
Der Winter ist Infektzeit. Besonders die Kleinsten der Gesellschaft, die Kinder unter fünf Jahren, leiden oft an Atemwegsinfektionen. Verlaufen diese schwer, kann eine akute hypoxämische respiratorische Insuffizienz, kurz AHRF oder ARDS, auftreten. Dann wird eine Sauerstofftherapie nötig.
High-Flow-Sauerstofftherapie bei ARDS besser?
Bei der Standardsauerstofftherapie werden maximal 2 L pro Minute über eine Nasensonde gegeben. Eine Alternative, die High-Flow-Sauerstofftherapie, erlaubt deutlich höhere Sauerstoffgaben [1]. In einer Studie von Franklin et al. aus dem Jahr 2018 zeigte sich die High-Flow-Sauerstofftherapie bei Bronchiolitis vorteilhaft. Kinder, die eine High-Flow-Sauerstofftherapie erhielten, brauchten seltener eine Therapieeskalation [2]. Nun untersuchte das australisch-neuseeländische Team in einer neuen Studie, ob eine frühe High-Flow-Sauerstofftherapie bei ARDS die Krankenhausaufenthaltsdauer verkürzen kann.
In die Studie wurden 1.567 Kinder mit ARDS zwischen ein bis vier Jahren eingeschlossen. Alle mussten aufgrund einer akuten Atemwegserkrankung eine höhere Atemarbeit leisten, brauchten Sauerstoff, um eine ausreichende Sauerstoffsättigung aufrecht erhalten zu können, hatten eine Atemfrequenz von 35 pro Minute oder höher und mussten hospitalisiert werden. Untersucht werden sollte unter anderem, ob eine frühe High-Flow-Sauerstofftherapie den Klinikaufenthalt der Kinder verkürzen könnte, weniger Kinder auf die Kinderintensivstation müssten, eine kürzere Therapie bräuchten oder die Therapie seltener eskaliert werden müsste.
Vergleich zwei verschiedener Sauerstofftherapien
Die Kinder wurden dafür auf zwei Gruppen aufgeteilt: eine Standardsauerstofftherapie (764 Kinder) oder eine High-Flow-Sauerstofftherapie (753). Die Kinder mit der Standardsauerstofftherapie erhielten 2 L Sauerstoff pro Minute über eine Nasenkanüle oder eine Hudson-Gesichtsmaske (maximal 8 L pro Minute), um eine Sauerstoffsättigung SpO2 von 90% bis 98% bzw. 92% bis 98% je nach behandelnder Klinik zu erreichen. Die Kinder mit der High-Flow-Sauerstofftherapie bekamen gewichtsadaptiert zwischen 2 L/kg/Minute und 40 L/Minute. Die FIO2 (Fraktion of Inspired Oxygen) wurde so eingestellt, dass ein SpO2 von 92% bis 98% bzw. 90% bis 98% erreicht werden konnte. Tolerierten die Kinder die jeweilige Therapie nicht, oder reichte die Therapie nicht aus, konnte gewechselt werden.
Längerer Klinikaufenthalt bei High-Flow-Sauerstofftherapie
Die Ergebnisse unterschieden sich eindeutig von den erwarteten Ergebnissen: Die Kinder, die eine High-Flow-Sauerstofftherapie bekamen, waren mit 1,77 Tagen (Interquartilenabstand [IQR]: 1,03-2,80) statistisch signifikant länger im Krankenhaus als die Kinder, die die klassische Sauerstofftherapie erhielten. Sie waren nur 1,50 Tage (IQR: 0,85-2,44) im Krankenhaus (adjustierte Hazard Ratio [aHR]: 0,83; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,75 bis 0,92; p<0,001). Kinder in der High-flow-Sauerstofftherapie-Gruppe mussten zudem häufiger auf die Intensivstation (12,5% vs. 6,9% in der Standardgruppe; adjustierte Odds Ratio: 1,93; 95%-KI: 1,35 bis 2,75) und zeigten signifikant häufiger ein Therapieversagen als in der Studie von 2018. Im Median brauchten sie ebenfalls länger Sauerstoff als Kinder der Standardgruppe mit 1,07 Tagen (IQR: 0,50-2,06) vs. 0,75 Tage (IQR: 0,35-1,61; aHR 0,78; 95%-KI: 0,70 bis 0,86). Die Gesamtdauer des Krankenhausaufenthaltes lag in der High-Flow-Gruppe im Median bei 1,93 Tagen (IQR: 1,21-2,94) und bei 1,72 Tagen (IQR: 1,03-2,68) in der Standardgruppe (aHR 0,82; 95%-KI: 0,74 bis 0,91).
Gründe für überraschende Ergebnisse
Gründe dafür, warum die Ergebnisse dieser Studie anders ausfielen als in der ersten Studie 2018 können vielfältig sein. Das Studienteam vermutet, es könne möglicherweise daran liegen, dass bei der klassischen Standardsauerstofftherapie standardisierte Entwöhnungsprotokolle zu einer früheren oder besseren Entwöhnung geführt haben. Oder es kam aufgrund der fehlenden Verblindung der Ärztinnen und Ärzte zu einem Behandlungsbias: Die Kinder der High-Flow-Gruppe wurden möglicherweise unbewusst als kränker wahrgenommen als die Kinder der Standardgruppe. Ebenso mussten mehr Kinder von der High-Flow-Gruppe in die Standardgruppe wechseln, da sie die High-Flow-Sauerstofftherapie nicht tolerierten. Auch das könnte einen Effekt auf die Ergebnisse gehabt haben.
Ob eine frühe High-Flow Sauerstofftherapie bei ARDS nun nachteilig wäre für die betroffenen Kinder, lässt sich anhand der Studienergebnisse aber nicht schlussfolgern [1].