Ajmalin

Ajmalin gehört zur Wirkstoffgruppe der Klasse Ia-Antiarrhythmika mit sehr kurzer Halbwertszeit und wird angewendet für die Behandlung von Herzrhythmusstörungen.Gewonnen wird der Wirkstoff aus der Wurzel der Indischen Schlangenwurzel (Rauwolfia serpentia).

Ajmalin

Anwendung

Ajmalin ist ein Klasse Ia-Antiarrhythmikum, das in der Herz- und Notfallmedizin zur Behandlung von schweren Herzrhythmusstörungen mit supraventrikulärer Tachykardie angewendet wird wie z.B.:

  • AV-junktionale Tachykardien
  • supraventrikuläre Tachykardien bei Wolff-Parkinson-White-Syndrom
  • paroxysmales Vorhofflimmern (anfallsweise Rhythmusstörungen)
  • Schwerwiegende lebensbedrohlich symptomatische ventrikuläre Tachykardien

Anwendungsart

Ajmalin wird intravenös unter EKG-Kontrolle angewendet. Die intravenöse Injektion soll unter Defibrillations-, Intubations- und Reanimationsbereitschaft (Bereitschaft zur externen Ingangsetzung der Herzaktion, zur Einführung eines Beatmungsrohres durch den Mund oder die Nase in die Luftröhre zur Wiederbelebung) vorgenommen werden.

Wirkmechanismus

Ajmalin wirkt als Natriumkanalblocker und unterbindet den Einstrom von Natriumionen in die Herzmuskelzellen. Dadurch wird die Erregungsleitung im Herzen so beeinflusst, dass Herzrasen oder Herzstolpern gestoppt werden und der Herzschlag sich normalisiert. In der Regel wird Ajmalin als Notfallmedikament intravenös verabreicht.

Antiarrhythmika

Dosierung

Die Injektionsgeschwindigkeit von Ajmalin soll 10 mg Ajmalin/min nicht überschreiten. Bei vorgeschädigtem Herzen ist die Injektionsdauer für 50 mg Ajmalin auf 15 bis 20 Minuten auszudehnen. . Die höchste Einzeldosis betr 50 mg Ajmalin. Die Fortsetzung der Injektion über den Eintritt des gewünschten Erfolges hinaus ist unnötig. Falls erforderlich kann die Injektion nach 30 Minuten wiederholt werden.

Bei therapierefraktären tachykarden ventrikulären Herzrhythmusstörungen ist es möglich, Ajmalin in Form einer Dauertropfinfusion zu verabreichen. Nach einer kontinuierlichen Infusion von
20 mg Ajmalin/h bis 50 mg Ajmalin/h wurden therapeutische Plasmaspiegel von 0,4 μg/ml bis 2 μg/ml bestimmt. Daraus ergibt sich folgende Dosierung:

  • Initial sollte die Infusion auf 20 mg/h (4 ml/h) eingestellt werden.
  • Bei Bedarf kann die Infusion bis zu einer Dosierung von 50 mg/h (10 ml/h) gesteigert werden.
  • Die Höchstdosis von 1.200 mg/24 h sollte nicht überschritten werden

Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion oder dekompensierter Herzinsuffizienz sind aufgrund der reduzierten Clearance geringere Dosierungen (10 – 30 mg/h) ausreichend.

Nebenwirkungen

Ajmalin kann leichte anticholinerge Nebenwirkungen sowie eine leichte Depression der linksventrikulären systolischen Funktion hervorrufen und die AV-Überleitung verschlechtern. Seltene Fälle von Torsade-de-Pointes-Tachykardien wurden berichtet. Darüber hinaus kann Ajmalin die Defibrillationsschwelle erhöhen.

Wechselwirkungen

Folgende Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Ajmalin zu beachten:

  • Bei Kombination von Ajmalin mit anderen Antiarrhythmika, mit Betablockern oder Calciumkanalantagonisten muss mit einer additiven hemmenden Wirkung auf die AV-Überleitung, die Erregungsleitung innerhalb der Herzkammer (intraventrikulär) und auf die Kontraktionskraft gerechnet werden.
  • Eine Kombination von Ajmalin mit anderen Antiarrhythmika der Klasse I sollte wegen der Gefahr des Auftretens schwerwiegender Nebenwirkungen unterbleiben.
  • Ajmalin verstärkt dosisabhängig glykosidbedingte Erregungsleitungsstörungen.
  • Bei gleichzeitiger Anwendung von Ajmalin und Chinidin kommt es zu einer Erhöhung der Plasmakonzentration von Ajmalin und erhöhter Wirkung auf Teile des Erregungsleitungssystems (His-Purkinje-System).
  • Die gleichzeitige Gabe von Enzyminduktoren wie z. B. Rifampicin, Phenobarbital, Phenytoin oder Carbamazepin führt zu einer erheblichen Reduktion der Plasmakonzentration von Ajmalin.
  • Die Häufigkeit von lang anhaltenden Cholestasen nimmt bei gleichzeitiger Behandlung mit Hormonen, Sulfonamiden (einschließlich entsprechender oraler Antidiabetika), Salicylaten und Diazepam zu.
  • Eine gleichzeitige Verabreichung von QTc-Zeit verlängernden Medikamenten, sollte wegen eines möglichen Auftretens von Torsade-de-pointes-Tachykardien vermieden werden.
  • Ajmalin wird unter anderem durch CYP2D6 metabolisiert und inhibiert dieses, weshalb bei gleichzeitiger Anwendung von Substanzen, die durch CYP2D6 metabolisiert werden, Wechselwirkungen auftreten.

Kontraindikationen

Ajmalin darf nicht angewendet werden bei:

  • bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
  • höhergradigen Erregungsleitungsstörungen zwischen Herzvorhöfen und -kammern (AV-Block II. und III. Grades)
  • vorbestehenden Erregungsleitungsstörungen innerhalb der Herzkammern (intraventrikulär)
  • Adams-Stokes-Anfällen
  • manifester Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz)
  • erheblicher Zunahme der Erregungsausbreitung in den Herzkammern (Verbreiterung des QRS-Komplexes) bzw. Verlängerung der gesamten elektrischen Herz-kammeraktion (QT-Zeit)
  • Vergiftungen mit herzwirksamen Glykosiden
  • Myasthenia gravis (Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Substanzen mit der Folge einer gestörten Reizübertragung vom Nerv auf den Muskel)
  • krankhafter Vergrößerung des Herzmuskels (hypertrophe Kardiomyopathie)
  • zu langsamer Schlagfolge des Herzens (Bradykardien) (<50 Schläge/Minute)
  • Tachykardien, die durch eine Herzmuskelschwäche (Herzdekompensation) bedingt sind

Darüber hinaus darf Ajmalin nicht angewendet werden innerhalb der ersten drei Monate nach Myokardinfarkt oder bei Patienten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion von weniger als 35% (Ausnahme bilden Patienten mit lebensbedrohlichen ventrikulären Herzrhythmusstörungen)

Bei gleichzeitig auftretender Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen sollte zunächst eine Therapie der Herzinsuffizienz erfolgen, da die Herzrhythmusstörungen Folge der Herzinsuffizienz sein können.

Schwangerschaft

In den ersten drei Monaten der Schwangerschaft sollte Ajmalin nicht angewendet werden, da keine Daten bezüglich der Reproduktionstoxikologie aus Tierversuchen vorliegen und auch keine Literaturhinweise zur Anwendung während der Schwangerschaft verfügbar sind. Die Anwendung von Ajmalin in der fortgeschrittenen Schwangerschaft sollte nur in schwerwiegenden Fällen erwogen werden, wenn der Nutzen für die Mutter das potentielle Risiko gegenüber dem Fetus überwiegt.

Stillzeit

Es liegen keine Daten zum Übertritt von Ajmalin in die Muttermilch vor.

Verkehrstüchtigkeit

Ajmalin kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen vor allem zu Beginn der Behandlung sowie bei Veränderung der Verordnung und in Zusammenhang mit Alkoholaufnahme beeinträchtigen.

Alternativen

Weitere Vertreter der Klasse Ia-Antiarrhythmika sind:

Indikationen:

  • Ajmalin: Mittel der Wahl bei AV-Reentrytachykardien, Akuttherapie von ventrikulären und supraventrikulären Tachykardien.
  • Chinidin wird aufgrund schwerer Nebenwirkungen heutzutage kaum noch verwendet.
  • Propafenon: Zur medikamentösen Kardioversion bei Vorhofflimmern und supraventrikulären Tachykardien.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
326.43 g·mol-1
Quelle:
  1. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie, 2. Auflage 2010
  2. AMBOSS Herzrhythmusstörungen
  3. Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11., Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  4. Fachinformation Gilurytmal ® 50 mg/10 ml Injektionslösung
     
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1 Präparate mit Ajmalin