Entrectinib

Entrectinib ist ein Krebsmedikament, das auf Basis des Vorhandenseins eines Biomarkers unabhängig vom Gewebetyp bei verschiedenen Krebsarten angewendet wird. Es handelt sich dabei um eine tumoragnostische Behandlungsoption, die einen wichtigen Schritt zu einer zielgerichteten und personalisierten Krebstherapie auf Basis molekulargenetischer Marker darstellt.

Entrectinib_neu

Anwendung

Entrectinib ist ein Inhibitor der Tropomyosin-Rezeptor-Kinasen (TRK). Das Medikament ist als Monotherapie indiziert zur oralen Behandlung von Erwachsenen und pädiatrischen Patienten ab 12 Jahren mit soliden Tumoren und nachgewiesener neurotropher Tyrosinrezeptorkinase (NTRK)-Genfusion wenn:

  • eine lokal fortgeschrittene oder metastasierte Erkrankung vorliegt oder eine Erkrankung, bei der eine chirurgische Resektion wahrscheinlich zu schwerer Morbidität führt, und
  • bisher kein NTRK-Inhibitor angewendet wurde
  • keine zufriedenstellende Therapieoptionen zur Verfügung steht

Weiterhin ist Entrectinib als Monotherapie zugelassen bei erwachsenen Patienten mit ROS1-positivem, fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC), die zuvor keine Behandlung mit ROS1-Inhibitoren erhalten haben.

Anwendungsart

Entrectinib ist unter dem Handelsnamen Rozyltrek für die orale Anwendung vorgesehen und als 100 mg sowie als 200 mg Hartkapseln erhältlich.

Wirkmechanismus

Entrectinib ist ein Inhibitor der Tropomyosin-Rezeptor-Tyrosinkinasen TRKA, TRKB und TRKC (codiert jeweils von den neutrophen Tyrosinrezeptorkinase [NTRK]-Genen NTRK1, NTRK2 bzw. NTRK3), der protoonkogenen Tyrosin-Proteinkinase ROS (ROS1) und der anaplastischen Lymphom-Kinase (ALK). Dadurch werden die intrazellulären Signalkaskaden von Krebszellen, die ein NTRK-Fusionsgen besitzen und konstitutiv aktive TRK-Proteine exprimieren, gestört. Fusionsproteine, die TRK-, ROS1- oder ALK-Kinase-Domänen enthalten, treiben das tumorigene Potenzial durch Hyperaktivierung der nachgelagerten Signalwege, was zu einer unkontrollierten Zellproliferation führt. NTRK-Fusionen kommen mit wechselnder Prävalenz bei zahlreichen soliden Tumoren ganz unterschiedlicher Lokalisationen vor.

Pharmakokinetik

Resorption

Nach einer oralen Einzeldosis von 600 mg Rozlytrek an Patienten mit NTRK-Genfusions-positiven und ROS1- positivem NSCLC zusammen mit Nahrungsmitteln wurde Entrectinib schnell resorbiert. Die maximale Plasmakonzentration (Tmax) wurde nach ca. 4 bis 6 Stunden und der Steady-State innerhalb von 5 Tagen erreicht. Gleichzeitige Nahrungsaufnahme hatte keine klinisch signifikante Wirkung auf die Bioverfügbarkeit.

Verteilung

Entrectinib und sein aktiver Hauptmetabolit M5 werden unabhängig von der Konzentration stark an menschliche Plasmaproteine gebunden( >99%). Nach einer oralen Einzeldosis von Entrectinib betrug das mittlere geometrische Verteilungsvolumen (Vz/F) 600 l, was auf eine extensive Verteilung des Arzneimittels hinweist.

Biotransformation

Entrectinib wird hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert (~76%). Geringe Beteiligungen von mehreren anderen CYPs und UGT1A4 wurden auf insgesamt unter 25% geschätzt. Der aktive Metabolit M5, der durch CYP3A4 gebildet wird, und das direkte N-Glucuronid-Konjugat M11, das durch UGT1A4 gebildet gebildet wird, sind die beiden identifizierten wesentlichen zirkulierenden Metabolite.

Elimination

Die nach Verabreichung von 600 mg Entrectinib einmal täglich bestimmte mittlere Akkumulation im Steady-State betrug 1,89 (± 0,381) und 2,01 (± 0,437) für M5. Nach Verabreichung einer Einzeldosis von 14C-markiertem Entrectinib wurde 83% der Radioaktivität mit den Fäzes (36% der Dosis als unverändertes Entrectinib und 22% als M5) und eine minimale Menge mit dem Urin (3%) ausgeschieden. Die scheinbare Clearance CL/F wird auf 19,6 l/h und 52,4 l/h für Entrectinib bzw. M5 geschätzt, die Eliminationshalbwertszeiten von Entrectinib und M5 auf 20 Stunden
bzw. 40 Stunden.

Linearität/Nicht-Linearität

Die Pharmakokinetik von Entrectinib ist in einem Dosierungsbereich von 100 mg bis 600 mg linear.

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt bei Erwachsenen 600 mg Entrectinib einmal täglich. Für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren beträgt die empfohlene Dosis 300 mg/m² Körperoberfläche (KOF) Entrectinib einmal täglich.

