Bazedoxifen
Bazedoxifen ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der selektiven Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs), der zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen eingesetzt wird.
Bazedoxifen: Übersicht

Anwendung
Der selektive Estrogenrezeptor-Modulator (SERM) Bazedoxifen (Conbriza) ist indiziert zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit einem erhöhten Frakturrisiko.
In diesem Zusammenhang wurde eine signifikante Verminderung in der Inzidenz von Wirbelkörperfrakturen, aber nicht von Hüftfrakturen, nachgewiesen.
Wenn bei einer postmenopausalen Frau eine Entscheidung zwischen Bazedoxifen und anderen Therapiemöglichkeiten (einschließlich einer Östrogenbehandlung) getroffen werden soll, sind im individuellen Fall klimakterische Symptome, Auswirkungen auf das Uterus- und Brustgewebe sowie kardiovaskuläre Risiken und Nutzen zu berücksichtigen.
Anwendungsart
Bazedoxifen ist als Filmtablette (20 mg) erhältlich. Die Einnahme kann zu jeder Tageszeit unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Gemäß der Natur des Krankheitsverlaufes ist Bazedoxifen für eine Langzeitbehandlung vorgesehen.
Eine Nahrungsergänzung mit Calcium und/oder Vitamin D wird empfohlen, sofern die Versorgung über die Nahrung nicht ausreichend ist.
Wirkmechanismus
Bazedoxifen ist ein selektiver Estrogenrezeptor-Modulator (SERM). Wirkstoffe dieser Gruppe üben selektiv agonistische oder antagonistische Effekte auf estrogenempfindliche Gewebe aus. Die gewebeabhängige Wirkung basiert auf dem individuellen Einfluss des jeweiligen SERMs auf den ligandenabhängigen Transaktivierungsbereich AF-2 in der Ligandenbindungsdomäne (LBD) der Estrogenrezeptoren.
SERM-spezifisch wird der AF-2-Bereich in unterschiedlichen Konformationen stabilisiert, die wiederum unterschiedliche Affinitäten zu verschiedenen Co-Regulatoren aufweisen. In Abhängigkeit der gewebespezifischen Expression dieser Co-Regulatoren (Co-Aktivatoren oder Co-Repressoren) wird eine agonistische oder antagonistische Wirkung vermittelt.
Bazedoxifen wirkt agonistisch auf den Knochenstoffwechsel. Der Wirkstoff reduziert die Knochenresorption und senkt die Spiegel biochemischer Marker des Knochenumbaus auf das prämenopausale Niveau. Diese Effekte auf den Knochenumbau führen zu einer Erhöhung der Knochendichte (bone mineral density, BMD) und folglich zu einer Verminderung des Frakturrisikos.
In Uterus- und Brustgewebe wirkt Bazedoxifen primär antagonistisch.
Pharmakokinetik
Resorption
- Bazedoxifen wird schnell resorbiert (tmax ca. 2 Stunden)
- Die Plasmakonzentrationen steigen linear an bei Einzelgaben im Bereich von 0,5 mg bis 120 mg sowie Mehrfachgaben von täglich 1 mg bis 80 mg
- Die absolute Bioverfügbarkeit von Bazedoxifen beträgt etwa 6%
- Nach Verabreichung von Einzeldosen zu 20 mg Bazedoxifen zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit nehmen cmax und AUC um 28% bzw. 22% zu
- Eine weitere Studie, die die Auswirkungen einer Standardmahlzeit mit mittlerem Fettgehalt auf die Pharmakokinetik von Bazedoxifen im Steady-State untersuchte, zeigte nach Verabreichung von 20 mg Bazedoxifen zusammen mit der Mahlzeit eine Erhöhung von cmax und AUC um 42% bzw. 35% (da diese Änderungen nicht als klinisch relevant angesehen werden, kann Bazedoxifen unabhängig von den Mahlzeiten angewendet werden)
Verteilung
- Nach intravenöser Gabe einer Dosis von 3 mg Bazedoxifen beträgt das Verteilungsvolumen 14,7 ± 3,9 L/kg
- Bazedoxifen bindet in vitro stark (98% bis 99%) an Plasmaproteine
Metabolismus
- Bazedoxifen wird bei Frauen weitgehend verstoffwechselt, wobei Glucuronidierung den Hauptmetabolisierungsweg darstellt (es wird praktisch kein Cytochrom-P450-vermittelter Metabolismus beobachtet)
- Bazedoxifen-5-Glucuronid ist der Hauptmetabolit im Kreislauf (die Plasmakonzentrationen dieses Glucuronids sind etwa 10-mal höher als die des unveränderten Wirkstoffs)
Elimination
- Bazedoxifen wird mit einer Halbwertszeit von etwa 30 Stunden eliminiert
- Steady-State-Konzentrationen werden bei täglicher Einmalgabe in der 2. Woche erreicht
