Bulevirtid

Bulevirtid ist der erste Vertreter der sogenannten Entry Inhibitoren für Hepatitis D und hindert Hepatitis D- und auch B-Viren (HDV und HBV) am Eindringen in die Zellen. Das Orphan Drug wird angewendet bei erwachsenen Patienten mit kompensierter Lebererkrankung.

Anwendung

Bulevirtid ist ein Peptid, dessen Struktur von L-HBsAg, einem Hüllprotein von Hepatitis-B-Viren, abgeleitet ist und der erste zugelassene Wirkstoff zur Behandlung einer chronischen  Hepatitis-Delta-Virus (HDV)-Infektion bei erwachsenen Patienten mit kompensierter Lebererkrankung, die im Plasma (oder Serum) positiv auf HDV-RNA getestet wurden. Diese tritt immer zusammen mit Hepatitis B auf, da das Hepatitis-D-Virus nicht in der Lage ist, eine eigene Virushülle herzustellen.

Anwendungsart

Bulevirtid wird als subkutane Injektion angewendet. Das Arzneimittel ist unter dem Handelsnamen Hepcludex erhältlich. Patienten, die sich das Arzneimittel selbst applizieren, sind angemessen zu unterweisen, um das Risiko von Reaktionen an der Injektionsstelle zu minimieren. Hepcludex wird bei - 20 Grad Celsius gelagert. Vor der Rekonstitution kann das Arzneimittel bis zu drei Monate im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad Celsius aufbewahrt werden.

Wirkmechanismus

Bulevirtid blockiert das Eindringen von HBV und HDV in Hepatozyten, indem es die Struktur von L-HBsAg, einem Hüllprotein von Hepatitis-B-Viren imitiert und so an den Natrium-Taurocholat-Cotransporter (NTCP), einen Gallensalz-Transporter der Leber, der als essentieller HBV-/HDV-Eingangsrezeptor fungiert, bindet und diesen inaktiviert. Das Arzneimittel wirkt so nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Hepatitis B- und D-Viren vermehren sich ausschließlich in der Leber, denn nur auf den Leberzellen befindet sich der Gallensalztransporter NTCP, welchen sie als „Schloss“ (Virusrezeptor) nutzen, um in die Zellen einzudringen. Hepcludex blockiert wie ein abgebrochener Schlüssel dieses Schloss.

Pharmakokinetik

Resorption
Mit höheren Dosen nahm die Exposition gegenüber Bulevirtid überproportional zu, während die Clearance und das Verteilungsvolumen abnahmen.

Verteilung
Das geschätzte Verteilungsvolumen ist kleiner als der gesamte Wassergehalt des Körpers. Die In-vitro-Plasmaproteinbindung ist hoch, wobei > 99% von Bulevirtid an Plasmaproteine gebunden sind.

Biotransformation
Für Bulevirtid wurden keine Studien zur Biotransformation durchgeführt. Bulevirtid ist ein lineares Peptid, das aus L-Aminosäuren besteht; es wird erwartet, dass es in kleinere Peptide und einzelne Aminosäuren abgebaut wird. Es sind keine aktiven Metaboliten zu erwarten.

Elimination
Bei gesunden Probanden wurde keine Ausscheidung von Bulevirtid in den Urin nachgewiesen. Es wird angenommen, dass die Elimination hauptsächlich über die Bindung an das Ziel (NTCP) erfolgt. Sowohl die Verteilung als auch die Elimination nach mehrfacher Dosierung waren im Vergleich zu den geschätzten Werten nach der ersten Dosierung reduziert. Die Akkumulationsverhältnisse für die 2-mg-Dosierung betrugen basierend auf Cmax und AUC ca. das 2-Fache. Es wird davon ausgegangen, dass der Steady-State innerhalb der ersten Wochen nach der Anwendung erreicht wird. Nach Erreichen der Spitzenkonzentrationen gingen die Plasmakonzentrationen mit einer Eliminationshalbwertszeit von 4 bis 7 Stunden zurück.

