Cemiplimab
Der Antikörper Cemiplimab gehört zur pharmakologischen Klasse der Immunonkologika und wird angewendet zur Behandlung des metastasierten und lokal fortgeschrittenen kutanem Plattenepithelkarzinom. Das Medikament ist gegen den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-1 gerichtet und verstärkt die T-Zell-Antwort.
Cemiplimab: Übersicht
Anwendung
Cemiplimab wird als Monotherapie angewendet zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem kutanem Plattenepithelkarzinom, die für eine kurative Operation oder kurative Strahlentherapie nicht in Betracht kommen.
Das Plattenepithelkarzinom ist nach dem Basalzellkarzinom der zweithäufigste Hauttumor der weißen Bevölkerung. Eine chirurgische Entfernung des Tumors kann bei etwa 95 Prozent der Patienten zu einer Heilung führen. Wenn der Tumor allerdings lokal nicht mehr entfernt werden kann oder sich Metastasen gebildet haben, sind die Überlebenschancen gering. Bisher gab es keine zugelassene systemische Therapie für diese Diagnose und die Patienten wurden palliativ versorgt.
Der Antikörper wird aktuell auch bei zahlreichen anderen Krebsarten untersucht wie z. B. beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom, Melanom, kolorektales Karzinom, Prostatakarzinom, Zervixkarzinom, multiples Myelom sowie Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphom.
Anwendungsart
Cemiplimab soll als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 30 Minuten unter Verwendung eines sterilen, pyrogenfreien In-line- oder Add-on-Filters (0,2 μm bis 5 μm Porengröße) mit geringer Proteinbindung verabreicht werden.
Wirkmechanismus
Cemiplimab ist ein monoklonaler humaner IgG4 Antikörper, der an den programmed cell death-1-(PD-1-)-Rezeptor bindet und so dessen Interaktion mit PD-L1 und PD-L2 blockiert. PD-L1 und PD-L2 können auf antigenpräsentierenden Zellen und auch auf Tumorzellen und/oder anderen Zellen in der Tumor-Mikroumgebung exprimiert werden.
Die Bindung zwischen PD-1 und den Liganden PD-L1 und PD-L2 führt zu einer Unterbindung der T-Zell-Funktionen wie z. B.
- Proliferation
- Zytokinausschüttung
- zytotoxische Aktivität
Die Blockade dieser Bindung durch Cemiplimab verstärkt die T-Zell-Antwort, einschließlich der Anti-Tumor-Antwort.
Pharmakokinetik
Cemiplimab weist eine lineare und dosisproportionale Kinetik bei Dosierungsschemata von 1 mg/kg bis 10 mg/kg alle 2 Wochen und 350 mg alle 3 Wochen auf, was auf eine Sättigung des zielvermittelten Signalwegs hindeutet. Bei Dosen von 350 mg alle 3 Wochen bzw. 3 mg/kg alle 2 Wochen wurden ähnliche Expositionen gegenüber Cemiplimab beobachtet. Bei 350 mg alle 3 Wochen lag die mittlere Steady-State-Konzentration von Cemiplimab zwischen einer Cmax von 168 mg/l und einer Ctrough von 61 mg/l. Nach etwa 4-monatiger Behandlung wird die Steady-State-Exposition erreicht.
Resorption
Aufgrund der wird intravenösen Anwendung von Cemiplimab ist der Antikörper vollständig bioverfügbar.
Verteilung
Cemiplimab wird überwiegend im Gefäßsystem verteilt und weist ein Verteilungsvolumen im Steady State von 5,2 l auf.
Biotransformation
Man geht davon aus, dass Cemiplimab zu kleinen Peptiden und einzelnen Aminosäuren abgebaut wird.
Elimination
Bei Dosen von 1 mg/kg bis 10 mg/kg alle zwei Wochen wird Cemiplimab linear eliminiert. Nach der ersten Dosis liegt die Clearance von Cemiplimab bei ca. 0,33 l/Tag. Die Gesamt-Clearance scheint mit der Zeit um circa 35% abzunehmen, was zu einer Steady-State-Clearance von 0,21 l/Tag führt. Die Abnahme der Clearance wird nicht als klinisch relevant angesehen.
Die Halbwertszeit zwischen den Dosisgaben beträgt im Steady State 19,4 Tage.
Linearität/Nicht-Linearität
Bei Dosierungsschemata von 1 mg/kg bis 10 mg/kg alle 2 Wochen zeigte sich, dass die Kinetik von Cemiplimab linear und dosisproportional war, was auf eine Sättigung des zielvermittelten Signalwegs hindeutet.
