Chlorpromazin
Chlorpromazin ist ein trizyklischen Phenothiazinderivat aus der Gruppe der mittelstarken typischen Neuroleptika bzw. Antipsychotika gehört und zur Behandlung von psychotischen Störungen wie der Schizophrenie eingesetzt wird.
Chlorpromazin: Übersicht

Anwendung
Chlorpromazin ist ein Medikament zur Behandlung von Schizophrenie, bipolarer Störung und akuter Psychose. Es gehört zur Gruppe der typischen Antipsychotika oder Neuroleptika der ersten Generation.
Andere Anwendungsgebiete umfassen die Behandlung von bipolaren Störungen, Übelkeit, Erbrechen und Angstzustände.
Anwendungsart
Chlorpromazin ist in Form von Tabletten (10 mg, 25 mg, 50 mg, 100 mg, 200 mg) zur oralen Einnahme erhältlich und kann auch als intramuskuläre oder intravenöse Injektion verabreicht werden.
Wirkmechanismus
Chlorpromazin gehört zur Gruppe der typischen Antipsychotika oder Neuroleptika, auch bekannt als Antipsychotika der ersten Generation. Der Wirkstoff entfaltet seine antipsychotische Wirkung durch postsynaptische Blockade von D2-Rezeptoren im mesolimbischen System.
Da Chlorpromazin auch D2-Rezeptoren im nigrostriatalen System blockiert, kann es zu extrapyramidal motorischen Nebenwirkungen kommen. Die antiemetische Wirkung von Chlorpromazin beruht auf der kombinierten Blockade der Histamin-H1-, Dopamin-D2- und Muscarin-M1-Rezeptoren im Brechzentrum.
Pharmakokinetik
Resorption
- Chlorpromazin wird nach oraler Gabe rasch und vollständig aus dem Gastrointestinaltrakt absorbiert
- Chlorpromazin unterliegt einem hohen First-Pass-Metabolismus
- Die Bioverfügbarkeit variiert individuell stark (10-70%)
Verteilung
- Das Verteilungsvolumen beträgt 1215 l (im Gleichgewicht 642 l).
- Maximale Plasmakonzentrationen (Cmax) werden etwa nach 1 Std. erreicht und liegen bei männlichen Probanden nach oralen Einzeldosen von 25-100 mg dosisabhängig zwischen 4.31 ± 2.00 und 37.9 ± 21.8 ng/ml.
- Die Plasmahalbwertszeit von Chlorpomazin beträgt je nach Untersuchung 30 Std. bzw.10-11 Std.
- Bei chronischer Gabe fallen wegen Autoinduktion die Gleichgewichtskonzentrationen im Plasma bis auf 50% ab.
Metabolismus
- Chlorpromazin wird hepatisch biotransformiert: Oxidation durch CYP2D6/ CYP1A2 und anschließende Konjugation durch UGT1A3/UGT1A4.
- Total sind etwa 150 Metaboliten bekannt.
Elimination
- Die Ausscheidung der Metaboliten erfolgt biliär;
- unverändertes Chlorpromazin findet sich im Urin nur in Spuren
Dosierung
Für die Behandlung von Schizophrenie wird eine initiale Dosis von 25 bis 75 mg/Tag oral zweimal täglich empfohlen, die üblicherweise auf bis zu 200 mg/Tag gesteigert werden kann. Die maximale Dosis pro oraler Anwendung kann jedoch bis zu 800 mg/Tag betragen.
Bei intramuskulärer oder intravenöser Applikation wird mit 25 mg begonnen, gefolgt von 25 bis 50 mg nach Bedarf nach 1 bis 4 Stunden. Die übliche Dosis kann 300-800 mg/Tag betragen.
Zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen kann die Chlorpromazin-Dosis je nach Bedarf zwischen 10 und 25 mg p.o. alle 4 bis 6 Stunden liegen. Bei Anwendung als intramuskuläre oder intravenöse Injektion kann die Dosis je nach Bedarf zwischen 25 und 50 mg alle 4 bis 6 Stunden liegen.
Persistierender Singultus kann behandelt werden, indem alle 6 bis 8 Stunden 25 bis 50 mg Chlorpromazin oral verabreicht werden. Wenn der Schluckauf auch nach einer oralen Behandlung von 2 bis 3 Tagen anhält, wird Chlorpromazin als intramuskuläre oder intravenöse Dosis verabreicht.
Zur Kontrolle präoperativer Angstzustände wird eine die Dosis zwischen 25 und 50 mg oral oder 12,5 bis 25 mg intramuskulär 2 bis 3 Stunden vor der Operation empfohlen.
Nebenwirkungen
Chlorpromazin ist ein niederpotentes Antipsychotikum, das hauptsächlich nicht-neurologische Nebenwirkungen verursacht. Aufgrund seiner Lipophilie wird der Wirkstoff im Körperfett gespeichert und nur sehr langsam aus dem Körper entfernt.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Mundtrockenheit, Schwindel, Harnverhalt, verschwommenes Sehen und Verstopfung, da der Wirkstoff die muskarinischen Rezeptoren blockiert. Bei älteren Menschen besteht das Risiko eines Engwinkelglaukoms.
