
Eisen gehört zu den essenziellen Spurenelementen. Der Energiestoffwechsel ist maßgeblich von einem funktionierenden Eisenhaushalt abhängig, da Eisen eine zentrale Rolle beim Sauerstofftransport mit Hämoglobin und beim mitochondrialen Elektronentransport durch Eisen-Schwefel-Cluster spielt.
Diagnostik des Eisenmangels
Im Körper wird Eisen vor allem in Hepatozyten und retikuloendothelialen Zellen von Knochenmark und Milz im Proteinkomplex Ferritin gespeichert [1]. Das Serumferritin ist Parameter der Wahl zur Feststellung eines Eisenmangels, da es proportional zum Gesamt-Ferritingehalt ist. Weiterhin spricht eine mikrozytäre hypochrome Anämie mit vermindertem Hämoglobin, MCV (mittleres korpuskuläres Volumen) und MCH (mittleres korpuskuläres Hämoglobin) für einen Eisenmangel.
Auswirkungen des Eisenmangels
Zu den Symptomen einer Eisenmangelanämie im Erwachsenenalter gehören beispielsweise Haut- und Haarveränderungen sowie Konzentrations- und Schlafstörungen. Die Auswirkungen eines Eisenmangels auf die Organentwicklung von Kindern sind noch nicht abschließend geklärt. Eine wichtige Längsschnittstudie in den 1980er Jahren in Costa Rica ergab, dass Kinder mit chronischem Eisenmangel im Vergleich zu einem guten Eisenstatus im Säuglingsalter bis zum Alter von 19 Jahren deutlich niedrigere kognitive Werte aufwiesen [2].
Zielsetzung
In einer neuen prospektiven Beobachtungsstudie aus Kanada wurde ein ähnliches Studiendesign gewählt, um die vor knapp 40 Jahren beobachtete Assoziation in einem modernen und ressourcenstarken Umfeld zu untersuchen [3].
Methodik
Gesunde Kinder, die an einem Forschungsnetzwerk namens „TARGet Kids!“ in insgesamt acht Hausarztpraxen teilnehmen, wurden rekrutiert. Die Einschlusskriterien beinhalteten ein Alter zwischen 12 und 40 Monaten sowie vollständige Ausgangsdaten. Ausschlusskriterien waren eine laufende orale Eiseneinnahme, Gestationsalter <35 Wochen, Geburtsgewicht <2.500 g, und CRP ≥10 mg/L.
Verfahren
Die Hämoglobin- und Serumferritin-Werte wurden in Blutproben standardisiert analysiert. Alle Eltern erhielten eine Eisen-spezifische Ernährungsberatung. Die 37 Kinder mit IDA (Eisenmangelanämie [iron deficiency anemia]) erhielten orales Eisensulfat (6 mg/kg/d) für vier Monate. Die 63 Kinder mit NAID (nicht-anämischer Eisenmangel [nonanemic iron deficiency]) wurden randomisiert zu Eisensulfat oder Placebo. Die 30 Kinder mit IS (ausreichender Eisengehalt [iron sufficiency]) erhielten kein orales Produkt.
Daten zum Eisenstatus und zur kognitiven Funktion wurden zu Studienbeginn und vier und zwölf Monate nach Studieneinschluss erhoben. Es wurden zwei Eisenstatuskategorien definiert:
- IDA zu Studienbeginn (Hämoglobin <110 g/L, Serumferritin <14 μg/L) oder anhaltender NAID (Hämoglobin ≥110 g/L, Serumferritin <14 μg/L)
- IS zu Studienbeginn (Hämoglobin ≥110 g/L, Serumferritin ≥14 μg/L) oder behobener NAID
Endpunkte & Analyse
Der primäre Endpunkt war die verblindet erhobene kognitive Funktion, die anhand der ELC (Early Learning Composite) der „Mullen Scales of Early Learning“ gemessen wurde. Der standardisierte Mittelwert beträgt 100 Punkte mit einer Standardabweichung von 15 Punkten.
Zu den sekundären Ergebnissen gehörten die einzelnen kognitiven Fähigkeiten des ELC (Feinmotorik, visuelle Wahrnehmung, rezeptive Sprache und expressive Sprache), Serumferritin und Hämoglobin nach vier und zwölf Monaten.
Es wurden separate multivariable lineare Regressionsmodelle erstellt, um die Eisenstatuskategorien hinsichtlich der Endpunkte zu vergleichen. Die Daten wurden um Alter, Geschlecht, Serumferritin und Hämoglobin bei Studienbeginn bereinigt.
Ergebnisse
Von 1.478 untersuchten Kindern wurden 116 eingeschlossen. Davon waren 41 Kinder nach vier Monaten in Eisenstatuskategorie 1 und 75 in Eisenkategorie 2.
Der mittlere Unterschied zwischen den Eisenstatuskategorien im ELC betrug nach vier Monaten -6,4 Punkte (95%-KI: -12,4 bis -0,3 Punkte, p=0,04) und nach zwölf Monaten -7,4 Punkte (95%-KI: -14,0 bis -0,8 Punkte, p=0,03).
Beim Vergleich der einzelnen kognitiven Fähigkeiten des ELC ergab sich nur bei der visuellen Wahrnehmung mit einem mittleren Unterschied von -5,4 Punkten (95%-KI: -9,6 bis -1,3 Punkte, p=0,01) nach vier Monaten und -8,9 Punkten (95%-KI: -13,37 bis -4,52 Punkte, p<0,001) nach zwölf Monaten ein signifikantes Ergebnis. Für die Feinmotorik sowie rezeptive und expressive Sprache wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden.
Der mittlere Unterschied beim Serumferritin betrug nach vier Monaten 14,3 μg/L (95%-KI: 1,3 bis 27,4 μg/L, p=0,03) und war nach 12 Monaten nicht signifikant unterschiedlich. Die Unterschiede beim Hämoglobin waren nach vier und zwölf Monaten nicht signifikant.
Fazit
Die Längsschnittstudie konnte bestätigen, dass die kognitiven Werte von Kindern mit chronischem Eisenmangel nach vier Monaten Eisensubstitution dennoch um sechs bis sieben Punkte niedriger waren. Der Eisenstatus war im Vergleich zu Kindern mit ausreichendem Eisengehalt jedoch nach vier Monaten Eisensubstitution verbessert.
Bisher ist die Evidenz für eine gezielte Screening-Strategie für Eisenmangel nicht ausreichend. Diese Studie deutet darauf hin, dass ein Screening mittels Serumferritin zur frühzeitigen Erkennung von Eisenmangel und somit Prävention einer manifesten Anämie führen kann. Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um kurz- und langfristige Ergebnisse einer solchen Screening-Strategie zu ermitteln.
Limitationen
Es sollte beachtet werden, dass die Stichprobengröße der Studie klein war, sodass eine separate vertiefende Subgruppenanalyse nicht möglich war. Die Ergebnisse könnten einer Selektionsverzerrung unterliegen, da Kinder mit fehlenden Daten nach vier Monaten aus den Analysen ausgeschlossen wurden. Es sollte auch bedacht werden, dass es sich um eine Beobachtungsstudie und nicht um eine randomisierte Studie zum Screening handelte.
Die Studie wurde gesponsert vom „Canadian Institutes of Health Research“, „Hospital for Sick Children Foundation“ sowie „Mead Johnson Nutrition“ und ist auf Clinicaltrials unter der Nummer NCT01869530 registriert.