Cilastatin

Cilastatin ist ein Hemmstoff der renalen Dihydropeptidase, der in Kombination mit dem Antibiotikum Imipenem verabreicht wird, um dessen Abbau zu verhindern. Cilastatin selbst hat keine antibiotische Aktivität.

Cilastatin

Anwendung

Cilastatin wird immer in Kombination mit dem Betalactam-Antibiotikum Imipenem aus der Gruppe der Carbapeneme angewendet. Die Wirkstoff-Kombination ist indiziert bei

  • komplizierten intraabdominellen Infektionen
  • schwerwiegender Pneumonie einschließlich nosokomial erworbener (hospital-acquired pneumonia, HAP) und Beatmungspneumonie (ventilator-associated pneumonia, VAP)
  • komplizierten Infektionen der Harnwege
  • komplizierten Infektionen der Haut und Weichteilgewebe
  • der Behandlung von Neutropenie und Fieber, wenn eine bakterielle Infektion als Ursache vermutet wird

In der Dreierkombination Imipenem/Cilastatin/Relebactam ist das Indikationsgebiet erweitert auf die

  • Bakteriämie, für die ein Zusammenhang mit HAP oder VAP bei Erwachsenen besteht oder vermutet wird
  • Behandlung von Infektionen mit aeroben gramnegativen Erregern bei Erwachsenen mit begrenzten Therapieoptionen

Anwendungsart

Die fixe Kombination Imipenem/Cilastatin (und Relabactam) ist als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung erhältlich. Die Rekonstitution sollte unter aseptischen Bedingungen mit 0,9%iger Natriumchlorid- oder 5%iger Glucose-Injektionslösung erfolgen. Bei Gabe von Dosen ≤500 mg/500 mg als intravenöse Infusion sollte die Applikationsdauer 20 bis 30 Minuten und bei Gabe von Dosen >500 mg/500 mg 40 bis 60 Minuten betragen. Tritt bei Patienten während der Infusion Übelkeit auf, kann langsamer infundiert werden.

Wirkmechanismus

Cilastatin ist ein kompetitiver, reversibler und spezifischer Hemmer der renalen Dehydropeptidase-I, die Imipenem metabolisiert und inaktiviert. Der Wirkstoff besitzt keine antibakterielle Aktivität und hat keine Auswirkung auf die antibakterielle Aktivität von Imipenem.

Pharmakokinetik

Resorption

Die mittleren Plasmaspitzenspiegel von Cilastatin nach einer 20-minütigen intravenösen Infusion liegen bei 22 μg/ml (250 mg Dosis), 42 μg/ml (500 mg Dosis) und 72 μg/ml (1.000 mg Dosis).

Verteilung (Distribution)

Cilastatin wird bis zu 40% an Plasmaproteine gebunden. Das Verteilungsvolumen liegt im Steady State nach Mehrfachdosierung alle 6 Stunden über 30 Minuten bei etwa 13,8 L.

Metabolismus und Elimination

Die Plasmahalbwertszeit von Cilastatin beträgt ca. 1 Stunde. Etwa 70% bis 80% des Cilastatins werden innerhalb von 10 Stunden nach der Applikation unverändert im Urin ausgeschieden. Etwa 10% werden als N-Acetyl-Metabolit eliminiert, der eine dem Cilastatin entsprechende hemmende Aktivität gegen die Dehydropeptidase besitzt. Die Aktivität der Dehydropeptidase-I in der Niere erreicht in der Regel kurz nach der Elimination von Cilastatin aus dem Blut wieder die Normalwerte.

Dosierung

Die Dosierung von Cilastatin richtet sich nach der des Imipenems. Diese wiederum ist abhängig von der Art der Infektion, der Empfindlichkeit des Erregers/der Erreger sowie der Nierenfunktion des Patienten.

Patienten mit normaler Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance ≥90 ml/min) erhalten eine Dosierung von Imipenem/Cilastatin alle 6 Stunden von 500 mg/500 mg oder alle 8 Stunden von 1.000 mg/1.000 mg. Bei weniger empfindlichen Erregern (z.B. Pseudomonas aeruginosa) oder sehr schweren Infektionen (z.B. Patienten mit Neutropenie und Fieber) werden 1.000 mg/1.0000 mg der Wirkstoffe alle 6 Stunden empfohlen. Eine maximale Gesamtdosis von 4.000 je Wirkstoff pro Tag sollte nicht überschritten werden.