Durch seine Blockade von Histamin-H1-Rezeptoren kann Chlorpromazin auch eine Sedierung auslösen. Es wird angenommen, dass ein Antagonismus an den D2-Rezeptoren im tuberoinfundibulären System für die Erhöhung des Prolaktinspiegels verantwortlich ist. Diese Hyperprolaktinämie kann mehrere endokrine Nebenwirkungen verursachen, wie z. B. eine Abnahme der Libido bei beiden Geschlechtern. Bei Männern kann erhöhtes Prolaktin Gynäkomastie, Galaktorrhoe und erektile Dysfunktion verursachen. Selten kann es zu Priapismus kommen. Bei Frauen kann ein Anstieg des Prolaktinspiegels zu unregelmäßiger Menstruation, Oligomenorrhoe, Amenorrhoe und Galaktorrhoe führen.
Wenn Chlorpromazin als intramuskuläre oder intravenöse Injektion verabreicht wird, kann es zu Hypotonie und Kopfschmerzen kommen. Längerer Gebrauch von Chlorpromazin kann Hornhautablagerungen und Linsentrübung verursachen.
Darüber hinaus kann Chlorpromazin das QT-Intervall verlängern und zu einer cholestatischen Gelbsucht führen, indem es den Gallenfluss beeinträchtigt.
Obwohl es sich bei Chlorpromazin um ein Medikament mit geringer Potenz handelt, kann Chlorpromazin immer noch extrapyramidale Nebenwirkungen (EPS) wie akute Dystonie, Akathisie, Parkinsonismus und tardive Dyskinesie (TD) auslösen. Die Entwicklung von EPS-Nebenwirkungen kann über Stunden bis Tage erfolgen. Akute Dystonie bezieht sich auf Muskelsteifheit oder Krämpfe der Kopf-, Nacken- und Augenmuskeln, die Stunden nach Beginn der Medikation auftreten können.
Eine große Gefahr besteht in der Entwicklung eines malignen neuroleptischen Syndroms, eine lebensbedrohliche Manifestation, das sich durch Muskelstarrheit, autonome Instabilität, Hyperpyrexie über 40 Grad Celsius, veränderten Geisteszustand, Leukozytose und erhöhten Blutdruck sowie Serum-Kreatininkinase auszeichnet.
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Chlorpromazin müssen folgende Wechselwirkungen beachtet werden:
- Aluminium- und magnesiumhaltige Antazida: Absorption und renale Exkretion von Chlorpromazin kann vermindert werden
- CYP2D6- oder P-gp-Substrate: Chlorpromazin hemmt CYP2D6, P-gp und die Aldehydoxidase
- Carbamazepin, Imipramin, Phenobarbital und Phenytoin: Chlorpromazin kann die Plasmaspiegel dieser Wirkstoffe erhöhen oder erniedrigen
- Amitriptylin und Nortriptylin, Cimetidin (H2-Antagonist), Lithium, Phenobarbital, Phenytoin oder Primidon: veränderte Plasmaspiegel von Chlorpromazin möglich (Enzyminduktion oder -inhibition)
- Propranolol: erhöhte Plasmaspiegel beider Substanzen möglich
- Zentraldämpfende Substanzen (z.B. Benzodiazepine, Tramadol, Antidepressiva): gegenseitige Wirkungsverstärkung mit erhöhtem Risiko für Lethargie beim Neugeborenen
- andere anticholinerg wirksame Wirkstoffe (z.B. Antidepressiva): verstärkte anticholinerge Nebenwirkungen und somit ein erhöhtes Risiko für Arrhythmien und Hypotonie bei Mutter und Fetus
- Antiepileptika/Antikonvulsiva: Chlorpromazin kann die Krampfschwelle senken und die Plasmaspiegel von Antiepileptika erniedrigen, weshalb eine Dosisanpassung (Erhöhung) letzterer in Erwägung gezogen werden sollte.
- QT-Zeit-verlängernde Arzneimittel und solche die ein arrhythmogenes Potenzial haben (Makrolide, Fluorochinolone, Metoprolol): Vorsicht ist geboten
Kontraindikationen
Chlorpromazin darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegenüber Phenothiazinen
- Akuten Alkohol-, Schlafmittel-, Opiat- und Psychopharmaka-Intoxikationen
- Hypotonie
- Engwinkelglaukom
- Cholestatische Hepatitis
- Akuten und schweren Lebererkrankungen
- Schweren hämatologischen Erkrankungen
- Bewusstseinsstörungen
- Schwangerschaft im 3. Trimenon
Schwangerschaft
Aufgrund der Lipophilie von Chlorpromazin erfolgt ein rascher plazentarer Übergang des Wirkstoffs: Bei der Ratte entspricht die Radioaktivität im fetalen Blut eine Stunde nach i.v. Gabe von radioaktiv markiertem Chlorpromazin derjenigen im mütterlichen Blut. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) sollten während der Schwangerschaft, insbesondere jedoch während des ersten Trimesters keine Phenothiazine gegeben werden Chlorpromazin ist im 3. Trimenon der Schwangerschaft kontraindiziert.
Bei Hyperemesis gravidarum kann bei ungenügender Wirksamkeit von Anthistaminika und Vitamin B6 (Pyridoxin) u.a. Chlorpromazin (10-25 mg alle 4-5 Std. per os) gegeben werden.
Stillzeit
Beim gestillten Kind kann Chlorpromazin zu Lethargie und Schläfrigkeit führen [41]; diese Symptome sind in der Regel vorübergehend [39,42] und nicht immer abhängig von der Dosis der Mutter bzw. der Konzentration in der Muttermilch
Verkehrstüchtigkeit
Da Chlorpromazin sedierend wirkt sollte die Anwendung bei Verkehrsteilnehmern eher vermieden werden.
- NIH: StatPearls, Chlorpromazine, Last Update: February 7, 2022.
- Sappinfo: Chlorpromazin
- DGPPN: Praxisleitlinien Schizophrenie. C Kurzversion.