Canakinumab
Canakinumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der sich gegen das Zytokin Interleukin-1-beta (IL-1ß) richtet und für die Behandlung periodischer Fiebersyndrome, des Still-Syndroms sowie von Gichtarthritis zugelassen ist. IL-1ß wirkt als pro-inflammatorisches Zytokin entzündungsfördernd.
Canakinumab : Übersicht
Anwendung
Der humane monoklonale Antikörper Canakinumab ist bisher für folgende Indikationsgebiete zugelassen:
Periodische Fiebersyndrome
Canakinumab wird bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 2 Jahren für die Behandlung dieser autoinflammatorischen periodischen Fiebersyndrome angewendet:
Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome (CAPS), darunter:
- Muckle-Wells-Syndrom (MWS)
- Multisystemische entzündliche Erkrankung mit Beginn im Neugeborenenalter (neonatal-onset multisystem inflammatory disease, NOMID)/Chronisches infantiles neuro-dermo-artikuläres Syndrom (chronic infantile neurological, cutaneous, articular syndrome, CINCA)
- Schwere Formen des familiären autoinflammatorischen Kältesyndroms (familial cold autoinflammatory syndrome, FCAS)/Familiäre Kälteurtikaria (familial cold urticaria, FCU) mit
- Anzeichen und Symptomen, die über einen kälteinduzierten urtikariellen Hautausschlag hinausgehen.
- Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom (TRAPS)
- Hyperimmunoglobulin-D-Syndrom (HIDS)/Mevalonatkinase-Defizienz (MKD)
- Familiäres Mittelmeerfieber (FMF) ggf. in Kombination mit Colchicin
Still-Syndrom
- Canakinumab wird für die Behandlung des aktiven Still-Syndroms einschließlich des adulten Still-Syndroms (adult-onset Still’s disease, AOSD) und der systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (SJIA) bei Patienten ab 2 Jahren angewendet, die auf bisherige Therapien mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) und systemischen Kortikosteroiden nur unzureichend angesprochen haben.
- Canakinumab kann als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat verabreicht werden.
Gichtarthritis
- Canakinumab wird zur symptomatischen Behandlung von erwachsenen Patienten mit häufigen Gichtanfällen (mindestens 3 Anfälle in den vorangegangen 12 Monaten) angewendet, bei denen nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) und Colchicin kontraindiziert oder nicht verträglich sind oder keine ausreichende Wirkung zeigen und für die wiederholte Behandlungszyklen mit Kortikosteroiden nicht infrage kommen.
Das pro-inflammatorische Zytokin IL-1β spielt auch in der Pathogenese anderer Erkrankungen wie Atherosklerose eine zu berücksichtigende Rolle, weshalb sich die Indikationsgebiete von Canakinumab in Zukunft erweitern könnten.
Anwendungsart
Canakinumab ist in folgenden Darreichungsformen erhältlich:
- Injektionslösung (150 mg/mL)
- Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung (150 mg)
Canakinumab ist als subkutane (s.c.) Injektion vorgesehen. Dafür sind Oberschenkel, Bauch, Oberarm oder Gesäß als Injektionsstellen geeignet. Bei CAPS, TRAPS, HIDS/MKD, FMF und Still-Syndrom sollte die Behandlung von einem spezialisierten, in der Diagnose und Behandlung der relevanten Indikation erfahrenen Arzt eingeleitet und überwacht werden.
Bei Gichtarthritis sollte der Arzt in der Anwendung von Biologika erfahren sein. Canakinumab sollte generell von medizinischem Fachpersonal appliziert werden, wobei nach einer sorgfältigen Einweisung in die korrekte Injektionstechnik die Patienten oder ihre Betreuungspersonen Canakinumab selbstständig applizieren können (sofern der Arzt dies für angebracht hält und ggf. eine medizinische Nachsorge erfolgt).
Um Schmerzen an der Einstichstelle zu vermeiden, wird empfohlen, für jede Applikation eine unterschiedliche Injektionsstelle zu wählen. Geschädigte Haut oder Areale, die verletzt sind oder einen Ausschlag aufweisen, sollten vermieden werden. Zudem ist eine Injektion in Narbengewebe zu vermeiden, da es zu einer unzureichenden Canakinumab-Exposition kommen könnte.
Jede Durchstechflasche ist zum einmaligen Gebrauch bei einem Patienten für eine Dosis bestimmt.
Wirkmechanismus
Canakinumab ist ein vollständig humaner monoklonaler IgG1/κ-Antikörper, was die Endung „umab“ symbolisiert. Canakinumab bindet spezifisch an das pro-inflammatorische Zytokin Interleukin-1-beta (IL-1β) und neutralisiert dieses. Infolgedessen wird eine Interaktion zwischen IL-1β und dem IL-1-Rezeptor unterbunden und damit einhergehend die Expression weiterer Entzündungsmediatoren.
Periodische Fiebersyndrome sind mit einer unkontrollierten Überproduktion von IL-1β assoziiert, was das klinische Ansprechen von Canakinumab bei diesen Erkrankungen erklärt.
Das adulte Still-Syndrom und die systemische juvenile idiopathische Arthritis sind schwerwiegende auto-inflammatorische Erkrankungen, die hauptsächlich durch das angeborene Immunsystem und pro-inflammatorische Zytokine einschließlich IL-1β vermittelt werden.
Ein Gichtanfall wird durch Uratkristalle (Mononatriumurat-Monohydrat) in den Gelenken und dem umgebenden Gewebe verursacht. Diese Uratkristalle tragen dazu bei, dass in residenten Makrophagen über den NLRP3 bzw. NALP3 Inflammasom Komplex biologisch aktives IL-1β aus pro-IL-1β gebildet wird (Caspase-1-vermittelt). Die Aktivierung von Makrophagen und die gleichzeitige Überproduktion von IL-1β bewirken eine akute schmerzhafte Entzündungsreaktion. Darüber hinaus können andere Aktivatoren des angeborenen Immunsystems, die beispielsweise Toll-like Rezeptoren (TLR) aktivieren, zur transkriptionellen Aktivierung des IL-1-beta-Gens beitragen und einen Gichtanfall auslösen.
Pharmakokinetik
Das pharmakokinetische Profil von Canakinumab kann patientenindividuell in Abhängigkeit der zugrundeliegenden Erkrankung variieren. Die folgenden pharmakokinetischen Daten beziehen sich auf CAPS-Patienten.
Resorption
- Bei erwachsenen CAPS-Patienten stellen sich ungefähr 7 Tage nach einer einmaligen subkutanen Gabe von 150 mg Spitzenkonzentrationen von Canakinumab im Serum (cmax) ein.
- Mittelwerte für die cmax und AUCinf nach subkutaner Applikation einer Einzeldosis von 150 mg bei einem typischen erwachsenen CAPS-Patienten (70 kg) betragen 15,9 μg/mL bzw. 708 μg*d/mL.
- Die absolute Bioverfügbarkeit von subkutan appliziertem Canakinumab wird auf 66% geschätzt.
- Die Expositionsparameter (wie z.B. AUC und cmax) steigen innerhalb eines Dosisbereichs von 0,30 bis 10,0 mg/kg bei der Applikation als intravenöse Infusion bzw. von 150 bis 600 mg als subkutane Injektion proportional zur Dosis an.
- Die Werte der prognostizierten Steady-State-Exposition (cmin,ss, cmax,ss, AUCss,8w) nach subkutaner Gabe von 150 mg (bzw. 2 mg/kg) alle 8 Wochen sind etwas höher in der Gewichtsklasse 40-70 kg (6,6 μg/mL, 24,3 μg/mL, 767 μg*d/mL) im Vergleich zu den Gewichtsklassen < 40 kg (4,0 μg/mL, 19,9 μg/mL, 566 μg*d/mL) und > 70 kg (4,6 μg/mL, 17,8 μg/mL, 545 μg*d/mL).
- Das zu erwartende Akkumulationsverhältnis beläuft sich nach 6-monatiger subkutaner Gabe von 150 mg Canakinumab alle 8 Wochen auf das 1,3-Fache.
Verteilung
- Canakinumab bindet an Serum-IL-1-beta.
- Das Verteilungsvolumen (Vss) von Canakinumab variiert abhängig vom Körpergewicht (bei einem CAPS-Patienten mit einem Körpergewicht von 70 kg wird es auf 6,2 Liter geschätzt).
Elimination
- Die mittlere terminale Halbwertszeit beläuft sich auf etwa 26 Tage.
- Die apparente Clearance (CL/F) von Canakinumab nimmt mit dem Körpergewicht zu (sie wird auf 0,17 L/Tag bei CAPS-Patienten mit einem Körpergewicht von 70 kg und 0,11 L/Tag bei einem SJIA-Patienten mit einem Körpergewicht von 33 kg geschätzt).
- Nach Korrektur für das Körpergewicht sind keine klinisch signifikanten Unterschiede bei den pharmakokinetischen Eigenschaften von Canakinumab zwischen CAPS- und SJIA-Patienten zu beobachten.
- Nach wiederholter Anwendung deutet nichts auf eine beschleunigte Clearance oder zeitabhängige Veränderung der pharmakokinetischen Eigenschaften von Canakinumab hin.
- Nach Korrektur für das Körpergewicht sind keine geschlechts- oder altersspezifischen pharmakokinetischen Unterschiede zu beobachten.
Pharmakokinetik bei Kindern und Jugendlichen
-
Bei pädiatrischen Patienten im Alter von 4 Jahren oder älter werden 2 bis 7 Tage (tmax) nach einmaliger subkutaner Gabe von 150 mg bzw. 2 mg/kg Canakinumab Spitzenkonzentrationen von Canakinumab verzeichnet.
-
Die terminale Halbwertszeit bewegt sich in einem Bereich von 22,9 bis 25,7 Tagen (d.h. die pharmakokinetischen Eigenschaften sind ähnlich wie bei Erwachsenen).
-
Basierend auf der Analyse der Populations-Pharmakokinetik-Modellierung ist die Pharmakokinetik von Canakinumab bei Kindern im Alter von 2 bis < 4 Jahren ähnlich der bei Patienten von 4 Jahren und älter.
-
Es wird angenommen, dass die subkutane Resorptionsrate mit dem Alter abnimmt (sie ist offenbar bei den jüngsten Patienten am größten).
-
Dementsprechend ist tmax (3,6 Tage) bei jüngeren SJIA-Patienten (2-3 Jahre) kürzer im Vergleich zu älteren SJIA-Patienten (12-19 Jahre, tmax 6 Tage).
-
Die Bioverfügbarkeit (AUCss) ist nicht beeinflusst.
-
Eine zusätzliche pharmakokinetische Analyse zeigt, dass die Pharmakokinetik von Canakinumab bei 6 pädiatrischen CAPS-Patienten im Alter von unter 2 Jahren vergleichbar mit der Pharmakokinetik von Patienten im Alter von 2 bis 4 Jahren ist.
-
Basierend auf der Analyse der Populations-Pharmakokinetik-Modellierung ist die erwartete Exposition nach einer Dosis von 2 mg/kg vergleichbar mit derjenigen der pädiatrischen Altersgruppe bei CAPS.
-
Die Exposition bei pädiatrischen Patienten mit einem sehr geringen Körpergewicht (z.B. 10 kg) ist ca. 40% geringer als bei erwachsenen Patienten (150 mg Dosis), was sich mit den Beobachtungen einer höheren Exposition in den höheren Gewichtsgruppen bei CAPS-Patienten deckt.
