Chlorprothixen
Der Wirkstoff Chlorprothixen ist ein Thioxanthen-Derivat aus der Wirkstoffgruppe der Antipsychotika. Das niedrigpotente Neuroleptikum wird angewendet zur Behandlung psychomotorischer Unruhe und Erregungszuständen im Rahmen akuter psychotischer Syndrome. Die sedierende Wirkung von Chloprothixen steht im Vordergrund des klinischen Wirkprofils.
Chlorprothixen: Übersicht

Anwendung
Chlorprothixen wird angewendet zur:
- Dämpfung psychomotorischer Unruhe und Erregungszuständen im Rahmen akuter psychotischer Syndrome
- Behandlung von maniformen Syndromen
Anwendungsart
Der Wirkstoff Chlorprothixen ist in Form von Filmtabletten und als Suspension zum Einnehmen auf dem deutschen Markt zugelassen.
Wirkmechanismus
Chlorprothixen ist ein Thioxanthen-Derivat aus der Wirkstoffgruppe der Neuroleptika (Antipsychotika).
Chlorprothixen besitzt folgende Wirkungen:
- Blockade der Dopaminrezeptoren D1 und D2. Die dopaminantagonistische Wirkung des niedrigpotenten Neuroleptikums ist mittelgradig.
- Antiserotonerge und antihistaminerge Wirkungen (relativ stark)
- Anticholinerge und alpha1-adrenerge Wirkungen (gering ausgeprägt)
- Im Vordergrund des klinischen Wirkprofils steht die sedierende Wirkung
- In höheren Dosen besitzt Chlorprothixen antipsychotische Wirkungen (Reduktion von Wahn, Halluzinationen, Ich- und Denkstörungen, Dämpfung psychomotorischer und katatoner Erregung, affektiver Gespanntheit sowie manischer Verstimmung und Antriebssteigerung).
Im Allgemeinen reicht die antipsychotische Potenz von Chlorprothixen nicht aus, um akute Psychosen alleine zu behandeln, da die Art der Nebenwirkungen eine Dosisbegrenzung bedingt.
Pharmakokinetik
Resorption
Nach oraler Einnahme wird Chlorprothixen rasch aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert und erreicht maximale Plasmakonzentrationen zwischen 1 und 4 Stunden. Die absolute Bioverfügbarkeit beträgt aufgrund des hohen First-pass-Effektes nur 12 (5-32) Prozent. Therapeutische Plasmaspiegel werden zwischen 0,04 und 0,3 μg/mL (127-950 nmol/L) angenommen.
Verteilung
Das Verteilungsvolumen beträgt 15,5 l/kg KG. Chlorprothixen überwindet die Blut-Hirn-Schranke. Die Plasmaeiweißbindung beträgt 99 Prozent.
Metabolismus
Hauptabbauweg ist die Sulphoxidation mit N-Demethylation der Seitenkette. In geringem Maße findet eine Ring-Hydroxylation and N-Oxidation statt. Die Alle Metaboliten von Chlorprothixen sind pharmakologisch inaktiv. Chlorprothixen wird in der Galle gefunden, was auf eine enterohepatische Zirkulation hindeutet.
Elimination
Die Eliminationshalbwertszeit (t1⁄2) beträgt nach oraler Gabe ca. 15 (3-29) Stunden. Die durchschnittliche systemische Clearance beträgt 1,2 l/min. Chlorprothixen wird durch Faeces und Urin eliminiert.
Der Metabolismus von Chlorprothixen wird durch enzyminduzierende Substanzen (Carbamazepin, Rifampicin, Doxycyclin, Griseofulvin, Phenylbutazon, Phenobarbital oder Phenytoin) beschleunigt und durch enzymhemmende Substanzen (z. B. Paroxetin, Fluoxetin, Chloramphenicol, Disulfiram, Isoniazid, MAO-Hemmer, orale Kontrazeptiva und Chinidin, in geringerem Maße Buspiron, Sertralin oder Citalopram) verlangsamt.
Aufgrund seines hohen Verteilungsvolumens und seines geringen Plasmaspiegels werden nur sehr geringe Mengen durch eine Dialyse entfernt. Eine ergänzende Dosis oder ein geändertes Chlorprothixen-Dosierungsschema wird nicht benötigt.
Dosierung
Bei leichten bis mittelschweren Unruhe- und Erregungszuständen werden in der Regel Tagesdosen zwischen 15-100 mg Chlorprothixen oral verabreicht.
Bei schweren Unruhe- und Erregungszuständen im Rahmen von psychotischen Erkrankungen sowie bei maniformen Erkrankungen werden in der Akutbehandlung 100-400 mg Chlorprothixen oral pro Tag verabreicht (in Einzelfällen auch mehr), in der Erhaltungstherapie 30-200 mg.