Besondere Patientengruppen
Alter, Geschlecht, Körpergewicht, ethnische Herkunft, Krebsform, Albuminspiegel, leichte Leberfunktionsstörung und Nierenfunktionsstörung scheinen keine klinisch signifikante Auswirkung auf die Exposition gegenüber Cemiplimab zu haben.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 350 mg Cemiplimab alle 3 Wochen und soll als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 30 Minuten verabreicht werden. Die Behandlung kann bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer nicht mehr akzeptablen Toxizität fortgesetzt werden.
Ausführliche Richtlinien zur Behandlung immunvermittelter Nebenwirkungen können der Fachinformation entnommen werden.
Nebenwirkungen
Unter der Anwendung von Cemiplimab kam es sehr häufig (≥ 1/10) zu:
- Diarrhö
- Pruritus
- Fatigue
Bei 20,1% der mit Cemiplimab in klinischen Studien behandelten Patienten traten immunvermittelte Nebenwirkungen auf, welche bei 4,4% der Patienten zu einem dauerhaften Absetzen von Cemiplimab führten.
Die häufigsten immunvermittelten Nebenwirkungen waren:
- Hypothyreose (7,1%)
- Pneumonitis (3,7%)
- immunvermittelte Nebenwirkungen der Haut (2,0%)
- Hyperthyreose (1,9%)
- Hepatitis (1,9%)
Weiterhin sind schwere kutane Nebenwirkungen (SCARs), einschließlich Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und toxischer epidermaler Nekrolyse (TEN) im Zusammenhang mit der Cemiplimab-Behandlung beschrieben worden.
Wechselwirkungen
Es wurden keine pharmakokinetischen Studien zur Erfassung von Arzneimittelwechselwirkungen mit Cemiplimab durchgeführt. Aufgrund möglicher Beeinträchtigungen der pharmakodynamischen Aktivität und der Wirksamkeit von Cemiplimab sollte eine systemische Anwendung von Kortikosteroiden oder Immunsuppressiva vor Therapiebeginn mit Cemiplimab, außer physiologische Dosen systemischer Kortikosteroide (≤ 10 mg/Tag Prednison oder Äquivalent) vermieden werden. Nach Beginn der Therapie mit Cemiplimab können systemische Kortikosteroide oder andere Immunsuppressiva jedoch zur Behandlung von immunvermittelten Nebenwirkungen angewendet werden.
Kontraindikation
Cemiplimab darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff.
Schwangerschaft
Bisher liegen keine Erfahrungen von der Anwendung von Cemiplimab bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben gezeigt, dass die Hemmung des PD-1/PD-L1-Signalwegs das Risiko einer immunvermittelten Abstoßung des sich entwickelnden Fötus erhöht und zum Tod des Fötus führen kann. Die Anwendung von Cemiplimab während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden, wird deshalb nicht empfohlen, es sei denn der klinische Nutzen überwiegt das potenzielle Risiko.
Stillzeit
Da Antikörper (einschließlich IgG4) bekanntermaßen in die Muttermilch ausgeschieden werden, kann ein Risiko für das gestillte Neugeborene/Kind nicht ausgeschlossen werden. Während der Behandlung mit Cemiplimab und mindestens 4 Monate nach der letzten Dosis darf deshalb nicht gestillt werden
Verkehrstüchtigkeit
Cemiplimab hat keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Allerdings kann die Behandlung mit Cemiplimab zu Fatigue führen, die Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben kann.
Anwendungshinweise
Immunvermittelte Nebenwirkungen
Unter der Anwendung von Cemiplimab wurden schwere und tödlich verlaufende immunvermittelte Nebenwirkungen beobachtet, die jedes Organsystem betreffen können. Die meisten dieser immunvermittelten Reaktionen treten bereits während der Behandlung mit Cemiplimab auf, können aber auch nach dem Absetzen auftreten.
Immunvermittelte Nebenwirkungen sollen durch Anpassungen der Cemiplimab-Behandlung, mit einer Hormonersatztherapie (falls klinisch indiziert) und mit Kortikosteroiden behandelt werden. Je nach Schweregrad der Nebenwirkung muss die Behandlung mit Cemiplimab vorübergehend unterbrochen oder dauerhaft abgesetzt werden.
Alternativen
Cemiplimab ist nach Pembrolizumab und Nivolumab der dritte verfügbare PD-1-Antikörper. Seine Indikation unterscheidet sich aber von denen der beiden anderen.
Für Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem kutanem Plattenepithelkarzinom bestand die Therapie bislang in Chemo- und EGFR-Inhibitor-Therapien, die in dieser Situation oft nicht sehr wirksam sind.
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation: Libtayo
- G-BA: Dossier zur Nutzenbewertunggemäß § 35a SGB V
- Trillium Krebsmedizin: Kutanes Plattenepithelkarzinom (cSCC): Checkpoint-Blockade mit Cemiplimab vielversprechend