- Die scheinbare orale Clearance von Bazedoxifen liegt bei etwa 4 bis 5 L/h/kg
- Bazedoxifen wird hauptsächlich über Fäzes eliminiert (weniger als 1% der Dosis wird mit dem Urin ausgeschieden)
Eingeschränkte Leberfunktion
- Die Verteilung einer Einzelgabe von 20 mg Bazedoxifen wurde bei Patientinnen mit eingeschränkter Leberfunktion (Child-Pugh-Klasse A [n = 6], B [n = 6] und C [n = 6]) mit der von Patientinnen mit normaler Leberfunktion (n = 18) verglichen
- Patientinnen mit eingeschränkter Leberfunktion wiesen im Vergleich zu Patientinnen des Kontrollarms im Durchschnitt eine 4,3-fache Erhöhung der AUC auf
- Sicherheit und Wirksamkeit wurden bei Patientinnen mit eingeschränkter Leberfunktion nicht weiter untersucht
- Eine Anwendung in dieser Patientengruppe wird nicht empfohlen
Dosierung
- Empfohlene Tagesdosis: 1x täglich 20 mg
- Dosen über 20 mg werden nicht empfohlen, da eine höhere Wirksamkeit nicht belegt ist und höhere Dosen mit zusätzlichen Risiken einhergehen können.
- Eingeschränkte Nierenfunktion: Bazedoxifen wurde bei Patientinnen mit stark eingeschränkter Nierenfunktion nicht ausreichend untersucht, weshalb die Anwendung bei diesen Patientinnen nur mit Vorsicht erfolgen sollte
- Eingeschränkte Leberfunktion: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Bazedoxifen bei Patientinnen mit eingeschränkter Leberfunktion wurde nicht untersucht, weshalb die Anwendung bei diesen Patientinnen nicht empfohlen wird.
Nebenwirkungen
Die Mehrzahl der in den klinischen Studien unter Bazedoxifen aufgetretenen Nebenwirkungen waren von leichter bis mäßig schwerer Ausprägung und führten nicht zu einem Behandlungsabbruch.
Die häufigsten arzneimittelbedingten Nebenwirkungen in doppelblinden, randomisierten Studien waren Hitzewallungen und Muskelkrämpfe (einschließlich Krämpfe in den Beinen).
Weitere häufige Nebenwirkungen umfassen:
- Schläfrigkeit
- Mundtrockenheit
- Ausschlag
- Urtikaria
- Pruritus
- Peripheres Ödem
- Erhöhte Triglyzerid-Blutwerte
- Erhöhte Alanin-Aminotransferase-/Aspartat-Aminotransferase-Werte
Die klinisch wichtigsten Nebenwirkungen sind venöse thromboembolische Ereignisse.
Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen können im Zusammenhang mit Bazedoxifen potenziell auftreten:
- Bazedoxifen wird durch Enzyme des Typs Uridindiphosphat-Glucuronosyltransferase (UGT) im Verdauungstrakt und in der Leber verstoffwechselt. Der Metabolismus von Bazedoxifen kann durch gleichzeitige Anwendung von Substanzen gesteigert werden, die bekanntermaßen UGTs induzieren (wie Rifampicin, Phenobarbital, Carbamazepin und Phenytoin), wodurch es möglicherweise zu erniedrigten systemischen Konzentrationen von Bazedoxifen kommt
- Bazedoxifen führt zu einer Erhöhung der Konzentration von hormonbindendem Globulin, einschließlich Kortikosteroid-bindendem Globulin (CBG), Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG) und Thyroxin-bindendem Globulin (TBG).
Kontraindikationen
Bazedoxifen ist kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels
- Gebärfähigen Frauen
- Bestehenden oder in der Vorgeschichte aufgetretenen venösen thromboembolischen Ereignissen (einschließlich tiefer Venenthrombose, Lungenembolie und Retina-Venenthrombose)
- Ungeklärter Uterusblutung
- Patientinnen mit klinischen Zeichen oder Symptomen eines Endometriumkarzinoms (da die sichere Anwendung in dieser Patientinnengruppe bislang nicht ausreichend untersucht wurde)
Schwangerschaft
Bazedoxifen ist nur zur Anwendung bei postmenopausalen Frauen vorgesehen und darf nicht von gebärfähigen Frauen eingenommen werden.
Es liegen keine Daten über die Anwendung von Bazedoxifen bei schwangeren Frauen vor. Das potenzielle Risiko für den Menschen ist daher nicht bekannt. Studien an Kaninchen haben allerdings eine Reproduktionstoxizität gezeigt.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Bazedoxifen in die Muttermilch ausgeschieden wird. Der Wirkstoff ist nur zur Anwendung bei postmenopausalen Frauen bestimmt und sollte nicht während der Stillzeit angewendet werden.