Die erste Gabe erfolgt am besten gegen Abend.
Bei Therapiebeginn ist unter Einzeldosen von mehr als 30 mg bzw. bei einer Tagesdosis über 90 mg Chlorprothixen Bettruhe zu empfehlen.
Tagesdosen von mehr als 150 mg Chlorprothixen sollten ausschließlich unter stationären Bedingungen verabreicht werden.
In manchen Fällen wird das Maximum der antipsychotischen Wirkung erst nach 1- bis 3-wöchiger Behandlung erreicht. Die psychomotorisch dämpfende Wirkung tritt sofort ein.
Nebenwirkungen
Zu den sehr häufigen (≥ 1/10) Nebenwirkungen unter der Einnahme von Chlorprothixen zählen:
- Müdigkeit, Verlängerung der Reaktionszeit, Benommenheit, Schwindelgefühle
- Hypotonie bzw. orthostatische Dysregulation und eine reflektorische Beschleunigung der Herzfrequenz
- vegetative Symptomen wie Störungen der Speichelsekretion, vermindertes Schwitzen, Obstipation, Miktionsstörungen, Sprechstörungen (bei hoher Dosierung)
- Gewichtszunahme
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Chlorprothixen sollen folgende Wechselwirkungen beachtet werden:
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Alkohol ► Verstärkung der Alkoholwirkung und Blutdrucksenkung möglich
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Zentraldämpfende Arzneimittel (Schlafmittel, Schmerzmittel, andere Psychopharmaka, Antihistaminika) ► verstärkte Sedierung oder Atemdepression möglich
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Polypeptid-Antibiotika (z. B. Colestin, Polymyxin B, Teicoplanin, Vancomycin) ► eine durch Polypeptid-Antibiotika hervorgerufene Atemdepression kann durch Chlorprothixen verstärkt werden
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Trizyklische Antidepressiva ► Anstieg der Antidepressiva-Plasmaspiegel. Eine erhöhte Toxizität des Antidepressivums (anticholinerge Effekte, kardiovaskuläre Toxizität, Absenken der Krampfschwelle) ist denkbar
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CYP2D6-Inhibitoren (z. B. Paroxetin, Fluoxetin, Chloramphenicol, Disulfiram, Isoniazid, MAO-Hemmer, orale Kontrazeptiva und Chinidin, in geringerem Maße Buspiron, Sertralin oder Citalopram) ►Chlorprothixen-Plasmaspiegel kann erhöht werden
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CYP-Induktoren (z. B. Carbamazepin, Rifampicin, Doxycyclin, Griseofulvin, Phenylbutazon, Phenobarbital oder Phenytoin sowie Rauchen) ► Blutspiegel von Chlorprothixen kann gesenkt werden
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Stimulanzien vom Amphetamin-Typ ► stimulierender Effekt des Amphetamins vermindert, antipsychotischer Effekt von Chlorprothixen kann durch Wirkung an den Dopamin-Rezeptoren vermindert sein
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Epinephrin ► Paradoxe Hypotension, Tachykardie
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Phenylephrin ► Abschwächung der Phenylephrin-Wirkung
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Dopamin ► periphere Vasodilatation bzw. bei hoher Dosis Vasokonstriktion kann durch Chlorprothixen antagonisiert werden
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Guanethidin ► antihypertensive Wirkung von Guanethidin wird abgeschwächt
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Blutdrucksenkende Arzneimittel ► Blutdrucksenkung kann verstärkt werden. In der Kombination mit Methyldopa können sich verstärkte zentralnervöse Effekte ergeben
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Lithium ► neurotoxische Symptome mit Bewusstseinsstörungen und Körpertemperaturerhöhung sind in seltenen Fällen möglich. Außerdem können EEG-Veränderungen, vermehrte extrapyramidalmotorische Störungen sowie Müdigkeit, Zittern und Mundtrockenheit auftreten
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Levodopa oder Dopaminagonisten ► Wirkungsabschwächung von Levodopa oder Dopaminagonisten möglich
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Dopaminantagonisten (z. B. Metoclopramid) oder piperazinhaltige Anthelmintika ► Verstärkung der extrapyramidalmotorischen Wirkungen möglich
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Anticholinergika (z. B. Biperiden, Atropin, Benzatropin, Trihexyphenidyl) ► anticholinerge Wirkung kann verstärkt werden. Dies kann sich in Sehstörungen, Erhöhung des Augeninnendrucks, Mundtrockenheit, beschleunigtem Herzschlag, Verstopfung, Beschwerden beim Wasserlassen, Störungen der Speichelsekretion, Sprechblockade, Gedächtnisstörungen oder vermindertem Schwitzen äußern
