Enzalutamid
Enzalutamid, das unter dem Markennamen Xtandi vertrieben wird, ist ein nichtsteroidales Antiandrogen, das zur Behandlung von Prostatakrebs eingesetzt wird.
Enzalutamid: Übersicht

Anwendung
Enzalutamid wird angewendet zur Behandlung erwachsener Männer mit:
- metastasiertem hormonsensitivem Prostatakarzinom in Kombination mit einer Androgenentzugstherapie (metastatic hormone-sensitive prostate cancer, mHSPC)
- nicht metastasiertem kastrationsresistentem Hochrisiko-Prostatakarzinom (castration-resistant prostate cancer, CRPC)
- metastasiertem CRPC mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf nach Versagen der Androgenentzugstherapie, bei denen eine Chemotherapie klinisch noch nicht indiziert ist
- metastasiertem CRPC, deren Erkrankung während oder nach einer Chemotherapie mit Docetaxel fortschreitet
Wirkmechanismus
Enzalutamid ist ein Androgenrezeptor-Antagonist. Der Wirkstoff bindet direkt an den Androgenrezeptor und hemmt die Bindung von Androgenen, die Androgenrezeptor-Kerntranslokation und die Androgenrezeptor-vermittelte DNA-Bindung.
Der Androgenrezeptor gehört zur Familie der Steroidhormonrezeptoren und fungiert als Transkriptionsfaktor. Er enthält drei verschiedene funktionelle Domänen, die N-terminale Domäne, die DNA-bindende Domäne und die carboxyterminale Liganden-bindende Domäne. Die Hauptaufgabe des Androgenrezeptors besteht darin Gene zu regulieren, die für die Proteintranskription kodieren und für die Prostatafunktion und die Förderung der Zelldifferenzierung in der normalen Prostata benötigt werden.

Pharmakokinetik
Resorption
- Das pharmakokinetische Profil von Enzalutamid und N-Desmethyl-Enzalutamid (seinem aktiven Hauptmetaboliten) wird durch ein lineares Zwei-Kompartiment-Modell mit Absorption erster Ordnung beschrieben.
- Nahrung hat keinen Einfluss auf die Absorption.
- Die Tmax bei Prostatakrebspatienten beträgt eine Stunde (Bereich von 0,5–3 Stunden);
- Die Cmax im Steady State beträgt für Enzalutamid 16,6 μg/ml
- Die Cmax im Steady State von N-Desmethylenzalutamid 12,7 μg/ml
- Die Zeit bis zum Steady State beträgt 28 Tage
Verteilung
- Das scheinbare Verteilungsvolumen nach einer orale Einzeldosis beträgt 110 l
- Enzalutamid wird zu 97% bis 98% an Plasmaproteine, hauptsächlich Albumin, gebunden.
- N-Desmethylenzalutamid wird zu 95% an Plasmaproteine gebunden.
Metabolisierung
- Enzalutamid wird in der Leber hauptsächlich durch CYP2C8 und CYP3A4 metabolisiert.
- Das Enzym, das Enzalutamid in seinen aktiven Metaboliten N-Desmethyl-Enzalutamid umwandelt, ist CYP2C8.
- Die Aktivität von N-Desmethyl-Enzalutamid ist ähnlich der der Ausgangsverbindung.
Elimination
- Enzalutamid wird hauptsächlich über die Leber eliminiert.
- 71% der Dosis werden im Urin wiedergefunden (einschließlich nur Spuren von Enzalutamid und N-Desmethyl-Enzalutamid), 14% werden im Stuhl wiedergefunden (0,4% der Dosis als unverändertes Enzalutamid und 1% als N-Desmethyl-Enzalutamid).
- Die mittlere terminale Halbwertszeit (t1/2) von Enzalutamid beträgt bei Patienten nach einer oralen Einzeldosis 5,8 Tage (Bereich 2,8 bis 10,2 Tage).
- Nach einer oralen Einzeldosis von 160 mg Enzalutamid bei gesunden Probanden beträgt die mittlere terminale t1/2 für N-Desmethyl-Enzalutamid etwa 7,8 bis 8,6 Tage.
Nebenwirkungen
Die am häufigsten unter der Behandlung mit Enzalutamid beschriebenen Nebenwirkungen sind:
- Asthenie/Fatigue
- Hitzewallungen
- Hypertonie
- Frakturen
- Stürze
Darüber hinaus kann es zu kognitiven Störungen und Neutropenie kommen. Ein Krampfanfall trat bei 0,5% der mit Enzalutamid behandelten Patienten, bei 0,1% der Patienten, die Placebo erhielten und bei 0,3% der mit Bicalutamid behandelten Patienten auf.
