Brentuximab vedotin
Brentuximab Vedotin ist ein Orphan drug, das zur Behandlung des CD30+ Hodgkin-Lymphoms mit erhöhtem Rezidiv- oder Progressionsrisiko nach autologer Stammzelltransplantion eingesetzt wird.
Brentuximab Vedotin: Übersicht
Anwendung
Brentuximab Vedotin ist zugelassen bei erwachsenen Patienten mit bislang unbehandeltem CD30+ Hodgkin-Lymphom (HL) im Stadium IV in Kombination mit Doxorubicin, Vinblastin und Dacarbazin. Ebenso ist Brentuximab Vedotin bei erwachsenen CD30+-HL-Patienten mit erhöhtem Rezidiv- oder Progressionsrisiko nach einer autologen Stammzellentransplantation (ASCT) indiziert, sowie bei Erwachsenen mit rezidiviertem oder therapierefraktärem CD30-positiven Hodgkin-Lymphom (CD30+ HL), die bereits eine autologe Stammzelltransplantation (ASCT) oder mindestens zwei andere Therapien bekommen haben.
Weitere Anwendungsgebiete sind die Behandlung von Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem systemischen anaplastischen großzelligen Lymphom (sALCL) und zur Behandlung erwachsener Patienten mit CD30+ kutanem T-Zell-Lymphom (CTCL) nach mindestens einer vorangegangenen systemischen Behandlung.
Anwendungsart
Brentuximab Vedotin wird über 30 Minuten intravenös infundiert und darf sowohl nicht Bolus als auch nicht gemischt mit anderen Arzneimitteln verabreicht werden. Die Infusionslösung ist unter aseptischen Bedingungen herzustellen.
Wirkmechanismus
Brentuximab Vedotin ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, das durch Freisetzung eines Zytostatikums bei CD30-tragenden Tumorzellen eine Apoptose auslöst. Durch Bindung an CD30 auf der Zellenoberfläche wird der gesamte Komplex in die Tumorzelle aufgenommen. Innerhalb der Zelle wird MMAE freigesetzt, der an Tubulin bindet. Die Störung des Mikrotubuli-Netzwerks unterbricht den Zellzyklus, wodurch ein programmierter Zelltod der CD30-exprimierenden Tumorzelle ausgelöst wird. Die Tumorzellen der indizierten Lymphom-Typen exprimieren unabhängig vom Krankheitsstadium oder Transplantationsstatus auf ihrer Oberfläche CD30-Moleküle und ermöglichen so aus CD30 ein Ziel für eine therapeutische Intervention und Überwindung von Chemotherapie-Resistenzen.
Pharmakokinetik
In populations-pharmakokinetischen Analysen und in Phase-1-Studien wurde nach Gabe einer einzelnen Dosis von 1,8 mg/kg Brentuximab Vedotin der Cmax-Wert bei 31,98 μg/ml und der AUC (0 – ∞)-Wert bei 79,41 μg/ml ×Tag ermittelt. Das durchschnittliche Verteilungsvolumen des Antikörper-Wirkstoff-Konjugats liegt im Gleichgewicht bei etwa 6 – 10 l. MMAE, der Hauptmetabolit von Brentuximab Vedotin, hat ein Verteilungsvolumen von 35,5 l. Das Brentuximab Vedotin wird mit einer geschätzten typischen Clearance und Halbwertzeit von 1,5 l/Tag bzw. 4 - 6 Tagen eliminiert. Die geschätzte Clearance und Halbwertszeit von MMAE beträgt 19,99 l/Tag bzw.3 - 4Tage. In einer Ausscheidungsstudie wurden ungefähr 72% des MMAE in den Faeces nachgewiesen, während 28 % im Urin ausgeschieden wurde.
Dosierung
Bei bislang unbehandeltem HL beträgt die empfohlene Dosis in Kombination mit Doxorubicin, Vinblastin und Dacarbazin 1,2 mg/kg als intravenös am 1. und 15. Tag jedes 28-Tage-Zyklus über 6 Zyklen.
Bei HL mit erhöhtem Risiko für Rezidiv oder Progression, bei rezividiertem oder refraktärem HL, bei rezidiviertem oder refraktärem sALCL und bei CTCL beträgt die empfohlene Dosis 1,8 mg/kg intravenös alle 3 Wochen und bis zu 16 Zyklen.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen (≥ 10 %) bei der Monotherapie sind Infektionen, Neutropenie, periphere sensorische und motorische Neuropathie, Husten, Dyspnoe, Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Verstopfung, Bauchschmerzen, Juckreiz, Hautausschlag, Arthralgie, Myalgie, Müdigkeit, Fieber, infusionsbedingte Reaktionen und Gewichtsverlust.
Weitere gelegentliche und schwere Nebenwirkungen können darüber hinaus Thrombozytopenie, Hyperglykämie, demyelinisierende Polyneuropathie, Tumorlyse-Syndrom und Stevens-Johnson-Syndrom sowie progressive multifokalen Leukenzephalopathie (PML), die zum Tod führen kann, sein.
Bei fast jedem vierten Patienten führten die Nebenwirkungen bei der Monotherapie zum Therapie-Abbruch.
Wechselwirkungen
Die gleichzeitige Gabe von starken CYP3A4- und Pgp-Inhibitoren kann die Wirkung des Antimikrotubuli-Wirkstoffs MMAE deutlich erhöhen, wodurch das Risiko für Neutropenien steigen kann. Die Wirkung von MMAE kann durch CYP3A4-Induktoren vermindert werden. Brentuximab Vedotin beeinflusst nicht den Metabolismus von CYP3A4-Substrate.
Kontraindikationen
Brentuximab Vedotin darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff und nicht in Kombination mit Bleomycin (pulmonale Toxizität) angewendet werden.
Schwangerschaft
Da Brentuximab Vedotin eine reproduktionstoxische Wirkung hat, darf das Arzneimittel während einer Schwangerschaft nicht angewendet werden, außer wenn der mögliche Nutzen für die Mutter gegenüber den potenziellen Risiken für den Fetus deutlich überwiegt.
Stillzeit
Ein Risiko für das Neugeborene/Kind kann nicht ausgeschlossen werden. Da es allerdings es nur ungenügende Informationen darüber gibt, ob Brentuximab Vedotin oder seine Metabolite in die Muttermilch übergehen, sollte nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung entschieden werden.
Verkehrstüchtigkeit
Brentuximab Vedotin kann einen geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen (z. B. Schwindelgefühl) haben.
Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
Wirkstoff-Informationen
Fachinformation ADCETRIS