Avacopan
Avacopan ist ein oral verabreichter niedermolekularer C5a-Rezeptorantagonist, der selektiv die Wirkung von C5a über den C5a-Rezeptor (C5aR, auch CD88 genannt) blockiert. Der Wirkstoff wird zur Behandlung bestimmter Formen der ANCA-assoziierten Vaskulitis eingesetzt. Gemeinsames Merkmal der ANCA-assoziierten Vaskulitiden ist das Vorliegen des Anti-Neutrophilen zytoplasmatischen Autoantikörpers (ANCA).
Avacopan: Übersicht

Anwendung
Avacopan (Tavneos) ist in Kombination mit Rituximab oder Cyclophosphamid indiziert zur Behandlung von erwachsenen Patienten der ANCA-assoziierten Vaskulitiden:
- schwere aktive Granulomatose mit Polyangiitis (GPA)
- mikroskopische Polyangiitis (MPA)
Anwendungsart
Avacopan ist für die orale Anwendung bestimmt. Der Verzehr von Grapefruit oder das Trinken von Grapefruitsaft sind bei der Anwendung von Avacopan zu vermeiden.
Wirkmechanismus
Avacopan ist ein selektiver Antagonist des menschlichen Komplement-5a-Rezeptors (C5aR1 oder CD88) und hemmt kompetitiv die Wechselwirkung zwischen C5aR1 und dem Anaphylatoxin C5a. Die spezifische und selektive Blockade von C5aR1 durch Avacopan reduziert die entzündungsfördernden Wirkungen von C5a, zu denen die Aktivierung, Migration und Adhärenz von Neutrophilen an Entzündungsstellen kleiner Blutgefäße, die Retraktion und Permeabilität von Gefäßendothelzellen gehören.

Dosierung
Die empfohlene Dosis von Tavneos beträgt 30 mg (3 Hartkapseln zu je 10 mg), die zweimal täglich, morgens und abends, mit einer Mahlzeit eingenommen werden.
Tavneos sollte in Kombination mit einem Rituximab- oder Cyclophosphamid-Schema wie folgt angewendet werden:
- 4-wöchentliche intravenöse Rituximab-Dosen oder
- intravenöses oder orales Cyclophosphamid für 13 oder 14 Wochen, gefolgt von oralem Azathioprin oder Mycophenolatmofetil und
- Glucocorticoide wie klinisch indiziert
Einzelheiten zu Dosierungen, begleitender Glukokortikoid-Therapie und Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit der Kombinationen können der Fachinformation entnommen werden.
Klinische Studiendaten sind auf 52 Wochen Exposition, gefolgt von 8 Wochen Beobachtung, begrenzt.
Nebenwirkungen
Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen in klinischen Studien waren:
- Übelkeit (23,5%)
- Kopfschmerzen (20,5%)
- Leukopenie (18,7%)
- Infektion der oberen Atemwege (14,5%)
- Durchfall (15,1%)
- Erbrechen (15,1%)
- Nasopharyngitis (15,1%)
Die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen sind Leberfunktionsstörungen (5,4%) und Pneumonie (4,8%).
Wechselwirkungen
Avacopan ist ein Substrat von CYP3A4, weshalb die gleichzeitige Anwendung von Induktoren oder Inhibitoren dieses Enzyms die Pharmakokinetik von Avacopan beeinflussen kann. Darüber hinaus ist Avacopan ein schwacher Inhibitor von CYP3A4 und kann deshalb die Plasmaexposition von gleichzeitig verabreichten Arzneimitteln erhöhen, die CYP3A4-Substrate sind. Vor allem bei CYP3A4-Substraten mit geringer therapeutischer Breite ist deshalb Vorsicht geboten wie z. B. bei Alfentanil, Ciclosporin, Dihydroergotamin, Ergotamin, Fentanyl, Sirolimus und Tacrolimus.
Eine klinisch relevante Wirkung des Hilfsstoffs Macrogolglycerolhydroxystearat auf empfindliche P-gp-Substrate mit relativ geringer Bioverfügbarkeit (z. B. Dabigatranetexilat) kann nicht ausgeschlossen werden.
Kontraindikationen
Avacopan darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einen der sonstigen genannten Bestandteile des Arzneimittels.
Schwangerschaft
Es liegen keine Daten zur Anwendung von Avacopan bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt, weshalb Avacopan während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, nicht angewendet werden sollte.
Stillzeit
Avacopan konnte nicht in der Milch von laktierenden Tieren nachgewiesen werden, wurde jedoch im Plasma von Nachkommen von säugenden Tieren ohne offensichtliche Auswirkungen auf diese nachgewiesen. Ein Risiko kann nicht ausgeschlossen werden, weshalb unter Berücksichtigung des Nutzens des Stillens für das Kind und des Nutzens der Therapie für die Frau entschieden werden muss, ob das Stillen beendet oder die Therapie mit Avacopan beendet/unterbrochen werden soll.
Verkehrstüchtigkeit
Avacopan hat keinen oder einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.
Anwendungshinweise
Leberfunktion
Unter der Anwendung von Avacopan in Kombination mit Cyclophosphamid (gefolgt von Azathioprin oder Mycophenolat) oder Rituximab und Trimethoprim und Sulfamethoxazol wurden schwerwiegende Nebenwirkungen durch erhöhte Lebertransaminasen mit erhöhtem Gesamtbilirubin beobachtet. Avacopan soll deshalb bei Patienten mit Anzeichen einer Lebererkrankung, wie erhöhte AST, ALT, ALP oder Gesamtbilirubin > 3-fach ULN nicht angewendet werden.
Lebertransaminasen und Gesamtbilirubin müssen vor Beginn der Therapie bestimmt werden und die Patienten auf Lebertransaminase-Werte und Gesamtbilirubin überwacht werden, sofern klinisch indiziert und als Teil der routinemäßigen Nachsorge.
Blut und Immunsystem
Vor Beginn der Therapie sollte die Anzahl weißer Blutkörperchen bestimmt werden. Die Behandlung mit Avacopan darf nicht begonnen werden, wenn die Leukozytenzahl unter 3500/μl, die Neutrophilenzahl unter 1500/μl oder die Lymphozytenzahl unter 500/μl liegt.
Patienten, die Avacopan erhalten, müssen angewiesen werden, alle Anzeichen einer Infektion, unerwartete Blutergüsse, Blutungen oder andere Manifestationen einer Knochenmarkinsuffizienz unverzüglich dem behandelnden Arzt mitzuteilen.
Schwere Infektionen
Bei Patienten, die Kombinationspräparate zur Behandlung von GPA oder MPA erhielten, einschließlich Avacopan in Kombination mit Rituximab oder Cyclophosphamid, wurden schwerwiegende Infektionen beobachtet. Patienten müssen deshalb auf schwerwiegende Infektionen untersucht werden. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Tuberkulose, Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV-Infektion in der Vorgeschichte.
Immunisierung
Die Sicherheit einer Immunisierung mit viralen Lebendimpfstoffen bei Avacopan-Therapie wurde nicht untersucht. Impfungen mit Lebendimpfstoffen sollten deshalb vorzugsweise vor Beginn der Behandlung oder während der Ruhephase der Erkrankung verabreicht werden.
Angioödem
Unter der Anwendung von Avacopan kann es zu einem Angioödem kommen. Wenn Patienten Symptome wie Schwellungen des Gesichts, der Lippen oder der Zunge, Engegefühl im Hals oder Atembeschwerden entwickeln, muss sofort ein Arzt aufgesucht und Avacopan abgesetzt werden.
Wirkstoff-Informationen
- Xiao, Hong, et al. C5a receptor (CD88) blockade protects against MPO-ANCA GN. Journal of the American Society of Nephrology 25.2 (2014): 225-231.
- Jayne, David RW, et al. Avacopan for the treatment of ANCA-associated vasculitis. New England Journal of Medicine 384.7 (2021): 599-609.
- EMA: Fachinformation Tavneos
Abbildung
Adapted from „ Anti-neutrophil Cytoplasmic Antibody (ANCA)-associated Vasculitis”, by BioRender.com