Nebenwirkungen

Die meisten unerwünschten Ereignisse in klinischen Studien waren von Grad 1 oder 2 und reversibel. Nur 4,5% der ROS1- und 3,9% der NTRK-Fusions-positiven Patienten brachen die Behandlung wegen behandlungsbedingter Nebenwirkungen ab. Die häufigsten Nebenwirkungen (≥20%) waren:

  • Fatigue
  • Obstipation
  • veränderter Geschmackssinn
  • Ödeme
  • Diarrhöe, Übelkeit, Erbrechen
  • Dysästhesie, kognitive Störungen
  • Dyspnoe, Husten und Fieber
  • Anämie
  • Gewichtszunahme
  • Kreatinin-Erhöhung im Blut
  • Schmerzen

Weiterhin wurden Fälle von Verlängerungen des QTc-Intervalls beobachtet.

Wechselwirkungen

CYP3A4

Entrectinib ist ein schwacher Inhibitor von CYP3A4 und basierend auf In-vitro-Daten ist CYP3A4 das primäre Enzym, das die Metabolisierung von Entrectinib und die Bildung seines aktiven Hauptmetaboliten M5 katalysiert.

Dementsprechend ist Vorsicht geboten, wenn der Wirkstoff zusammenmit sensitiven CYP3A4-Substraten (z. B. Cisaprid, Cyclosporin, Ergotamin, Fentanyl, Pimozid, Chinidin, Tacrolimus, Alfentanil und Sirolimus) oder CYP3A-Induktoren gegeben wird.

Die gleichzeitige Anwendung starker und moderater CYP3A-Inhibitoren (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Ritonavir, Saquinavir, Ketoconazol, Itraconazol, Voriconazol, Posaconazol, Grapefruit oder Bitterorange) ist zu vermeiden. Wenn eine gleichzeitige Anwendung von starken oder moderaten CYP3A4-Inhibitoren nicht vermieden werden kann, ist eine Dosisanpassung von Entrectinib erforderlich.

P-Glykoprotein

In-vitro-Daten deuten darauf hin, dass Entrectinib inhibitorisches Potenzial gegenüber P-Glykoprotein (P-gp) besitzt. Die gleichzeitige Gabe von Digoxin (einem sensitiven P-gp-Substrat) hatte allerdings keine klinisch relevanten Auswirkungen.

Die gleichzeitige Gabe von Entrectinib zusammenmit CYP3A-/P-gp-Induktoren (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Rifabutin, Rifampicin, JohanniskrautHypericum perforatum, Apalutamid, Ritonavir) ist zu vermeiden.

BCRP

In In-vitro-Studien wurde eine Inhibierung von BCRP beobachtet. Die klinische Relevanz dieser Inhibierung ist nicht bekannt, jedoch ist aufgrund des Risikos einer erhöhten Resorption Vorsicht geboten, wenn sensitive orale BCRP-Substrate (z. B. Methotrexat, Mitoxantron, Topotecan und Lapatinib) gleichzeitig mit Entrectinib angewendet werden.

Organo-Anion-Transporter

Entrectinib besitzt ein schwaches inhibitorisches Potenzial gegenüber Organo-Anion-Transportern (organic anion-transporting polypeptide– OATP)1B1. Die klinische Relevanz dieser Inhibierung ist nicht bekannt, jedoch ist aufgrund des Risikos einer erhöhten Resorption Vorsicht geboten, wenn sensitive orale OATP1B1-Substrate (z. B. Atorvastatin, Pravastatin, Rosuvastatin, Repaglinid oder Bosentan) gleichzeitig mit Entrectinib angewendet werden.

Pregnan-X-Rezeptor

Entrectinib kann weiterhin Enzyme induzieren, die über den Pregnan-X-Rezeptor (PXR) reguliert werden (z. B. CYP2C-Familie und UGT). Die gleichzeitige Anwendung von Entrectinib mit CYP2C8-, CYP2C9- oder CYP2C19-Substraten (z. B. Repaglinid, Warfarin, Tolbutamid oder Omeprazol) kann deren Exposition verringern.

Hormonale Kontrazeptiva

Die Wirksamkeit von systemisch wirkenden hormonalen Kontrazeptiva kann verringert sein. Deswegen wird Frauen, die systemisch wirkende hormonale Kontrazeptiva anwenden, geraten, zusätzlich eine Barrieremethode anzuwenden.

Kontraindikationen

Entrectinib darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.

Weiterhin sollte der Wirkstoff nicht bei Patienten mit Elektrolytstörungen oder schweren Herzerkrankungen, einschließlich kürzlich aufgetretenem Myokardinfarkt, kongestivem Herzversagen, instabiler Angina pectoris oder Bradyarrhythmien angewendet werden. Wenn nach Meinung des behandelnden Arztes der potenzielle Nutzen von Entrectinib bei einem Patienten mit einer dieser Erkrankungen die potenziellen Risiken überwiegt, ist eine zusätzliche Überwachung durchzuführen und eine fachärztliche Beratung in Betracht zu ziehen.

Schwangerschaft

Entrectinib kann bei Anwendung während der Schwangerschaft den Fetus schädigen. Frauen im gebärfähigen Alter müssen deshalb während der Behandlung und bis zu 5 Wochen nach der letzten Dosis hochwirksame Verhütungsmethoden anwenden.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Entrectinib oder seine Metabolite in die Muttermilch übergehen. Da ein Risiko für den gestillten Säugling nicht ausgeschlossen werden kann, soll das Stillen während der Behandlung unterbrochen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Entrectinib hat mäßigen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, da kognitive Nebenwirkungen sowie verschwommenes Sehen oder Schwindel auftreten können. Patienten sind darauf hinzuweisen kein Fahrzeug zu führen oder Maschinen zu bedienen bis die Symptome abklingen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
560.64 g·mol-1
Quelle:

[1] Fachinformation Rozlytrek
[2] Roche: Pressemitteilung

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4 Präparate mit Entrectinib