Darolutamid

Darolutamid ist ein selektiver, nicht-steroidaler Androgenrezeptor-Inhibitor, der zur Behandlung männlicher Patienten mit nicht-metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom mit Vorliegen eines hohen Risikos zur Bildung von Metastasen angewendet wird.

Darolutamid

Anwendung

Darolutamid (Nubeqa®) ist ein oraler selektiver Androgenrezeptor-Antagonist, der indiziert ist zur Behandlung erwachsener Männer mit einem nicht-metastasierten kastrationsresistenten Prostatakrebs, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Metastasen aufweisen.

Etwa 30% der nicht-metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinompatienten entwickeln innerhalb von zwei Jahren Knochenmetastasen und zeigen dann nur noch ein medianes Überleben von vier Jahren. Für diese Patienten steht mit Darolutamid eine Therapieoption zur Verfügung.

Anwendungsart

Darolutamid ist in Form von Filmtabletten für die orale Anwendung zugelassen.

Wirkmechanismus

Darolutamid ist ein ist ein selektiver, nicht-steroidaler Inhibitor des Androgenrezeptors (AR), der kompetitiv die Androgenbindung und so die Translokation des AR in den Zellkern sowie die AR-vermittelte Transkription hemmt. Weiterhin ist Darolutamid ein starker Antagonist für durch Mutationen veränderte Androgenrezeptoren, die zu Resistenzbildungen gegenüber Androgentherapien führen können. Dies ermöglicht Darolutamid eine Aufrechterhaltung der Aktivität gegenüber bisher resistenten AR-Mutationen. Darolutamid verzögert die Krankheitsprogression sowie die Bildung von Metastasen und verlängert signifikant das Gesamtüberleben von Männern mit nicht-metastasiertem kastrationsresistentem Prostata-karzinom (nmCRPC) gegenüber der konventionellen Androgendeprivationstherapie (ADT).

Pharmakokinetik

Darolutamid besteht aus zwei Diastereomeren [(S,R)-Darolutamid und (S,S)-Darolutamid], die über den im Blutkreislauf vorkommenden Hauptmetaboliten Keto-Darolutamid ineinander umgewandelt werden. In vitro weisen alle drei Substanzen eine ähnliche pharmakologische Aktivität auf.

Resorption

Nach oraler Gabe von 600 mg Darolutamid wurden maximale Plasmakonzentrationen von 4,79 mg/l (Variationskoeffizient: 30,9%) ungefähr 4 Stunden nach Verabreichung erreicht. Auf Basis von AUC0–12-Daten im Steady-State veränderte sich das Verhältnis der beiden Diastereomere, (S,R)-Darolutamid und (S,S)-Darolutamid, von 1:1 zu einem ungefähren Verhältnis von 1:9 im Plasma. Der Steady-State wird bei zweimal täglicher oraler Dosisgabe zusammen mit einer Mahlzeit nach 2 – 5 Tagen erreicht. Die absolute Bioverfügbarkeit nach 300 mg Darolutamid oral im Nüchternzustand beträgt im Vergleich zu einer intravenösen Injektion ca. 30%. Bei Gabe zusammen mit einer Mahlzeit war die Bioverfügbarkeit von Darolutamid um den Faktor 2,0 bis 2,5 erhöht.

Verteilung

Nach intravenöser Applikation beträgt das scheinbare Verteilungsvolumen von Darolutamid 119 l, was darauf hindeutet, dass Darolutamid umfassend über den gesamten Körper sowohl in intrazelluläre als auch extrazelluläre Flüssigkeitsräume verteilt wird. Darolutamid ist mäßig stark (zu 92%) an humane Plasmaproteine gebunden, wobei es zwischen den beiden Diastereomeren keine Unterschiede gibt. Der Hauptmetabolit von Darolutamid, Keto-Darolutamid, ist stark (zu 99,8%) an Plasmaproteine gebunden. Ob Darolutamid die Blut-Hirn-Schranke passiert, wurde klinisch nicht untersucht. Expositionen gegenüber Darolutamid im Gehirn sind jedoch hinsichtlich der AUC0 – 24 sehr niedrig.