Verkehrstüchtigkeit
Bazedoxifen hat geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. In klinischen Studien wurde Schläfrigkeit als eine Nebenwirkung berichtet. Die Patientinnen sollten über die mögliche Auswirkung auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen aufgeklärt werden.
Außerdem kann es unter Bazedoxifen zu Sehstörungen kommen (z.B. Beeinträchtigung der Sehschärfe oder verschwommenes Sehen). Wenn derartige Symptome auftreten, sollten die Patientinnen so lange keine Fahrzeuge fahren und keine Maschinen bedienen, die eine einwandfreie visuelle Wahrnehmung erfordern, bis die Symptome verschwunden sind oder bis sie ärztlich beraten wurden, dass keine Gefährdung besteht.
Anwendungshinweise
Thromboembolische Ereignisse
- Die Anwendung von Bazedoxifen wird bei Frauen mit einem erhöhten Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse nicht empfohlen, denn sie ist mit einem erhöhten Risiko fürvenöse Thromboembolie (VTE) verbunden
- In klinischen Studien wurde mit einem relativen Risiko von 2,69 gegenüber Placebo die höchste VTE-Rate während des ersten Behandlungsjahres beobachtet (nach 3 Jahren betrug das relative Risiko 1,63, nach einer Studiendauer von 5 Jahren 1,50, nach 7 Jahren 1,51)
- Zu den Risikofaktoren, die in den klinischen Studien mit Fällen einer VTE assoziiert waren, gehörten: fortgeschrittenes Alter, Adipositas, Immobilisierung, Operation, schweres Trauma und maligne Erkrankungen
- Bazedoxifen sollte vor und während längerer Immobilisierung (z.B. nach einer Operation, bei längerer Bettruhe) abgesetzt werden, wobei die Behandlung erst nach vollständiger Wiederherstellung der Mobilität der Patientin wieder aufgenommen werden sollte
- Weiterhin sollte Frauen, die Bazedoxifen einnehmen, geraten werden, sich bei längeren Reisen regelmäßig zu bewegen.
Einfluss auf Uterus oder Endometrium
- Es gibt keine Anzeichen für eine Proliferation des Endometriums
- Jede Uterusblutung unter Bazedoxifen ist daher unerwartet und bedarf einer vollständigen Abklärung durch einen Facharzt
Einschränkte Nieren- und Leberfunktion
- Bazedoxifen wurde bei Patientinnen mit stark eingeschränkter Nierenfunktion nicht ausreichend untersucht, weshalb es bei diesen Patientinnen mit Vorsicht angewendet werden sollte
- Bei Patientinnen mit eingeschränkter Leberfunktion war die AUC im Vergleich zu einer Kontrollgruppe durchschnittlich um das 4,3-Fache erhöht, weshalb eine Anwendung bei diesen Patientinnen nicht empfohlen wird
Brustkrebs
- Die Sicherheit von Bazedoxifen wurde bei Patientinnen mit Brustkrebs nicht untersucht
- Daten zur gleichzeitigen Anwendung mit Arzneimitteln zur Behandlung von Brustkrebs im Früh- oder fortgeschrittenen Stadium liegen nicht vor, weshalb Bazedoxifen zur Behandlung oder zur Prävention von Brustkrebs nicht empfohlen wird
Triglyzeride
- Bazedoxifen wurde bei Frauen mit Triglyzeridspiegeln (> 300 mg/dL (> 3,4 mmol/L) nicht untersucht
- Da Bazedoxifen zu einer Erhöhung der Serumtriglyzeridspiegel führen kann, sollte es bei Patientinnen mit bekannter Hypertriglyzeridämie mit Vorsicht angewendet werden
Alternativen
Die medikamentösen Therapiealternativen richten sich nach dem Indikationsgebiet und sind darüber hinaus abhängig von patientenindividuellen Faktoren wie dem Alter der Patienten, Komorbiditäten oder dem Schweregrad der Erkrankung.
Insbesondere im Zusammenhang mit Osteoporose ist bei Frauen der Menopausenstatus von Bedeutung.
Osteoporose
- Calcium und Vitamin D
- Bisphosphonate wie Alendronat und Ibandronat
- Derivate des Parathormons (PTH) wie Teriparatid
- Estrogene oder andere SERMs wie Raloxifen
- Anti-RANKL-Antikörper wie Denosumab
- EMA: Fachinformation Bazedoxifen
- Freissmuth et al., Pharmakologie und Toxikologie, 2020, Springer
- Mutschler et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen, 2019, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- AWMF: Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern (2017, in Überarbeitung)