Wechselwirkungen
Enzalutamid ist ein potenter Enzyminduktor und kann die Effektivität vieler gängiger Arzneimittel beeinflussen. Das volle Induktionspotenzial von Enzalutamid zeigt sich eventuell erst einen Monat nach Behandlungsbeginn, wenn der Steady State der Plasmakonzentration von Enzalutamid erreicht ist, obwohl einige Induktionseffekte auch schon vorher auftreten können. Aufgrund der langen Halbwertszeit von Enzalutamid (5,8 Tage) kann die Wirkung auf die CYP-Enzyme für einen Monat oder auch länger anhalten.
Mit folgenden Verbindungen sind Wechselwirkungen bei der Anwendung von Enzalutamid möglich:
- CYP2C8-Inhibitoren: CYP2C8 spielt eine wichtige Rolle bei der Elimination von Enzalutamid und bei der Bildung seines aktiven Metaboliten.
- Paracetamol: Die Gefahr einer Leberschädigung nach Anwendung von Paracetamol ist bei Patienten, die gleichzeitig mit einem Enzyminduktor behandelt werden, vermutlich höher.
- Analgetika (z. B. Fentanyl, Tramadol)
- Antibiotika (z. B. Clarithromycin, Doxycyclin)
- Krebsarzneimittel (z. B. Cabazitaxel)
- Antiepileptika (z. B. Carbamazepin, Clonazepam, Phenytoin, Primidon, Valproinsäure)
- Antipsychotika (z. B. Haloperidol)
- Antithrombotika (z. B. Warfarin, Clopidogrel)
- Betablocker (z. B. Bisoprolol, Propranolol)
- Calciumkanalantagonisten (z. B. Diltiazem, Felodipin, Nicardipin, Nifedipin, Verapamil)
- Herzglykoside (z. B. Digoxin)
- Kortikosteroide (z. B. Dexamethason, Prednisolon)
- antivirale HIV-Arzneimittel (z. B. Indinavir, Ritonavir)
- Hypnotika (z. B. Diazepam, Midazolam, Zolpidem)
- Immunsuppressiva (z. B. Tacrolimus)
- Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol)
- Statine, die über CYP3A4 verstoffwechselt werden (z. B. Atorvastatin, Simvastatin)
- Schilddrüsenhormone (z. B. Levothyroxin)
- Substrate von CYP2B6, CYP3A4, CYP2C9, CYP2C19 oder UGT1A1
- Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite, die Substrate von P-gp sind (z. B. Colchicin, Dabigatranetexilat, Digoxin)
- BCRP-, MRP2-, OAT3- und OCT1-Substrate: Theoretisch ist eine Induktion dieser Transporter möglich, der Nettoeffekt ist derzeit aber unbekannt.
- Arzneimittel, die das QT-Intervall verlängern oder Arzneimitteln, die Torsade de Pointes hervorrufen können, wie Antiarrhythmika der Klasse IA (z. B. Chinidin, Disopyramid) oder der Klasse III (z. B. Amiodaron, Sotalol, Ibutilid), Methadon, Moxifloxacin, Antipsychotika etc.
Kontraindikationen
Gegenanzeigen bestehen bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile und für Frauen, die schwanger sind oder schwanger werden können.
Schwangerschaft
Enzalutamid ist nicht zur Anwendung bei Frauen bestimmt und kontraindiziert bei Frauen, die schwanger sind oder werden können.
Verkehrstüchtigkeit
Enzalutamid könnte einen leichten Einfluss auf Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben. Patienten mit Krampfanfällen in der Vorgeschichte oder anderen prädisponierenden Faktoren sollten auf das Risiko hingewiesen werden.
Anwendungshinweise
Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Enzalutamid bei Patienten mit Krampfanfällen in der Vorgeschichte oder anderen prädisponierenden Faktoren (z. B. zugrunde liegende Gehirnverletzung, Schlaganfall, primären Hirntumor, Hirnmetastasen oder Alkoholismus; gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln, die die Krampfschwelle senken).
Alternativen
Beim Prostatakarzinom wird durch die klassische Androgendeprivationstherapie entweder durch die Entfernung der Hoden (chirurgische Kastration) oder durch die Gabe von LHRH-Agonisten oder -Antagonisten (medikamentöse Kastration) die Testosteronproduktion unterdrückt. Aufgrund verschiedener biologischer Mechanismen kann es jedoch nach einiger Zeit, trotz eines Testosteronlevels unter Kastrationsniveau, zu einer Progression des Tumorwachstums kommen. Man spricht dann von kastrationsresistentem Prostatakarzinom.
Zur Behandlung dieses Stadiums kommen verschiedene hormonelle und zytotoxische Therapien in Frage wie:
- Taxane (Docetaxel und Cabazitaxel)
- das Antitumorantibiotikum Mitoxantron
- Alkylanzien wie Estramustin
- antihormonelle Therapie mit Abirateronacetat
Wirkstoff-Informationen
- EMA: Fachinformation Xtandi
- G-BA: Dossier zur Nutzenbewertung Enzalutamid
- DrugBank: Enzalutamide, abgerufen am 12.04.2022
Abbildung
Adapted from „Androgen Receptor Genomic Pathway”, by BioRender.com
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