Biotransformation

Die Diastereomere (S,R)-Darolutamid und (S,S)-Darolutamid können über den Metaboliten Keto-Darolutamid ineinander umgewandelt werden, wobei bevorzugt (S,S)-Darolutamid entsteht. Darolutamid wird hauptsächlich über einen oxidativen Stoffwechselweg abgebaut, der im Wesentlichen von CYP3A4 vermittelt wird, wie auch durch direkte Glucuronidierung, die vor allem durch UGT1A9 und UGT1A1 erfolgt. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass hauptsächlich die AKR1C-Isoformen die Reduktion von Keto-Darolutamid zu den Wirkstoffdiastereomeren katalysieren.

Elimination

Die effektive Halbwertszeit von Darolutamid und Keto-Darolutamid im Plasma von Patienten beträgt ca. 20 Stunden. Von den beiden Diastereomeren, aus denen Darolutamid besteht, hat (S,R)-Darolutamid mit 9 Stunden eine kürzere effektive Halbwertszeit als (S,S)-Darolutamid mit 22 Stunden. Die Clearance von Darolutamid nach intravenöser Applikation betrug 116 ml/min (VK: 39,7%). Insgesamt 63,4% der wirkstoffbezogenen Stoffe werden mit dem Urin (ungefähr 7% in unveränderter Form) und 32,4% mit dem Stuhl ausgeschieden. Mehr als 95% der Dosis wurden innerhalb von 7 Tagen nach der Verabreichung wiedergefunden.

Linearität/ Nicht-Linearität

Im Dosisbereich von 100 bis 700 mg (nach Einzeldosis und im Steady-State) steigt die Exposition gegenüber den beiden Diastereomeren und dem Hauptmetaboliten Keto-Darolutamid nahezu dosisproportional linear an. Aufgrund der gesättigten Resorption wurde bei 900 mg zweimal täglich kein weiterer Anstieg der Exposition gegenüber Darolutamid beobachtet.

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 600 mg Darolutamid zweimal täglich, entsprechend einer Tagesgesamtdosis von 1200 mg Darolutamid.

Dosisanpassung

Falls unter der Behandlung eine toxische Wirkung vom Schweregrad ≥ 3 oder eine nicht tolerierbare Nebenwirkung auftritt, sollte die Therapie unterbrochen oder die Dosierung auf 300 mg zweimal täglich reduziert werden bis sich die Symptome verbessern. Die Behandlung kann danach mit einer Dosis von 600 mg zweimal täglich fortgesetzt werden.
Eine Dosisreduktion auf weniger als 300 mg zweimal täglich wird nicht empfohlen, weil die Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist.

Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (eGFR 15-29 ml/min/1,73m2),die keine Hämodialyse erhalten,beträgt die empfohlene Anfangsdosis 300 mg zweimal täglich. Bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klassen B und C) beträgt die empfohlene Anfangsdosis 300 mg zweimal täglich

Nebenwirkungen

Bei der Behandlung mit Darolutamid können verschiedene unerwünschte Wirkungen auftreten:

Sehr häufig (> 1 von 10 Behandelten) treten folgende Nebenwirkungen auf:

  • Müdigkeit
  • Lethargie

Veränderungen in Blutuntersuchungen (verminderte Anzahl neutrophiler Granulozyten; erhöhte Spiegel von in der Leber synthetisierten Substanzen wie Bilirubin, Aspartat-Transaminase).

Häufig (bis zu 1 von 10 Behandelten) treten folgende Nebenwirkungen auf:

  • Herzschwäche
  • Ausschlag
  • Schmerzen in Armen und Beinen
  • Schmerzen in Muskeln und Knochen
  • Frakturen

Wechselwirkungen

Die Therapie mit starken CYP3A4 (Cytochrom P450 3A4) und P-gp (P-Glykoprotein) Induktoren (z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Rifampicin, Phenytoin) können während der Darolutamid Behandlung die Plasmakonzentration von Darolutamid reduzieren und sollten daher nicht verwendet werden, sofern eine therapeutische Alternative vorhanden ist.

