde bei 11 (27,5%) Kindern der Tumor operativ entfernt und 4 (10,0%) Kinder erhielten eine Operation mit nachfolgender Radiotherapie.

Die mediane Nachverfolgungszeit betrug 145,5 (IQR 103,8-244,5) Tage. Die mediane Ausfüllquote lag bei 60,1% (IQR 37,9%-81,0%). Dabei war die Rate geringfügig niedriger, wenn die Patienten zu Hause betreut wurden, als wenn sie stationär im Krankenhaus waren (57,5% vs. 65,0%). Zwischen den drei verschiedenen Altersgruppen (Alter 1-4 Jahre, 5-7 Jahre, 8-18 Jahre) wurden diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede beobachtet. Die Adhärenz nahm jedoch mit der Zeit signifikant ab und die Ausfüllrate innerhalb der ersten 90 Tage (65,6%) war deutlich höher als im darauffolgenden Zeitraum (42,9%).

Moderate (Score: 26-50) oder schwerwiegende (Score: 0-25) Symptome wurden in 657 PROMs (14,9%) berichtet. Dabei waren die meisten dieser Symptome mit einer Einschränkung körperlicher Funktionen (24,4%) verbunden, gefolgt von Schmerzen (23,5%), Schlafstörungen (11,2%) sowie vermehrter Übelkeit und Appetitverlust (10,9%). Insgesamt wurden 321 unerwünschte Ereignisse und Verschlechterungen des Gesundheitszustandes im Rahmen von Routineuntersuchungen dokumentiert. Für 251 (78,2%) dieser Ereignisse waren PROMs ausgefüllt worden, die in 147 (58,6%) Fällen medizinische Interventionen zur Folge hatten.

Die fünf häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Anämie (n=43), febrile Neutropenie (n=34), Mucositis (n=28), Hepatitis (n=18) und Pneumonie (n=5). Bei allen unerwünschten Ereignissen waren ein Tag zuvor im Rahmen von PROMs berichtete Schmerzen der nützlichste Marker, vor allem aber beim Auftreten einer Mucositis (Odds Ratio [OR] 3,65; 95% Konfidenzintervall 1,54-8,62; p=0,005).

Fazit

Die Studiendaten deuten darauf hin, dass sich PROMs gut in die Therapie krebskranker Kinder integrieren lassen. Insbesondere bei einer Betreuung in häuslicher Umgebung können sie detaillierte Informationen zum Gesundheitszustand liefern und das klinische Management sowie rechtzeitige Interventionen im Fall von unerwünschten Ereignissen erleichtern. Um die Adhärenz auch über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten bzw. zu verbessern müssen jedoch noch entsprechende Tools in ePROtect inkorporiert werden, z.B. Spielfunktionen, Push-Notifikationen.

Autor:
Stand:
28.08.2022
Quelle:

Meryk A. et al. (2022): Use of daily patient-reported outcome measurements in pediatric cancer care. JAMA Network Open, DOI:10.1001/jamanetworkopen.2022.23701

 

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