Agomelatin

Der Wirkstoff Agomelatin ist ein Antidepressivum, das strukturell mit Melatonin verwandt ist und mit hoher Affinität an Melatonin-Rezeptoren bindet. Das Arzneimittel wird angewendet für die Behandlung von Episoden einer Major-Depression.

Agomelatin

Anwendung

Das Antidepressivum Agomelatin wird in der Behandlung von Depressionen und Schlafstörungen angewendet. Das Medikament ist strukturverwandt mit Melatonin.

Anwendungsart

Agomelatin ist in Form von Filmtabletten zugelassen.

Wirkmechanismus

Agomelatin wirkt als melatonerger MT1- und MT2-Rezeptor- Agonist und als 5-HT2C-Antagonist. Bindungsstudien konnten zeigen, dass Agomelatin keinen Effekt auf die Monoaminaufnahme hat und keine Affinität zu α- und β-adrenergen, histaminergen, cholinergen, dopaminergenund Benzodiazepin-Rezeptoren aufweist. In Tiermodellen führte die Anwendung von Agomelatin zu einer Resynchronisierung circadianer Rhythmen. Agomelatin erhöht außerdem speziell im frontalen Cortex die Freisetzung von Noradrenalin und Dopamin und hat keinen Einfluss auf den extrazellulären Serotoninspiegel.

Pharmakokinetik

Resorption

Agomelatin wird nach oraler Einnahme schnell und gut (≥ 80 %) resorbiert. Die absolute Bioverfügbarkeit nach oraler Einnahme ist gering (< 5%) und ist bei Frauen höher als bei Männern. Die maximale Plasmakonzentration wird 1 bis 2 Stunden nach der Einnahme erreicht.

Verteilung

Das Verteilungsvolumen beträgt im steady state ungefähr 0,5 l/kg Körpergewicht und die Plasmaproteinbindung 95%.

Biotransformation

Nach oraler Einnahme wird Agomelatin hauptsächlich durch CYP1A2 und in geringem Maße durch CYP2C9 und CYP2C19 in der Leber metabolisiert.

Elimination

Die mittlere Plasmahalbwertszeit liegt bei 1 bis 2 Stunden. Die Ausscheidung erfolgt zu 80% über den Urin in Form von inaktiven Metaboliten.

Dosierung

Bei allen Patienten sollen vor Beginn der Behandlung oder nach einer Dosissteigerung eine Kontrolle der Leber-Transaminasen durchgeführt werden. Während der Behandlung sollen die Transaminasenwerte regelmäßig nach ca. 3 Wochen, 6 Wochen (Ende der akuten Phase), 12 und 24 Wochen (Ende der Erhaltungsphase) sowie bei Hinweisen auf Funktionsstörungen der Leber kontrolliert werden. Die Behandlung soll abgebrochen werden, wenn der Anstieg der Transaminasen das Dreifache des oberen Normbereichs überschreitet.

Zur Behandlung von Episoden einer Major Depression bei Erwachsenen beträgt die empfohlene Dosis einmal täglich 25 mg beim Zubettgehen. Falls nach zweiwöchiger Behandlung keine Besserung der Symptome eingetreten ist, kann die Dosis auf einmal täglich 50 mg erhöht werden, jedoch ist hier das höhere Risiko eines Anstiegs der Transaminasenwerte zu berücksichtigen.

Ältere Patienten

Bei älteren Patienten ≥ 75 Jahre wurde die Wirksamkeit von Agomelatin nicht belegt und sollte deshalb bei Patienten dieser Altersgruppe nicht angewendet werden.

Niereninsuffizienz

Bei der Anwendung von Agomelatin bei Patienten mit schwerer oder mäßiger Niereninsuffizienz ist Vorsicht geboten. Eine wesentliche Veränderung der pharmakokinetischen Parameter von Agomelatin bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz wurde zwar nicht beobachtet, dennoch ist die klinische Datenlage begrenzt.

Eingeschränkte Leberfunktion

Agomelatin ist bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion kontraindiziert. Bei zirrhotischen Patienten war die Exposition nach Gabe von Agomelatin 25 mg im Vergleich zu Patienten ohne Leberfunktionsstörung deutlich erhöht, und zwar 70-fach bei leichter chronischer (Child-Pugh Typ A) und 140-fach bei mäßiger (Child-Pugh Typ B) Leberfunktionseinschränkung.

Kinder und Jugendliche

Agomelatin wird für die Behandlung der Depression bei Patienten unter 18 Jahren nicht empfohlen, da die Sicherheit und Wirksamkeit von Agomelatin in dieser Altersgruppe nicht belegt sind.

Nebenwirkungen

In klinischen Studien an mehr als 8.000 depressiven Patienten waren die Nebenwirkungen unter Agomelatin in der Regel leicht bis mäßig und traten während der ersten beiden Behandlungswochen auf. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. Diese Nebenwirkungen waren meistens vorübergehend und führten im Allgemeinen nicht zum Abbruch der Therapie.

Wechselwirkungen

Arzneimittel, die mit CYP1A2 oder CYP2C9/2C19 interagieren, können die Bioverfügbarkeit von Agomelatin entweder vermindern oder verstärken. Mit folgenden Verbindungen kann es bei gleichzeitiger Anwendung mit Agomelatin zu Wechselwirkungen kommen:

  • Starke CYP1A2-Inhibitoren
  • Mäßige CYP1A2-Inhibitoren
  • CYP1A2 und CYP2C9/2C19-Induktoren (bspw. Rifampicin) ➔ Verringerung der Bioverfügbarkeit von Agomelatin
  • Zigarettenrauchen (CYP1A2-Induktoion)

Kontraindikation

Agomelatin darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegenüber Agomelatin
  • Eingeschränkte Leberfunktion (d. h. Leberzirrhose oder aktive Lebererkrankung) sowie erhöhter Transaminasenwerte um mehr als das Dreifache des oberen Normbereichs
  • Gleichzeitige Anwendung starker CYP1A2-Inhibitoren (z. B. Fluvoxamin, Ciprofloxacin)

Schwangerschaft

Da keine ausreichenden Daten zur Anwendung von Agomelatin bei Schwangeren vorliegen, sollte aus Vorsichtsgründen eine Anwendung von während der Schwangerschaft vermieden werden.

Stillzeit

Da nicht bekannt ist, ob Agomelatin in die Muttermilch übergeht, kann ein Risiko für Neugeborene/Kinder nicht ausgeschlossen werden. Es muss daher eine Nutzen-Risiko-Abwägung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung verzichtet werden soll.

Verkehrstüchtigkeit

Da Schwindelgefühl und Schläfrigkeit häufig als Nebenwirkungen auftreten können, sollten Patienten auf ihre möglicherweise eingeschränkte Verkehrstüchtigkeit und Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen hingewiesen werden.

Hinweise

Wegen möglicher vereinzelter Leberfunktionsstörungen hat die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) empfohlen, während der Therapie mit Agomelatin regelmäßig die Leberfunktion zu testen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
243.3 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 1.5 H
Q0-Wert:
0.7
Autor:
Stand:
06.07.2020
Quelle:

[1] Fachinformation: Valdoxan® 25 mg Filmtabletten
[2] Fachinformation: Agomelatin-ratiopharm® 25 mg Filmtabletten
[3] Drug Safety Mail: Informationsbrief bezüglich des Risikos von Hepatotoxizität unter Agomelatin
[4] Behördlich genehmigtes Schulungsmaterial: Informationen für Ärzte zum Risiko der Hepatotoxizität

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