Patienten, die gleichzeitig zu Darolutamid BCRP (breast cancer resistance protein), OATP (organic Anion Transporting Polypeptides) 1B1 und 1B3 Substrate (z.B. Methotrexat, Sulfasalazin, Fluvastatin, Atorvastatin, Pitavastatin) erhalten, sollten engmaschig überprüft werden, da die Plasmakonzentration dieser Substanzen ansteigen könnte.

Eine gleichzeitige Einnahme von Rosuvastatin und Darolutamid sollte vermieden werden.

Kontraindikation

Darolutamid darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Frauen, die schwanger sind oder schwanger werden können

Schwangerschaft

Darolutamid kann aufgrund seines Wirkmechanismus das ungeborene Kind schädigen. Es wurden keine präklinischen Studien zur Reproduktionstoxizität durchgeführt. Es ist nicht bekannt, ob Darolutamid oder seine Metabolite in das Sperma übergehen. Hat der Patient Geschlechtsverkehr mit einer schwangeren Frau, müssen während der Behandlung und für eine Woche nach Beenden der Behandlung Kondome verwendet werden. Die Exposition des Fetus gegenüber einem Androgenrezeptorhemmer mittels Übertragung von Samen an die schwangere Frau muss vermieden werden, da so die Entwicklung des Fetus beeinträchtigt werden könnte.

Stillzeit

Darolutamid wird zur Behandlung von Männern angewendet.

Es ist nicht bekannt, ob Darolutamid oder dessen Metabolite in die Muttermilch übergehen. Es wurden keine tierexperimentellen Studien durchgeführt, um die Ausscheidung von Darolutamid oder dessen Metabolite in die Muttermilch zu bewerten. Ein Risiko für das gestillte Kind kann nicht ausgeschlossen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Darolutamid hat keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Anwendungshinweise

Nierenfunktions- und Leberfunktionsstörung

Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung oder Leberfunktionsstörung kann die Exposition erhöht sein. Diese Patienten sollten deshalb engmaschig auf Nebenwirkungen überwacht werden.

Kardiovaskuläre Erkrankungen

Patienten mit einer klinisch relevanten kardiovaskulären Erkrankung in den vergangenen 6 Monaten, einschließlich Schlaganfall, Myokardinfarkt, schwerer/ instabiler Angina pectoris, koronarer oder peripher-arterieller Bypass-Operation und symptomatischer Herzinsuffizienz, waren von den klinischen Studien ausgeschlossen. Daher ist die Sicherheit von Darolutamid bei diesen Patienten nicht erwiesen.

QT-Intervall

Da eine Androgendeprivationstherapie das QT-Intervall verlängern kann, sollte die gleichzeitige Verabreichung von Arzneimitteln, die bekanntermaßen das QT-Intervall verlängern, oder von Arzneimitteln, die Torsade-de-Pointes verursachen können, sorgfältig abgewogen werden.

Studienlage

Die Wirkung von Darolutamid konnte in der klinischen doppelblinden, randomisierten, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie ARAMIS (Androgen Receptor Inhibiting Agend for Metastatic-free Survival) gezeigt werden. In die Studie wurden 1509 Männer mit nmCRPC (nicht-metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakrebs) und Risiko für die Entwicklung einer Metastasierung eingeschlossen. Die Patienten wurden aktuell mit einer Androgenentzugstherapie behandelt. Die Männer waren im Schnitt 74 Jahre alt (Range: 48-95 Jahre). Es erfolgte eine 2:1 Randomisierung der Patienten. Sie erhielten zusätzlich zur Androgenentzugstherapie entweder 2xtgl 600mg Darolutamid oder ein Placebo.

Der primäre Studienendpunkt der ARAMIS Studie war das metastasenfreie Überleben.

Die mit Darolutamid behandelten Patienten lebten im Durchschnitt 40 Monate ohne Metastasierung, verglichen mit 18 Monaten, die Patienten überlebten, die Placebo erhielten.

Zudem konnte die ARAMIS Studie zeigen, dass Darolutamid plus Androgenentzugstherapie eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens zeigte im Vergleich zu den Patienten, die Placebo plus Androgenentzugstherapie erhielten.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
398.85 g·mol-1
Quelle:
  1. Darolutamid (NUBEQA®): Dossier zur Nutzenbewertunggemäß § 35a SGB V
  2. Fachinformation: NUBEQA®
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