Nebenwirkungen

Die folgenden Nebenwirkungen können bei der Behandlung mit Imipenem/Cilastatin häufig (≥1/100 bis <1/10) auftreten.

  • Eosinophilie
  • Thrombophlebitis
  • Diarrhoe
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Hautausschlag
  • Erhöhte Leberenzyme (Alanin-Aminotransferase und Aspartat-Aminotransferase)
  • Erhöhung der alkalischen Phosphatase im Serum

Wechselwirkungen

Bei der gleichzeitigen Anwendung von Cilastatin und Probenecid kann eine Verdoppelung der Plasmaspiegel und Halbwertszeit von Cilastatin durch Hemmung der tubulären Sekretion beobachtet werden.

Kontraindikation

Cilastatin darf bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff nicht angewendet werden. Die Wirkstoffkombination ist weiterhin bei Überempfindlichkeit gegen Carbapenem-Antibiotika sowie bei schwerer Überempfindlichkeit gegen jegliche andere Betalactam-Antibiotika kontraindiziert.

Schwangerschaft

Bisher liegen keine ausreichenden Daten aus kontrollierten Studien zur Anwendung von Imipenem/Cilastatin in der Schwangerschaft vor. In Studien mit trächtigen Affen wurde Reproduktionstoxizität beobachtet, das potenzielle Risiko für Menschen ist nicht bekannt. Die Wirkstoffkombination sollte daher nur in der Schwangerschaft angewendet werden, wenn der zu erwartende Nutzen das potenzielle Risiko für den Fötus übersteigt.

Schwangerschaft/Stillzeit

Cilastatin und Imipenem gehen in geringen Mengen in die Muttermilch über, werden aber nach oraler Aufnahme kaum resorbiert. Aus diesem Grund ist es unwahrscheinlich, dass der Säugling signifikanten Mengen der Wirkstoffe ausgesetzt wird. Die Anwendung von Imipenem/Cilastatin in der Stillzeit sollte aber erst nach Abwägung des Nutzens des Stillens für das Kind und des potenziellen Risikos durch das Arzneimittel erfolgen.

Verkehrstüchtigkeit

Es wurden keine Studien zu den Auswirkungen von Imipenem/Cilastatin auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen durchgeführt. Es können jedoch in Verbindung mit dem Arzneimittel einige Nebenwirkungen (wie z.B. Halluzinationen, Schwindel, Schläfrigkeit und Vertigo) auftreten, die sich auf die Verkehrstüchtigkeit des Patienten und dessen Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen auswirken können.

Anwendungshinweise

Die Anwendung zur Behandlung von Infektionen mit aeroben gramnegativen Organismen bei erwachsenen Patienten mit begrenzten Therapieoptionen sollte nur nach Beratung durch einen auf dem Gebiet der Infektiologie erfahrenen Facharzt erfolgen. Dabei sollten Faktoren wie der Schweregrad der Infektion, die Prävalenz von Resistenzen gegenüber anderen geeigneten Antibiotika sowie das Risiko Carbapenem-resistenter Erreger zu berücksichtigen.

Hämodialyse-Patienten

Cilastatin wird währen der Hämodialyse aus dem Kreislauf eliminiert. Daher sollte die Therapie mit dem Imipenem/Cilastatin nach der Hämodialysesitzung erfolgen und in 12-stündigen Abständen weitergeführt werden.

Blutuntersuchungen

Während der Behandlung mit Imipenem/Cilastatin kann der direkte oder indirekte Coombs-Test positiv ausfallen.

Alternativen

Cilastatin wird immer in fixer Kombination mit Imipenem angewendet. Anstelle von Imipinem/Cilastatin können zur Therapie schwerer oder lebensbedrohlicher bakterieller Infektionen auch andere Carbapenem-Antibiotika wie Meropenem, Doripenem und Ertapenem angewendet werden.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

 

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
358.45 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 0.9 H
Q0-Wert:
0.1
Kindstoff(e):
Autor:
Stand:
25.06.2021
Quelle:
  1. MSD: Fachinformation Zienam
  2. EMA: Fachinformation Recarbrio
  3. Geisslinger, Menzel, Gundermann, Hinz, Ruth (2020) Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
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