Lebensmittelallergien: Viele Kinder wachsen heraus

Etwa 89% der frühkindlichen Hühnereiallergien verschwinden bis zum Alter von sechs Jahren. Schlechter sind die Prognosen bei der Erdnussallergie. Indikatoren für ein Persistieren können ein frühes schweres Ekzem und Sensibilisierungen gegen weitere Nahrungsmittel sein.

Erdnüsse Kind

Bei frühkindlichen Immunglobulin-E(IgE)-vermittelten Nahrungsmittelallergien sind die Kenntnisse zum Verlauf begrenzt. Vorhersagen, wann und bei welchen Patienten die Allergien wieder verschwinden, lassen sich kaum machen.

Studien mit Bias

Bisherige Studien lassen vermuten, dass frühkindliche Hühnerei- und Milcheiweißallergien in 80% der Fälle und Erdnuss- und Baumnussallergien in 20% der Fälle bis ins Erwachsenenalter verschwinden. Diese Zahlen wurden jedoch größtenteils retrospektiv ermittelt. Die Aussagen früherer Studien können zudem dadurch verzerrt sein, dass die Diagnose oft nur auf Hauttestungen (Skin Prick Test, SPT) oder Labortests auf spezifisches IgE im Serum beruhte. Als Goldstandard für die Diagnose einer Nahrungsmittelallergie gilt jedoch die orale Nahrungsmittelprovokation (OFC = „oral food challenge“).

HealthNuts-Studie

In der bevölkerungsbasierten HealthNuts-Studie beobachten australische Wissenschaftler um die Professorin Rachel Peters von der University of Melbourne 5.276 Kinder prospektiv. In regelmäßigen Abständen werden die Kinder klinisch untersucht und Allergiediagnosen mit OFC überprüft.

Zielsetzung

Die HealthNuts-Forscher wollen Kenntnisse zur Prävalenz und den natürlichen Verlauf von Allergien ab dem Alter von einem Jahr gewinnen. Auch sollen prognostische und prädiktive Biomarkern ermittelt werden, um zielgerichtete Therapien und Präventionsstrategien zu entwickeln.

Methodik

Für die HealthNuts Studie wurden von 2007 bis 2011 5.276 Kinder im Alter von 11 bis 15 Monaten aus der Region um Melbourne rekrutiert. Bei der Rekrutierung wurden sie einem SPT unterzogen, um auf vier verbreitete Nahrungsmittelallergene zu testen: Erdnuss, Ei, Sesam und entweder Kuhmilch oder Schalentiere. Zeigte sich im Hauttest auf Erdnuss, Ei oder Sesam eine Quaddel, die mindestens 1 mm groß war, wurde eine Überprüfung mit OFC angeboten sowie ein zusätzlicher Prick-Test auf eine größere Palette an Allergenen. Blutproben wurden auf spezifisches IgE untersucht.

Substudie im Alter von zwei Jahren

Es nahmen 264 Kinder, die nach Februar 2010 rekrutiert wurden und im Alter von 12 Monaten eine durch OFC bestätigte Allergie gegen rohe Eier hatten, an einer Sub-Studie teil. In der Substudie erfolgte im Alter von einem Jahr eine zusätzliche OFC auf gebackenes Hühnerei. Es gab ein Follow-Up im Alter von zwei Jahren mit einer wiederholten OFC gegen rohes Ei.

Follow-Up im Alter von vier Jahren

Als die Kinder das Alter von vier Jahren erreichten, füllten die Eltern für 4.291 Teilnehmer einen Fragebogen aus. Es wurden 592 Kinder, die eine Allergie im Alter von einem Jahr hatten oder bei denen der Verdacht auf eine neue Nahrungsmittelallergie bestand, für Allergietests ins Studienzentrum eingeladen.