Dosierung

Bulevirtid sollte einmal täglich (alle 24 Stunden ± 4 Stunden) in einer Dosierung von 2 mg durch subkutane Injektion als Monotherapie oder in Kombination mit einem Nukleosid-/Nukleotidanalogon zur Behandlung der HBV-Grundinfektion verabreicht werden.

Nebenwirkungen

Die am häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen in klinischen Studien waren asymptomatische, dosisabhängige und reversible Erhöhung der Gallensalze (sehr häufig) und Reaktionen an der Injektionsstelle (häufig).

Die am häufigsten gemeldete schwerwiegende Nebenwirkung war eine Exazerbation der Hepatitis nach Absetzen von Bulevirtid, die möglicherweise mit einem Virus-Rebound nach Absetzen der Behandlung im Zusammenhang stand.

Wechselwirkungen

Bei der Therapie mit Bulevirtid können bei gleichzeitiger Anwendung folgender Verbindungen Wechselwirkungen auftreten:

  • Inhibitoren oder Substrate des Natriumtaurocholat-kotransportierenden Polypeptids (NTCP): In vitro wurde gezeigt, dass bestimmte Arzneimittel das Ziel von Bulevirtid, NTCP, inhibieren können. Die gleichzeitige Anwendung dieser Arzneimittel (z. B. Sulfasalazin, Irbesartan, Ezetimib, Ritonavir und Ciclosporin A) wird nicht empfohlen. Als Vorsichtsmaßnahme ist eine engmaschige klinische Überwachung angezeigt, wenn NTCP-Substrate (z. B. Estron-3-sulfat, Fluvastatin, Atorvastatin, Pitavastatin, Pravastatin, Rosuvastatin und Schilddrüsenhormone) gleichzeitige mit Bulevirtid angewendet werden. Nach Möglichkeit ist die gleichzeitige Anwendung dieser Substrate zu vermeiden.
  • Inhibition von OATP1B1/3-Transportern: Als Vorsichtsmaßnahme ist eine engmaschige klinische Überwachung angezeigt, wenn OATP1B1/3-Substrate (z. B. Atorvastatin, Bosentan, Docetaxel, Fexofenadin, Glecaprevir, Glyburid (Glibenclamid), Grazoprevir, Nateglinid, Paclitaxel, Paritaprevir, Pitavastatin, Pravastatin, Repaglinid, Rosuvastatin, Simeprevir, Simvastatin, Olmesartan, Telmisartan, Valsartan, Voxilaprevir) gleichzeitig angewendet werden. Nach Möglichkeit ist die gleichzeitige Anwendung dieser Wirkstoffe zu vermeiden.
  • CYP3A4-Substrate mit geringer therapeutischer Breite: Als Vorsichtsmaßnahme ist eine engmaschige klinische Überwachung für gleichzeitig angewendete Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite angezeigt, die empfindliche CYP3A4-Substrate sind (z. B. Ciclosporin, Carbamazepin, Simvastatin, Sirolimus und Tacrolimus).

Kontraindikationen

Bulevirtid darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff.

Schwangerschaft

Bisher liegen keine oder nur begrenzte Daten zur Anwendung von Bulevirtid bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien lassen nicht auf direkte oder indirekte schädliche Auswirkungen in Bezug auf die Reproduktionstoxizität schließen. Als Vorsichtsmaßnahme wird empfohlen, die Anwendung von Bulevirtid während der Schwangerschaft sowie bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Verhütung anwenden, zu vermeiden.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Bulevirtid beim Menschen in die Muttermilch übergeht. Daher sollte die Entscheidung, ob gestillt/abgestillt oder ob die Therapie mit Bulevirtid abgesetzt/nicht angewendet werden soll, unter Berücksichtigung der Vorteile des Stillens für das Kind im Vergleich zum Nutzen der Therapie für die Mutter getroffen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Bulevirtid hat geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, da während der Behandlung mit Bulevirtid über Schwindelgefühl berichtet wurde.

Wirkstoff-Informationen

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1 Präparate mit Bulevirtid