
Das fettlösliche Vitamin D3 (Colecalciferol) kann unter Einwirkung von UV-Licht in der Haut aus 7-Dehydrocholersterol gebildet werden und kommt außerdem in Lebensmitteln tierischer Herkunft vor. Gespeichert wird Vitamin D3 in Form von Calcidiol in der Leber. Die aktive Form Calictriol (1,23-Dihydroxycolecalciferol) entsteht in der Niere. Calcitriol fördert die Calciumrückresorption aus dem Darm und reguliert diese in der Niere. Der Wirkstoff sorgt somit für die Aufrechterhaltung der physiologischen Calciumkonzentration und ist folglich wichtig für die Knochengesundheit.
Ein Vitamin-D3-Mangel bei Säuglingen kann zu Rachitis führen, einer Erweichung der Knochen mit Deformierungen des Skeletts. Da die Eigenproduktion meist aufgrund des erhöhten Vitamin-D-Bedarfs in der Wachstumsphase nicht ausreicht, erhalten Säuglinge in der Regel in den ersten 1 bis 1,5 Lebensjahren eine Vitamin-D3-Supplementation.
Überdosierung bei einem Säugling
Der AdkÄ liegt ein Fallbericht über einen sieben Monate alten Säugling vor, der aufgrund einer Gewichtsabnahme (-7% in drei Wochen), Exsikkose und Vigilanzminderung auf die Intensivstation aufgenommen wurde. Neben einer ausgeprägten Elektrolytstörung wurde eine Nephrokalzidose Grad II festgesellt. Nach einem Gespräch mit den Eltern konnte die Ursache gefunden werden: eine Vitamin-D-Intoxikation mit Hyperkalzämie und Nephorkalzinose. Die Serumkonzentration des 25-Hydroxycholecalciferols war mit über 600 µg/l (Referenzbereich 20–70 µg/l) außergewöhnlich hoch.
Eigenmächtige Therapieumstellung
Grund für die Intoxikation war eine eigenmächtige Umstellung der Vitamin-D3-Supplementation durch die Eltern. Der Säugling hatte zunächst die übliche, ärztlich empfohlene Vitamin-D-Dosierung von 500 IE/Tag (12,5 µg/Tag) erhalten. „Seit etwa fünf Monaten war auf Anraten von Freunden jedoch auf ein hochkonzentriertes Vitamin-D-haltiges Nahrungsergänzungsmittel umgestellt worden, das über das Internet bezogen wurde.
Starke Überdosierung
Täglich erhielt der Säugling etwa 40 Tropfen Vitamin D3 (ca. 40.000 IE bzw. 1000 µg).“ Als höchste sichere tägliche Zufuhr gelten bei Säuglingen 25–35 µg/Tag, wobei dieser Wert deutlich über dem eigentlichen physiologischen Bedarf liegt. Drei Wochen nach der Behandlung der Intoxikation und Entlassung aus der Klinik lag die 25-Hydroxycolecalciferol-Konzentration aufgrund der langen Halbwertszeit des Wirkstoffs noch bei 278 µg/l.
Fälle von Vitamin-D-Überdosierungen bereits bekannt
Der AkdÄ liegen bereits mehrere Fälle von Vitamin-D-Überdosierung bei Erwachsenen vor, die eigenständig hochdosierte Vitamin-D3-Präparate nutzten. Auch bei Säuglingen seien ebenfalls schwerwiegende Schäden nach Überdosierung Vitamin-D-haltiger Nahrungsergänzungsmittel bekannt.
Eine langfristige Überdosierung des Vitamins kann potenziell lebensbedrohlich sein. Durch die Hyperkalzämie kommt es zu Calciumablagerungen in Gefäßen und Geweben, insbesondere der Niere. Die Symptome sind meist unspezifisch, es können gastrointestinale Symptome, Dehydratation, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Bewusstseins- und Herzrhythmusstörungen auftreten.
Keine Begrenzung bei NEM
Während Vitamin-D3-haltige Arzneimittel ab einer Dosierung von mehr als 25 µg/Tag der Verschreibungspflicht unterliegen, ist die Dosierung bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) nicht begrenzt. Die Gemeinsamen Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen hält eine maximale Tagesdosis von weniger als 20 µg bei Vitamin-D-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln für angebracht, alles darüber gehe über eine Ergänzung der allgemeinen Ernährung hinaus. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt ebenfalls eine Höchstmenge von 20 µg/Tag für Jugendliche und Erwachsene.
NEM sind nicht risikofrei
Die AdkÄ warnt davor, dass auch vermeintlich harmlose, freiverkäufliche Vitamin-D3-haltige Nahrungsergänzungsmittel Risiken bergen können. Das gelte insbesondere bei hoher Dosierung/hoher Konzentration.
Anwendung nur laut Indikation
Der Fachausschuss weist daher darauf hin, dass bei Kindern und Erwachsenen Vitamin-D3-Arzneimittel nur bei bestehender Indikation entsprechend der Produktinformation angewendet werden sollen.
Nahrungsergänzungsmittel sollten lediglich als das angewendet werden, wozu sie gedacht sind – zur Ergänzung der allgemeinen Ernährung. Dabei sollten laut AdkÄ die Dosierungsempfehlungen bzw. die altersspezifischen sicheren Zufuhrmengen der European Food Safety Agency (EFSA) eingehalten werden.
Ärztliche Überwachung
Sowohl die Anwendung von Vitamin D3 bei Neugeborenen und Säuglingen als auch die Anwendung hochdosierter Präparate sollte nur unter ärztlicher Überwachung erfolgen. Eine gleichzeitige Einnahme von Vitamin D aus anderen Quellen (z. B. mit Vitaminen angereicherte Babynahrung) sollte bei den Jüngsten vermieden werden. Die AkdÄ rät aufgrund der Gefahr einer versehentlichen Überdosierungen zudem von der Anwendung hochkonzentrierter Flüssigzubereitungen von Vitamin D3 bei Kindern ab.