Follow-Up im Alter von sechs Jahren

Als die Kinder sechs Jahre alt wurden, kontaktierten die Wissenschaftler die Eltern erneut, um einen Fragebogen auszufüllen. Alle HealthNuts-Kinder wurden zudem zu einem Allergie-Gesundheitscheck eingeladen. OFC wurde den Kindern angeboten, die eine zuvor diagnostizierte Nahrungsmittelallergie hatten oder bei denen eine neu entwickelte Nahrungsmittelallergie vermutet wurde.

Ergebnisse

Von den eingeschlossenen Kindern wurden im Alter von einem Jahr 471 (9,5%) mit einer Allergie gegen rohes Hühnerei diagnostiziert und 156 (3,1%) waren allergisch gegen Erdnuss. Es nahmen 84% der Kinder aus der ursprünglichen Kohorte am Sechs-Jahres Follow-Up teil.

Eiallergien verschwinden meist

Die Mehrheit der Kinder mit Eiallergie im Säuglingsalter (89%) war bis zum Alter von sechs Jahren tolerant geworden. Daraus ergab sich eine wesentlich niedrigere Prävalenz von 1,2% als im Alter von einem Jahr mit 9,5%. Frühere Studienergebnisse hatten bereits gezeigt, dass sich die Hälfte der Allergien bis zum zweiten Lebensjahr zurückbildeten und 80% bis zum Alter von vier Jahren verschwunden waren.

Erdnussallergien persistieren eher

Im Säuglingsalter hatten 156 Kinder eine Erdnussallergie (3,1%). Im Alter von sechs Jahren hatte sich die Erdnussallergie in 29% der Fälle zurückgebildet. Trotz der Remission verharrte die Prävalenz im Alter von sechs Jahren bei 3,1%, was sich mit der relativ hohen Zahl an Neuerkrankungen erklären lässt.

Neu einsetzende Allergien

Bei 0,7% der eingeschlossenen Kinder, die im Alter von einem Jahr tolerant gewesen waren, entwickelte sich eine Erdnussallergie im Alter zwischen einem und sechs Jahren. Nur 0,09% der Kinder erkrankten in diesem Zeitraum neu an einer Allergie gegen rohes Ei.

Wenig Evidenz für Prädiktoren

Im bereinigten Modell war die Evidenz für die meisten möglichen prognostischen oder prädiktiven Biomarker gering. Allein die Sensibilisierung gegen andere Nahrungsmittelallergene und ein früh beginnendes schweres Ekzem im Säuglingsalter waren mit einem erhöhten Risiko für eine persistierende Allergie assoziiert. Kinder im Alter von einem Jahr mit größeren SPT-Quaddeln entwickelten ebenfalls mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Toleranz. Der stärkste Prädiktor für eine persistierende Eiallergie war eine Allergie gegen gebackenes Ei.

Fazit

Die Autoren sehen eine Stärke ihrer Studie darin, dass sie den Verlauf von Erdnuss- und Eiallergien systematisch in einer großen bevölkerungsbasierten Längsstudien mit vielen Follow-Ups untersuchen.

Sie regen an, dass gezielt Säuglinge mit den genannten Prädiktoren für eine persistierende Allergie für weitere Studien rekrutiert werden. Darin könnte untersucht werden, ob sich mit gezielten Maßnahmen wie einer Immuntherapie oder einer proaktiven Behandlung von Ekzemen Nahrungsmittelallergien zur Remission bringen lassen.

Limitation

Eine Limitation der Studie ist, dass einige Kinder, vor allem solche mit Eiallergie, am Follow-Up im Alter von sechs Jahren nicht mehr teilnahmen. Möglicherweise sank bei den Teilnehmern die Motivation, weil sich die Eiallergie bei vielen zurückgebildet hat.

Autor:
Stand:
04.07.2022
Quelle:

Peters et al. (2022): The natural history of peanut and egg allergy in children up to age 6 years in the HealthNuts population-based longitudinal study. Journal of Allergy and Clinical Immunology, DOI: https://doi.org/10.1016/j.jaci.2022.04.008

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