-
Bei TRAPS, HIDS/MKD und FMF waren die Expositionsparameter (Talkonzentrationen) nach subkutaner Verabreichung von Canakinumab 2 mg/kg alle 4 Wochen in allen Altersgruppen von 2 bis < 20 Jahren vergleichbar.
-
Die pharmakokinetischen Eigenschaften sind in den pädiatrischen CAPS-, TRAPS-, HIDS-/MKD-, FMF- und SJIA-Populationen ähnlich.
Dosierung
Die Dosierung von Canakinumab richtet sich nach der Erkrankung sowie patientenindividuellen Faktoren (Alter, Gewicht).
CAPS
Empfohlene Anfangsdosis für Erwachsene, Jugendliche und Kinder ≥ 4 Jahre:
- 150 mg bei Patienten mit einem Körpergewicht von > 40 kg
- 2 mg/kg bei Patienten mit einem Körpergewicht von ≥ 15 kg und ≤ 40 kg
- 4 mg/kg bei Patienten mit einem Körpergewicht von ≥ 7,5 kg und < 15 kg
Empfohlene Anfangsdosis für Kinder von 2 bis < 4 Jahren:
- 4 mg/kg bei Patienten mit einem Körpergewicht von ≥ 7,5 kg
Diese Dosis wird alle acht Wochen als Einzeldosis in Form einer subkutanen Injektion appliziert.
Patienten mit einer Anfangsdosis von 150 mg oder 2 mg/kg:
-
Wenn 7 Tage nach Behandlungsbeginn noch kein zufriedenstellendes klinisches Ansprechen (vollständiger Rückgang des
Hautausschlags und anderer allgemeiner Entzündungssymptome) erzielt wurde, kann eine zweite Gabe von 150 mg bzw. 2 mg/kg Canakinumab in Erwägung gezogen werden. - Wurde anschließend ein vollständiges Ansprechen auf die Behandlung erreicht, sollte das intensivierte Dosierungsregime von 300 mg oder 4 mg/kg alle 8 Wochen beibehalten werden.
- Wenn ein zufriedenstellender Behandlungserfolg nicht innerhalb von 7 Tagen nach dieser erhöhten Dosis erzielt wurde, kann eine dritte Gabe von Canakinumab 300 mg oder 4 mg/kg erwogen werden.
-
Wenn anschließend ein vollständiges Ansprechen auf diese Behandlung erreicht wird, sollte auf Basis der individuellen klinischen Einschätzung in Betracht gezogen werden, ob das intensivierte Dosierungsregime von
600 mg oder 8 mg/kg alle 8 Wochen aufrechterhalten wird.
Patienten mit einer Anfangsdosis von 4 mg/kg:
- Wenn bei Patienten mit einer Anfangsdosis von 4 mg/kg kein zufriedenstellender Behandlungserfolg innerhalb von 7 Tagen nach Behandlungsbeginn erzielt wird, kann eine zweite Gabe von Canakinumab 4 mg/kg erwogen werden.
- Wenn anschließend ein vollständiges Ansprechen auf diese Behandlung erreicht wird, sollte auf Basis der individuellen klinischen Einschätzung in Betracht gezogen werden, ob das intensivierte Dosierungsregime von 8 mg/kg alle 8 Wochen aufrechterhalten wird.
- Die klinische Erfahrung mit Dosierungsintervallen von weniger als 4 Wochen oder mit Dosen von über 600 mg oder 8 mg/kg ist begrenzt.
TRAPS, HIDS/MKD und FMF
Empfohlene Anfangsdosis für Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 2 Jahren:
- 50 mg bei Patienten mit einem Körpergewicht von > 40 kg
- 2 mg/kg bei Patienten mit einem Körpergewicht von ≥ 7,5 kg und ≤ 40 kg
Diese Dosis wird alle vier Wochen als Einzeldosis in Form einer subkutanen Injektion appliziert.
Wenn 7 Tage nach Behandlungsbeginn noch kein zufriedenstellendes klinisches Ansprechen erzielt wurde, kann eine zweite Gabe von 150 mg bzw. 2 mg/kg Canakinumab in Erwägung gezogen werden. Wurde anschließend ein vollständiges Ansprechen auf die Behandlung erreicht, sollte das intensivierte Dosierungsregime von 300 mg (oder 4 mg/kg bei Patienten mit einem Körpergewicht von ≤ 40 kg) alle 4 Wochen beibehalten werden.
Bei Patienten ohne eine klinische Besserung sollte eine Fortsetzung der Behandlung mit Canakinumab vom behandelnden Arzt überprüft werden.
Still-Syndrom (SJIA und AOSD)
- Die empfohlene Dosis von Canakinumab für Patienten mit Still-Syndrom mit einem Körpergewicht ≥ 7,5 kg ist 4 mg/kg (bis zum Maximum von 300 mg), verabreicht alle vier Wochen via subkutaner Injektion.
- Bei Patienten ohne eine klinische Besserung sollte eine Fortsetzung der Behandlung mit Canakinumab vom behandelnden Arzt überprüft werden.
Gichtarthritis
- Zur Behandlung der Hyperurikämie ist eine entsprechende harnsäuresenkende Therapie (urate lowering therapy, ULT) einzuleiten oder zu optimieren. Canakinumab sollte als Bedarfstherapie zur Behandlung von Gichtanfällen eingesetzt werden.
- Bei Erwachsenen mit Gichtarthritis beträgt die empfohlene Dosis von Canakinumab 150 mg und wird während eines Anfalls als Einzeldosis subkutan verabreicht.
- Zur Erzielung der bestmöglichen Wirkung sollte Canakinumab so rasch wie möglich nach Beginn eines Gichtanfalls verabreicht werden.
- Patienten, die nicht auf die initiale Behandlung ansprechen, sollten nicht erneut mit Canakinumab behandelt werden.
- Bei Patienten, die auf die Behandlung ansprechen und eine wiederholte Behandlung benötigen, sollte der zeitliche Abstand bis zur erneuten Verabreichung von Canakinumab mindestens 12 Wochen betragen.
- Im Indikationsgebiet Gichtarthritis gibt es keinen relevanten Nutzen von Canakinumab bei Kindern und Jugendlichen.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen unter einer Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Canakinumab sind Infektionen der (vorwiegend oberen) Atemwege.
Weitere häufige Nebenwirkungen umfassen:
- Ohrinfektionen
- Cellulitis
- Gastroenteritis
- Harnwegsinfektionen
- Vulvovaginale Candidiasis
- Schwindel/Vertigo
- Oberbauchbeschwerden
- Reaktionen an der Injektionsstelle
- Gelenk- und Rückenschmerzen
- Schmerzen der Skelettmuskulatur
- Erschöpfung/Asthenie
- Verminderte renale Kreatininclearance
- Proteinurie
- Leukopenie
- Neutropenie
Wechselwirkungen
Bei Anwendung von Canakinumab müssen folgende Wechselwirkungen beachtet werden:
- TNF-Inhibitoren: Auftreten schwerwiegender Infektionen möglich.
- CYP450-Substrate: CYP450-Expressionkann durch potente Zytokin-Hemmer wie Canakinumab gesteigert werden. Dies ist klinisch relevant bei CYP450-Substraten mit einer geringen therapeutischen Breite, bei denen die Dosierung individuell angepasst wird.
- Lebendimpfstoffe: Während der Behandlung mit Canakinumab sollten keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden, sofern der Nutzen die Risiken nicht klar überwiegt. Falls eine Impfung mit Lebendimpfstoffen nach dem Beginn der Behandlung mit Canakinumab indiziert ist, wird empfohlen, mindestens 3 Monate nach der letzten und vor der nächsten Canakinumab-Injektion abzuwarten.
Kontraindikationen
Canakinumab darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Aktiven, schweren Infektionen
Schwangerschaft
Frauen, die schwanger sind oder schwanger werden möchten, sollten nur nach einer gründlichen Nutzen-Risiko-Abwägung mit Canakinumab behandelt werden. Tierexperimentelle Studien weisen darauf hin, dass Canakinumab plazentagängig und im Fetus nachweisbar ist. Es liegen keine Humandaten vor, da Canakinumab jedoch ein Immunglobulin der Klasse G (IgG1) ist, wird von einer Plazentagängigkeit beim Menschen ausgegangen. Die klinischen Folgen hiervon sind unbekannt. Jedoch wird empfohlen, Neugeborenen, die in utero Canakinumab ausgesetzt waren, bis zu einer Dauer von 16 Wochen nach der letzten Canakinumab-Dosis der Mutter vor der Geburt, keine Lebendimpfstoffe zu verabreichen.
Frauen, die während der Schwangerschaft mit Canakinumab behandelt wurden, sollten angewiesen werden, den Kinderarzt vor jeder Impfung des neugeborenen Kindes hierüber zu informieren.
Stillzeit
Es ist unbekannt, ob Canakinumab beim Menschen in die Muttermilch übergeht. Die Entscheidung, während der Behandlung mit Canakinumab zu stillen, sollte daher erst nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung getroffen werden.
Tierexperimentelle Studien haben gezeigt, dass ein muriner Anti-Murin-IL-1-beta-Antikörper keine unerwünschten Wirkungen auf die Entwicklung von gesäugten Mäuse-Jungtieren besaß und dass der Antikörper auf diese übertragen wurde.
Verkehrstüchtigkeit
Canakinumab hat geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, da es zu Schwindel/Vertigo oder Asthenie kommen kann. Patienten, die unter der Behandlung an solchen Symptomen leiden, sollten abwarten, bis sich diese Beschwerden vollständig legen, bevor sie motorisierte Verkehrsmittel fahren oder Maschinen bedienen.
Anwendungshinweise
Infektionen
- Canakinumab ist mit einem vermehrten Auftreten von schwerwiegenden Infektionen verbunden, weshalb die Patienten während und nach der Behandlung mit Canakinumab sorgfältig hinsichtlich Anzeichen und Symptomen von Infektionen überwacht werden sollten.
- Ärzte sollten Canakinumab bei Patienten mit Infektionen, wiederkehrenden Infektionen in der Anamnese oder Grunderkrankungen, die für Infektionen prädisponieren, vorsichtig anwenden.
- Behandlung von CAPS, TRAPS, HIDS/MKD, FMF und Still-Syndrom (SJIA und AOSD): Während einer aktiven behandlungsbedürftigen Infektion sollte die Behandlung mit Canakinumab nicht eingeleitet oder fortgeführt werden.
- Behandlung der Gichtarthritis: Canakinumab sollte nicht während einer aktiven Infektion und gleichzeitig mit Tumor-Nekrose-Faktor-(TNF)-Inhibitoren angewendet werden, da sich dadurch das Risiko für schwerwiegende Infektionen erhöhen könnte.
- Es wurde während der Behandlung mit Canakinumab über vereinzelte Fälle von ungewöhnlichen oder opportunistischen Infektionen (einschließlich Aspergillose, atypische mykobakterielle Infektionen, Herpes zoster) berichtet (ein kausaler Zusammenhang dieser Ereignisse mit Canakinumab kann nicht ausgeschlossen werden).
Tuberkulose-Screening
- Bei rund 12% der CAPS-Patienten, die sich in klinischen Studien einem PPD (purified protein derivative) Hauttest unterzogen haben, ergab sich während der Verlaufskontrollen unter Behandlung mit Canakinumab ein positives Testergebnis ohne klinische Hinweise auf eine latente oder aktive Tuberkuloseinfektion.
- Es ist nicht bekannt, ob die Verwendung von Interleukin-1 (IL-1) Inhibitoren wie Canakinumab das Risiko der Reaktivierung von Tuberkulose erhöht.
- Vor Beginn der Therapie müssen alle Patienten sowohl auf aktive als auch latente Tuberkulose-Infektionen untersucht werden (insbesondere bei erwachsenen Patienten sollte diese Untersuchung eine detaillierte Anamnese beinhalten).
- Angemessene Screening-Tests (z.B. Tuberkulin-Hauttest, Interferon Gamma-Release-Test oder Röntgen der Brust) sollten bei allen Patienten durchgeführt werden (nationale Empfehlungen sollten befolgt werden).
- Patienten müssen engmaschig auf Anzeichen und Symptome einer Tuberkulose während und nach der Behandlung mit Canakinumab überwacht werden.
-
Alle Patienten sollten angewiesen werden, medizinischen Rat einzuholen, wenn Anzeichen oder Symptome von Tuberkulose (z.B. anhaltender
Husten, Gewichtsverlust, subfebrile Temperatur) während der Canakinumab-Therapie auftreten. - Falls es zu einer Umwandlung des PPD-Testergebnisses von negativ zu positiv kommt, sollten andere Verfahren für einen Test auf Tuberkulose in Betracht gezogen werden, insbesondere bei Hochrisikopatienten.
Neutropenie und Leukopenie
- Neutropenie (absolute Anzahl von neutrophilen Granulozyten [ANC] < 1,5 x 109/L) und Leukopenie wurden bei Gabe von Arzneimitteln beobachtet, die IL-1 inhibieren (einschließlich Canakinumab).
- Die Behandlung mit Canakinumab sollte bei Patienten mit Neutropenie oder Leukopenie nicht begonnen werden.
- Es wird empfohlen, die Anzahl an Leukozyten einschließlich neutrophiler Granulozyten vor Behandlungsbeginn und erneut nach 1 bis 2 Monaten zu untersuchen.
- Im Rahmen von Langzeit- oder wiederholten Therapien wird ebenfalls dazu geraten, während der Behandlung die Anzahl an Leukozyten in periodischen Abständen zu untersuchen.
- Wenn ein Patient neutropenisch oder leukopenisch wird, sollte die Leukozytenzahl engmaschig überwacht werden und ein Behandlungsabbruch sollte erwogen werden.
Maligne Erkrankungen
- Maligne Erkrankungen wurden bei Patienten gemeldet, die mit Canakinumab behandelt wurden.
- Das Risiko der Entwicklung von malignen Erkrankungen in Zusammenhang mit einer Anti-Interleukin-(IL-)1-Therapie ist unbekannt.
Überempfindlichkeitsreaktionen
- Unter Canakinumab-Therapie können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten (mehrheitlich in leichter Ausprägung).
- Während der klinischen Entwicklung von Canakinumab wurde über keine anaphylaktoiden oder anaphylaktischen Reaktionen, die auf die Behandlung mit Canakinumab zurückzuführen sind, berichtet (> 2600 Patienten).
- Das Risiko von schweren Überempfindlichkeitsreaktionen, die im Fall injizierbarer Proteine nicht ungewöhnlich sind, lässt sich jedoch nicht ausschließen.
Leberfunktion
- In klinischen Studien wurden Fälle von vorübergehenden und asymptomatischen Erhöhungen der Serumtransaminasen oder des Bilirubins berichtet.
Impfungen
- Es gibt keine Daten zum Risiko einer sekundären Übertragung einer Infektion mit (abgeschwächten) Lebendimpfstoffen bei Patienten, die Canakinumab erhielten (deshalb sollte während der Behandlung mit Canakinumab keine Lebendimpfstoffe angewendet werden sollten, sofern der Nutzen die Risiken nicht klar überwiegt).
- Vor Beginn einer Canakinumab-Therapie wird empfohlen, dass Erwachsene, Kinder und Jugendliche alle Impfungen, einschließlich Pneumokokken-Impfung und Impfung mit inaktiviertem Influenza-Impfstoff, erhalten.
Makrophagenaktivierungssyndrom bei Patienten mit Still-Syndrom (SJIA und AOSD)
- Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) ist ein bekanntes, lebensbedrohliches Krankheitsbild, das bei Patienten mit rheumatischen Leiden, insbesondere dem Still-Syndrom, entstehen kann.
- Wenn MAS auftritt oder vermutet wird, sollte die Untersuchung und Behandlung so früh wie möglich begonnen werden.
- Ärzte sollten gegenüber Infektions-Symptomen oder der Verschlechterung des Still-Syndroms aufmerksam sein, da diese bekannte Auslöser für MAS sind.
- Aufgrund der Erfahrung aus klinischen Studien scheint Canakinumab die Inzidenz von MAS bei Patienten mit Still-Syndrom nicht zu erhöhen (eine definitive Schlussfolgerung ist jedoch nicht möglich).
Arzneimittelwirkung mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS)
- Arzneimittelwirkung mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS) wurde bei Patienten, die mit Canakinumab behandelt wurden, vor allem bei Patienten mit systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (sJIA), selten berichtet.
- Patienten mit DRESS müssen unter Umständen ins Krankenhaus eingewiesen werden, da diese Erkrankung tödlich verlaufen kann.
- Wenn Anzeichen und Symptome von DRESS auftreten und keine alternative Ätiologie festgestellt werden kann, sollte Canakinumab nicht mehr appliziert und eine andere Behandlung in Betracht gezogen werden.
Alternativen
Die Therapiealternativen richten sich nach dem jeweiligen Indikationsgebiet und sind darüber hinaus abhängig von patientenindividuellen Faktoren wie dem Alter der Patienten, Begleitmedikationen bzw. Begleiterkrankungen sowie dem Schweregrad der Erkrankung.
Periodische Fiebersyndrome
Eine gezielte IL-1-Signalblockade ist essenziell für die Behandlung von autoinflammatorischen periodischen Fiebersyndromen.
Folgende Wirkstoffe adressieren ebenfalls die IL-1-Signalkaskade:
- Anakinra (IL-1-Rezeptorantagonist)
- Rilonacept (Fusionsprotein, das IL-1α und IL-1β bindet)
Still-Syndrom
- NSAIDs wie Ibuprofen und Naproxen
- Glucocorticoide wie Prednison und Prednisolon
- Konventionelle synthetische DMARDs wie Methotrexat und Sulfasalazin
- Biologische DMARDs wie Etanercept und Adalimumab
Gichtarthritis
- Gruppenprofil Gicht-Therapeutika
- EMA: Fachinformation Canakinumab
- EMA: Fachinformation Rilonacept
- AWMF: S2k-Leitlinie Therapie der Juvenilen Idiopathischen Arthritis (2019)
- Freissmuth et al., Pharmakologie und Toxikologie, 2020, Springer
- Mutschler et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen, 2019, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- Adriana A. Jesus and Raphaela Goldbach-Mansky. IL-1 blockade in autoinflammatory syndromes. Annual review of medicine vol. 65 (2014): 223-44. doi:10.1146/annurev-med-061512-150641
-
Ilaris 150 mg/ml Abacus Injektionslösung
Abacus Medicine A/S
-
Ilaris 150 mg/ml axicorp Injektionslösung
axicorp Pharma B.V.
-
Ilaris 150 mg/ml Eurim Injektionslösung
Eurim-Pharm Arzneimittel GmbH
-
Ilaris® 150 mg/ml Injektionslösung
Novartis Pharma GmbH
-
Ilaris 150 mg/ml kohlpharma Injektionslösung
kohlpharma GmbH
-
Ilaris 150 mg/ml Orifarm Injektionslösung
Orifarm GmbH
-
Ilaris 150 mg/ml Paranova Injektionslösung
Paranova Pack A/S