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Kokainintoxikierte Drogenabhängige ► Verstärkung der extrapyramidalmotorischen Wirkungen
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Disulfiram ► Unter der Therapie mit Chlorprothixen ist die Wirkung von Disulfiram bei gleichzeitigem Alkoholgenuss abgeschwächt
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Gerinnungshemmenden Arzneimittel ► Bei einer gleichzeitig durchgeführten Antikoagulanzien-Therapie ist die regelmäßige Kontrolle des Gerinnungsstatus in kürzeren Abständen angezeigt
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Tee oder Kaffee ► Abschwächung der Chlorprothixen-Wirkung möglich
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Gonadorelin ►Wegen der durch Chlorprothixen hervorgerufenen Prolaktinerhöhung kann die Reaktion auf Gonadorelin abgeschwächt werden
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Phenolketonurietests ► Unter der Behandlung mit Chlorprothixen kann das Ergebnis eines Phenolketonurietests verfälscht sein (falsch-positives Ergebnis)
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QT-Intervall verlängernde Arzneimittel (z. B. Antiarrhythmika Klasse IA oder III, Antibiotika, Malaria-Mittel, Antihistaminika, trizyklische Antidepressiva oder andere Neuroleptika) ► Die gleichzeitige Anwendung ist zu vermeiden
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Arzneimittel die zu einer Hypokaliämie führen (z. B. bestimmte Diuretika) Die gleichzeitige Anwendung ist zu vermeiden
- CYP2D6-Inhibitoren ► Erhöhung der Plasmakonzentration von Chlorprothixen ► Die gleichzeitige Anwendung ist zu vermeiden
Kontraindikation
Für die Anwendung von Chlorprothixen liegen folgende Gegenanzeigen vor:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, andere Thioxanthene
- komatöse Zustände
- Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft/Stillzeit
Chlorprothixen ist nicht ausreichend auf reproduktionstoxikologische Eigenschaften untersucht worden. Es liegen keine Erfahrungen mit der Anwendung bei Schwangeren und Stillenden vor, weshalb eine Anwendung bei diesen Patientengruppen nicht erfolgen darf.
Verkehrstüchtigkeit
Verkehrstüchtigkeit und Bedienen von Maschinen
Chlorprothixen kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol. Daher sollten das Führen von Fahrzeugen, das Bedienen von Maschinen oder sonstige gefahrvolle Tätigkeiten - zumindest während der ersten Phase der Behandlung - ganz unterbleiben. Die Entscheidung wird für jeden Einzelfall vom behandelnden Arzt unter Berücksichtigung der individuellen Reaktion und der jeweiligen Dosierung getroffen.
Hinweise
Folgende Hinweise sind bei der Einnahme von Chlorprothixen zu beachten:
- Bei Fieber, Zahnfleisch- und Mundschleimhautentzündungen, Halsschmerzen oder eitriger Angina sowie grippeähnlichen Symptomen sollte der Patient, insbesondere wenn diese Symptome innerhalb der ersten 3 Monate nach Behandlungsbeginn auftreten, angehalten werden keine Selbstmedikation mit Analgetika durchzuführen, sondern sofort seinen behandelnden Arzt aufzusuchen.
- Während der Therapie soll Blutbild, Nieren- und Leberfunktion sowie die Kreislaufsituation (einschl. EKG-Ableitung) in regelmäßigen Abständen überwacht werden. Ein Ausgangs-EKG sowie -EEG sollten für spätere Verlaufskontrollen vorliegen.
- Bei Auftreten von hohem Fieber und Muskelstarre ist an ein malignes neuroleptisches Syndrom zu denken, welches nicht selten als Katatonie fehldiagnostiziert wird. Da hier eine erneute Neuroleptikum-Gabe lebensbedrohlich sein kann, ist die Differentialdiagnose von entscheidender Bedeutung (Medikamentenanamnese, Prüfung auf Rigor, Fieber sowie CK-Anstieg im Blut oder Harn).
Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
Wirkstoff-Informationen
Fachinformation, Chlorprothixen 50 Holsten
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Chlorprothixen 15 Holsten, Filmtabletten
Holsten Pharma GmbH
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Chlorprothixen 50 Holsten, Filmtabletten
Holsten Pharma GmbH
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Chlorprothixen-neuraxpharm® 15 mg Filmtabletten
neuraxpharm Arzneimittel GmbH
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Chlorprothixen-neuraxpharm® 50 mg Filmtabletten
neuraxpharm Arzneimittel GmbH
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Chlorprothixen-neuraxpharm® 100 mg Filmtabletten
neuraxpharm Arzneimittel GmbH