Neuer Kommunikationsweg von Tumorzellen entdeckt

Absterbende Tumorzellen kommunizieren über Adenosintriphosphat ein letztes Mal mit umliegenden Tumorzellen, um in ihnen ein Programm zu aktivieren, das diese vor Apoptose schützen kann und ihnen eine Therapieresistenz verleiht.

Tumorzellen

Hintergrund

Solide Tumore besitzen ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Apoptose und Zellproliferation, dass die kontinuierliche Erhaltung und das Tumorwachstum gewährleistet. Man geht inzwischen davon aus, dass wenn es zu einer verstärkten Apoptose von Tumorzellen kommt, diese mit einer parakrinen Zellaktivierung in der Mikroumgebung des Tumors einhergeht. Dies führt dazu, dass im dortigen Gewebe Reparaturprogramme aktiviert werden, die das Tumorwachstum fördern. Unklar ist jedoch welche direkten Auswirkungen die apoptotischen Tumorzellen auf benachbarte Tumorepithelien haben und ob dieser parakrine Effekt möglicherweise zu einer Therapieresistenz führt.

Zielsetzung

Die wissenschaftliche Arbeit untersuchte wie Tumorzellen, die aufgrund einer Chemotherapie in Apoptose gehen, mit ihren benachbarten Tumorzellen kommunizieren und ob diese parakrinen Effekte zu einer Therapieresistenz führen können.

Methodik

In diesem präklinischen Modell wurden Tumororganoide, gewonnen aus Tumorzellen die von Kolonkarzinom-Patienten stammen, mit dem Standard-Chemotherapeutikum 5-Fluorouracil behandelt um Apoptose in Tumorzellen zu induzieren. Die induzierten Signalwege in den überlebenden Tumorzellen der Organoide und die Kommunikation mit der Mikroumgebung wurde in verschiedenen in vitro Experimenten untersucht. Hierfür wurden Apoptose und Nekroptose mit Carbobenzoxy-valyl-alanyl-aspartyl-[O-methyl]-fluoromethylketon und Necrostatin-I inhibiert.

Ergebnisse

Die durch Chemotherapie ausgelöste Apoptose in Tumorzellen der Organoide führte zu einer Freisetzung von Adenosintriphosphat (ATP). Das freigesetzte ATP aktiviert P2X4-Rezeptoren, die zur Familie der Purinorezeptoren gehören (auch P2RX4 genannt) auf der Oberfläche benachbarter Tumorzellen. Diese Interaktion führt dazu, dass ein mTOR-abhängiges Überlebensprogramm induziert wird. Die Tumorzellen sind somit vor Apoptose geschützt und entwickeln eine Therapieresistenz.

Die überlebenden therapieresistenten Tumorepithelzellen werden jedoch im Gegensatz zu vorher sensitiv gegenüber einer mTOR-Hemmung. Die parakrin induzierte mTOR-Abhängigkeit in den überlebenden Epithelzellen ist auf die erhöhte Produktion reaktiver Sauerstoffspezies und die anschließende erhöhte DNA-Schädigung als Reaktion auf den Tod der Nachbarzellen zurückzuführen.

Wird die parakrine Kommunikation zwischen den apoptotischen Tumorzellen und ihren Nachbarzellen unterbrochen, sprechen die therapieresistenten Tumorzellen wieder sehr gut auf eine Chemotherapie an.

Die Hemmung des P2X4-Rezeptors oder die direkte mTOR-Blockade zur Verhinderung der parakrinen Kommunikation verhindert die Induktion der S6-Phosphorylierung und führt in Kombination mit der Chemotherapie zu einem massiven, durch reaktive Sauerstoffspezies induzierten Zelltod und einer deutlichen Tumorregression, die bei alleiniger Anwendung nicht zu beobachten ist. Umgekehrt verhindert das Abfangen reaktiver Sauerstoffspezies, dass Krebszellen von der mTOR-Aktivierung abhängig werden.

Fazit

Zusammenfassend zeigen die präklinischen Ergebnisse, dass apoptotische Tumorzellen anti-apoptotische Mechanismen in ihren Nachbarzellen induzieren können, die über ATP und P2X4 vermittelt werden und den mTOR-Signalweg aktiviert. Dies macht die Tumorzellen jedoch sensitiv gegenüber mTOR-blockierenden Agenzien. Zusammen mit einer Chemotherapie führt die mTOR-Blockade zu einer Tumorregression, was eine neue Kombinationstherapie gegen P2X4-exprimierende Epitheltumoren ermöglicht.

Autor:
Stand:
13.12.2022
Quelle:

Schmitt et al. (2022): Colon tumor cell death causes mTOR dependence by paracrine P2X4 stimulation. Nature. DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-022-05426-1

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