Difelikefalin
Difelikefalin ist die erste zugelassene Therapieoption für dialysepflichtige Patienten mit moderatem bis starkem Pruritus. Es handelt sich um einen selektiven Kappa-Opioidrezeptor-Agonisten, der in den venösen Zugang des extrakorporalen Kreislaufs nach der Dialyse verabreicht wird.
Difelikefalin: Übersicht

Anwendung
Difelikefalin (Kapruvia) ist ein synthetischer peripher wirksamer Peptidagonist des Kappa-Opioidrezeptors, der zur Behandlung von mäßigem bis schwerem Pruritus im Zusammenhang mit einer chronischen Nierenerkrankung bei erwachsenen Hämodialysepatienten indiziert ist.
Ungefähr 50 bis 90 Prozent aller Dialysepatienten leiden unter chronischem Juckreiz (Pruritus), der von den Betroffenen als quälend und lebensqualitätsmindernd empfunden wird. Mehr als ein Drittel der betroffenen Dialyse-Patienten zerkratzt sich die Haut. Die Gründe für die Entstehung dieses Juckreizes sind noch nicht abschließend geklärt.
Anwendungsart
Difelikefalin wird dreimal wöchentlich am Ende der Hämodialysebehandlung beim Rückspülen oder nach dem Rückspülen als intravenöse Bolusinjektion in den venösen Zugang des extrakorporalen Kreislaufs verabreicht.
Das Medikament darf nicht verdünnt und nicht mit anderen Arzneimitteln gemischt werden und darf erst dann verabreicht werden, wenn kein Blut mehr durch den Dialysator fließt.
Bei einer Verabreichung nach dem Rückspülen sollte nach der Injektion von Kapruvia ein Rückspülvolumen von mindestens 10 ml Natriumchlorid 9 mg/ml (0,9%)-Injektionslösung verabreicht werden. Wenn die Dosis während des Rückspülens verabreicht wird, ist keine zusätzliche Natriumchlorid 9 mg/ml (0,9 %)-Injektionslösung zum Spülen des Zugangs notwendig.
Wirkmechanismus
Difelikefalin ist ein hydrophiles D-Aminosäure-Tetrapeptid, das peripher als Kappa-Opioid-Agonist wirkt. Durch die Aktivierung dieses Rezeptors soll der Juckreiz reduziert und immunmodulatorische bzw. entzündungshemmende Effekte hervorgerufen werden.
Da der Wirkstoff aufgrund seiner Struktur nicht in der Lage ist die Blut-Hirn-Schranke (BHS) zu überwinden, verursacht er im Gegensatz zu vielen anderen Opioiden keine Nebenwirkungen auf das zentrale Nervensystem (ZNS) wie bspw. eine Atemdepression.
Bei Patienten mit klinisch bedeutsamen Störungen der BHS (z. B. primäre bösartige Hirntumoren, ZNS-Metastasen oder andere entzündliche Erkrankungen, aktive Multiple Sklerose, fortgeschrittene Alzheimer-Erkrankung) kann ein Risiko für den Eintritt von Difelikefalin in das ZNS bestehen.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 0,5 µg/kg Trockengewicht (d. h. das Zielgewicht nach der Dialyse), verabreicht als intravenöse Bolusinjektion in die venöse Leitung des Dialysekreislaufs am Ende jeder Hämodialysebehandlung.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen, die bei ≥ 2% der Difelikefalin-Probanden (n=424) und mit einer um ≥1% höheren Inzidenz als bei Placebo-Empfängern (n=424) während des 12-wöchigen Behandlungszeitraums in den klinischen Studien KALM-1 und -2 auftraten, waren:
- Durchfall (9,0% vs. 5,7%)
- Schwindel (6,8% vs. 3,8%)
- Übelkeit (6,6% vs. 4,5%)
- Gangstörungen (einschließlich Stürze) [6,6% vs. 5,4%]
- Hyperkaliämie (4,7% vs. 3,5%)
- Kopfschmerzen (4,5% vs. 2,6%)
- Schläfrigkeit (4,2% vs. 2,4%)
- Veränderung des mentalen Status (3,3% vs. 1,4%)
Wechselwirkungen
Es wurden keine klinischen Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen durchgeführt. Die Wahrscheinlichkeit für Wechselwirkungen von Difelikefalin mit anderen Arzneimitteln ist allerdings gering, da Difelikefalin keine hemmende oder induzierende Wirkung auf CYP450-Enzyme aufweist und auch kein Substrat von CYP450-Enzymen oder Transporterproteinen ist.
Die gleichzeitige Anwendung von sedierenden Antihistaminika, Opioid-Analgetika oder anderen ZNS-Depressiva kann jedoch die Wahrscheinlichkeit von Schwindelgefühl und Somnolenz erhöhen.
Kontraindikationen
Difelikefalin darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
Schwangerschaft
Die Datenlage zur Anwendung von Difelikefalin innerhalb der Schwangerschaft ist begrenzt. Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf direkte oder indirekte schädliche Wirkungen in Bezug auf eine Reproduktionstoxizität. Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung während der Schwangerschaft vermieden werden.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Difelikefalin in die Muttermilch übergeht. Da ein Risiko für das Neugeborene/Kind nicht ausgeschlossen werden kann, muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung verzichtet werden soll. Dabei ist sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.
Verkehrstüchtigkeit
Difelikefalin hat geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, da es bei der Anwendung zu Somnolenz und/oder Schwindelgefühl kommen kann.
Somnolenz trat innerhalb der ersten 3 Behandlungswochen auf und klang bei fortgesetzter Behandlung tendenziell ab. Zu Schwindelgefühl kam es innerhalb der ersten 9 Behandlungswochen und war im Allgemeinen vorübergehend.
Alternativen
Neben Difelikefalin kommen für die Behandlung des starken Pruritus bei dialysepflichtigen Patienten die Wirkstoffe Gabapentin und Pregabalin, Antihistaminika oder UV-Lichttherapien bzw. die Pflege der trockenen Haut zum Einsatz.
- EMA: Fachinformation Kapruvia
- Deeks, Emma D. "Difelikefalin: First Approval." Drugs 81.16 (2021): 1937-1944.
- Topf, Joel, et al. "Efficacy of difelikefalin for the treatment of moderate to severe pruritus in hemodialysis patients: pooled analysis of KALM-1 and KALM-2 phase 3 studies." Kidney medicine 4.8 (2022): 100512.
- Fishbane, Steven, et al. "A phase 3 trial of difelikefalin in hemodialysis patients with pruritus." New England Journal of Medicine 382.3 (2020): 222-232.