Desvenlafaxin

Desvenlafaxin ist ein Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) und der aktive Hauptmetabolit von Venlafaxin. Der Wirkstoff ist zur Behandlung der Major Depression bei Erwachsenen zugelassen.

Desvenlafaxin

Anwendung

Desvenlafaxin ist ein Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) und der aktive Hauptmetabolit von Venlafaxin. Der Wirkstoff ist unter dem Präparatenamen Desveneurax seit dem 1. August 2022 zur Behandlung der Major Depression bei Erwachsenen erhältlich.

Desvenlafaxin wurde bereits im Jahr 2008 in den USA zugelassen. In Europa wurde der Antrag auf Zulassung im Jahr 2009 jedoch abgelehnt. Der CHMP hatte zu diesem Zeitpunkt Bedenken, dass die Wirksamkeit von Desvenlafaxin (Ellefore) insgesamt nicht überzeugend dargelegt worden wäre. Im Bericht zur Begründung der Rücknahme des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen heißt es:

„Im Vergleich zur Muttersubstanz Venlafaxin schien Desvenlafaxin weniger wirksam zu sein, aber keinen Vorteil im Hinblick auf die Sicherheit und Verträglichkeit zu bieten. Außerdem erachtete der CHMP die Daten zur Kurzzeit- und Langzeitwirkung von Ellefore als unzureichend, da zu wenige Patienten in den Studien Ellefore in der für die Anwendung beabsichtigten Dosierung eingenommen hatten und die Ergebnisse der Studien nicht einheitlich waren.“

Aus diesem Grund vertrat der CHMP zum Zeitpunkt der Rücknahme die Ansicht, dass der Nutzen von Ellefore nicht hinreichend nachgewiesen worden war und ein etwaiger Nutzen die festgestellten Risiken nicht überwog.

Mit Desveneurax wurde dann 14 Jahre später der Wirkstoff schließlich doch zugelassen.

Wirkmechanismus

Venlafaxin und Desvenlafaxin sind im Wesentlichen pharmakologisch äquivalent. Beide sind starke und selektive Inhibitoren von Serotonin- und Noradrenalin-Transportern mit kleinen Unterschieden in der Bindungsaffinität, gemessen am Ki-Wert. Die Ki-Werte für den Serotonin-Transporter betragen 40,2 nM und 82 nM für Desvenlafaxin bzw. Venlafaxin und für Noradrenalin-Transporter 558,4 nM und 2480 nM für Desvenlafaxin bzw. Venlafaxin.

Theoretisch könnte eine höhere Bindungsaffinität für Desvenlafaxin gegenüber Venlafaxin an Noradrenalin-Wiederaufnahmepumpen zu Unterschieden in der Wirksamkeit führen, dies wurde jedoch nicht in direkten klinischen Studien validiert. Keiner der Wirkstoffe besitzt eine signifikante Affinität zu cholinergen, alpha-adrenergen oder histaminergen Rezeptoren.

Darüber hinaus konnten in klinischen Studien keine klinisch signifikanten Unterschiede bei Nebenwirkungen oder Verträglichkeit festgestellt werden.

Venlafaxin Desvenlafaxin

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 50 mg Desvenlafaxin einmal täglich; Je nach klinischer nach klinischer Beurteilung kann die therapeutische Dosis auf bis zu 200 mg einmal täglich erhöht werden.

Bei Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion (24-Stunden-Creatinin-Clearance [CrCl] < 30 ml/min) oder Niereninsuffizienz im Endstadium wird eine Anfangsdosis von 50 mg jeden zweiten Tag empfohlen.

Nebenwirkungen

Am häufigsten traten Nebenwirkungen unter Desvenlafaxin in der ersten Behandlungswoche auf und waren leicht bis mäßig schwer. Hierbei ist die Häufigkeit der Nebenwirkungen dosisabhängig.

Sehr häufig (≥ 1/10) kam es unter der Behandlung mit Desvenlafaxin zu folgenden Nebenwirkungen:

  • Schlaflosigkeit
  • Schwindelgefühl, Kopfschmerzen
  • Übelkeit, Mundtrockenheit, Verstopfung
  • Hyperhidrose

Wechselwirkungen

Folgende Wechselwirkungen sind bei der Behandlung mit Desvenlafaxin zu beachten:

  • Monoaminoxidase-Inhibitoren (einschließlich reversibler Monoaminoxidase-Inhibitoren wie Linezolid oder intravenös erabreichtes Methylenblau): Gefahr eines lebensbedrohlichen Serotonin-Syndroms
  • Andere ZNS-aktive Arzneimittel: Vorsicht ist geboten
  • Arzneimittel, die das serotonerge Neurotransmittersystem beeinflussen (einschließlich Triptane, SSRI, andere SNRI, Lithium, Sibutramin, Fentanyl und seine Analoga, Tramadol, Dextromethorphan, Tapentadol, Meperidin, Methadon, Pentazocin und Johanniskraut: Gefahr eines lebensbedrohlichen Serotonin-Syndroms
  • CYP3A4-Inhibitoren: CYP3A4 ist geringfügig an der Elimination von Desvenlafaxin beteiligt. Die gleichzeitige Anwendung von Desvenlafaxin und potenten CYP3A4-Inhibitoren kann zu einer Erhöhung der Desvenlafaxin-Konzentration führen.
  • CYP3A4-Substrate: Die gleichzeitige Anwendung von Desvenlafaxin und CYP3A4-Substraten kann zu einer geringeren Exposition gegenüber diesen Arzneimitteln führen.
  • Laboruntersuchungen: Bei Immunoassays zum Nachweis von Phencyclidin (PCP) und Amphetaminen im Urin wurden bei Patienten, die Desvenlafaxin einnahmen, falsch positive Ergebnisse beobachtet. Dies ist auf eine unzureichende Spezifität der durchgeführten Tests zurückzuführen. Falsch positive Ergebnisse der Tests sind über einen Zeitraum von mehreren Tagen nach Beendigung der Behandlung mit Desvenlafaxin zu erwarten. Mit Verfahren wie Gaschromatographie oder Massenspektrometrie können die Ergebnisse jedoch validiert und Desvenlafaxin von PCP und Amphetamin unterschieden werden.

Kontraindikationen

Desvenlafaxin darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels. Darüber hinaus ist die gleichzeitige Anwendung von Monoaminoxidase-Inhibitoren kontraindiziert. Die Behandlung mit Desveneurax darf frühestens 14 Tage nach dem Absetzen eines MAO-Inhibitors begonnen und die Behandlung mit einem MAO-Inhibitor frühestens 7 Tage nach Absetzen von Desvenlafaxin eingeleitet werden.

Schwangerschaft

Bisher liegen keine oder nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Desvenlafaxin bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität gezeigt, weshalb der Wirkstoff bei schwangeren Frauen nur angewendet werden darf, wenn der zu erwartende Nutzen größer ist als die potenziellen Risiken.

Stillzeit

Desvenlafaxin wird in die Muttermilch ausgeschieden. Aufgrund der möglichen schweren Nebenwirkungen für gestillte Kinder, die Desvenlafaxin exponiert werden, muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung verzichtet werden soll. Dabei soll sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für
die Frau berücksichtigt werden.

Verkehrstüchtigkeit

Desvenlafaxin kann sedierend wirken und zu Schwindel führen, weshalb Patienten keine potenziell gefährlichen Tätigkeiten - wie ein Fahrzeug führen oder Maschinen bedienen- ausüben dürfen, wenn sie diese Nebenwirkungen bei ihnen auftreten.

Alternativen

Zur Behandlung einer depressiven Störung können unter anderem folgende Wirkstoffe/Wirkstoffgruppen angewendet werden:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
263.38 g·mol-1
Kindstoff(e):
Quelle:
  1. EMA: Fragen und Antworten zur Rücknahme des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Ellefore, Ref. Dok. EMEA/180884/2009, 23. Oktober 2008
  2. Fachinformation Desveneurax
  3. Colvard, Michelle D. "Key differences between Venlafaxine XR and Desvenlafaxine: An analysis of pharmacokinetic and clinical data." Mental Health Clinician 4.1 (2014): 35-39.
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