Benzocain
Benzocain gehört zur Wirkstoffgruppe der Lokalanästhetika und ist der Ethylester von p-Aminobenzoesäure (PABA). Der Wirkstoff hemmt spannungsabhängige Natriumkanäle auf der Neuronenmembran, stoppt die Ausbreitung des Aktionspotentials und wirkt so lokal betäubend.
Benzocain: Übersicht

Anwendung
Benzocain gehört zur Wirkstoffgruppe der Lokalanästethika und blockiert spannungsabhängige Natriumkanäle. Der Wirkstoff besitzt im Unterschied zu den meisten Lokalanästhetika keine tertiäre Aminstruktur. Benzocain ist schlecht wasserlöslich, was seine Anwendung auf die Oberflächenanästhesie beschränkt.
Benzocain ist in zahlreichen freiverkäuflichen Präparaten zur Linderung schmerzhafter Beschwerden im Mund- und Rachenbereich zu finden. Das Lokalanästhetikum wird außerdem als sog. „Verzögerungscreme“ oder als Zusatzstoff in manchen Kondomen zur Verhinderung eines vorzeitigen Samenerguss angewendet.
Anwendungsart
Benzocain ist in Form von Lutschpastillen, -dragees, und -tabletten zur Behandlung von Halsschmerzen auf dem deutschen Markt verfügbar.
Wirkmechanismus
Benzocain bindet reversibel an Natriumkanäle in der neuronalen Zellmembran und hemmt diese. Der Wirkstoff tritt zuerst in nichtionisierter Form in die Zelle ein und wird dann nach Durchlaufen der Membrandoppelschicht ionisiert. Seine ionisierte Form bindet dann an die Alpha-Untereinheit und hemmt spannungsgesteuerte Natriumkanäle. Diese Bindung stoppt die zelluläre Depolarisation, verlangsamt die Signalleitung und verringert die Fähigkeit, dass ein Aktionspotential entsteht. Lokalanästhetika wie Benzocain können in offener Konfiguration leichter an Natriumkanäle binden. Der pKa von Benzocain ist im Vergleich zu anderen Lokalanästhetika relativ niedrig (2,6). Der pKa von Lokalanästhetika hilft, den Wirkungseintritt zu bestimmen. Die Wirkgeschwindigkeit von Benzocain ist schnell und relativ pH-unabhängig.
Dosierung
Die Dosierungsempfehlung unterscheidet sich je nach Indikationsgebiet und kann der jeweiligen Fachinformation entnommen werden.
Nebenwirkungen
Benzocain ist bei topischer Anwendung relativ sicher und risikoarm. Eine der schwerwiegenden Nebenwirkungen ist die Methämoglobinämie, die durch Zyanose, Hypoxie und Dyspnoe gekennzeichnet ist und sich bei Verabreichung von Sauerstoff nicht bessert. Dieser Effekt tritt aufgrund der Metabolisierung von Benzocain zu Nitrobenzol auf, wodurch die Sauerstoffbindungskapazität von Hämoglobin durch Oxidation von Eisen (Fe2+ zu Fe3+) verringert wird.
Andere Nebenwirkungen sind Hypotonie, Bradykardie, Herzstillstand, Krämpfe, Schläfrigkeit, Schwindel, Ödeme und allergische Reaktionen.
Kinder und ältere Menschen sind anfälliger für Überempfindlichkeitsreaktionen. Obwohl Benzocain ein Medikament mit relativ geringem Risiko ist, kann es bei einigen Patienten zu einer Sensibilisierung kommen. Die topische Verwendung von Benzocain wird bei Patienten mit tiefen Wunden, Läsionen oder schweren Verbrennungen nicht empfohlen.
Kontraindikation
Benzocain ist bei Patienten mit bekannten schweren allergischen Reaktionen auf Lokalanästhetika vom Estertyp kontraindiziert. Darüber hinaus ist die Anwendung von Benzocain bei Personen mit Herzrhythmusstörungen, Methämoglobinämie in der Vorgeschichte, G6PD-Mangel und verminderter Lungenfunktion kontraindiziert. Zahlreiche Berichte haben gezeigt, dass Patienten mit prädisponierenden Erkrankungen wie COPD, Emphysem oder Erkrankungen der Herzkranzgefäße häufiger eine Methämoglobinämie entwickeln, wenn Benzocain als Lokalanästhetikum verabreicht wird. Vorsicht ist auch bei Patienten mit erheblichen Hautverletzungen, Ödemen und Infektionen geboten. Benzocain ist bei Kindern unter 2 Jahren wegen des Risikos einer Methämoglobinämie kontraindiziert.
Schwangerschaft/Stillzeit
Aufgrund einer mangelhaften Studienlage sollte Benzocain weder in der Schwangerschaft noch in der Stillzeit angewendet werden.
Verkehrstüchtigkeit
Benzocain hat bei lokaler Anwendung keinen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit. Effekte etwaiger unerwünschter Arzneimittelwirkungen sind im Bezug auf die Verkehrstüchtigkeit zu beachten.
Anwendungshinweise
Wegen der potenziellen Gefahr einer lebensbedrohlichen Methämoglobinämie wurde vor Präparaten mit dem Inhaltsstoff gewarnt. Insbesondere bei Kleinkindern unter zwei Jahren wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Anwendung als negativ bewertet.
Wirkstoff-Informationen
[1] NCBI: Benzocaine
[2] Medizinische Chemie, Steinhilber, Schubert-Zsilavecz, Roth
[3] Fachinformation: Benzocain Lutschdragees
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Dolo-Dobendan 1,4 mg/10 mg Lutschtabletten
Reckitt Benckiser Deutschland GmbH
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Dorithricin Halstabletten Classic 0,5 mg / 1,0 mg / 1,5 mg, Lutschtabletten
Medice Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG
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Dorithricin Halstabletten Waldbeere, 0,5 mg / 1,0 mg / 1,5 mg, Lutschtabletten
Medice Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG