Erythromycin

Erythromycin ist ein Makrolid-Antibiotikum, das zur Behandlung von Infektionen, die durch Erythromycin-empfindliche Krankheitserreger wie z. B. bei Keuchhusten, Bronchitis, Sinusitis oder Mittelohrentzündung, angewendet wird .

Erythromycin

Anwendung

Erythromycin wird angewendet zur Therapie von Infektionen, die durch Erythromycin-empfindliche Krankheitserreger verursacht werden. Anwendungsgebiete sind u.a.:

  • Akute bakterielle Exazerbation der chronischen Bronchitis
  • Pneumonien, insbesondere durch atypische Erreger wie Legionellen und Mykoplasmen
  • Keuchhusten und Keuchhustenprophylaxe
  • Infektionen des Hals-, Nasen- und Ohrenbereichs: Akute bakterielle Otitis media, akute bakterielle Sinusitis, Pharyngitis (als Alternative zu Penicillin bei einer Penicillinallergie), Tonsillitis (als Alternative zu Penicillin bei einer Penicillinallergie)
  • Schwere Formen der Akne vulgaris
  • Erysipel, als Alternative zu Penicillin bei einer Penicillinallergie
  • Scharlach, als Alternative zu Penicillin bei einer Penicillinallergie
  • Einschlusskörperchen-Konjunktivitis und Trachom, verursacht durch Chlamydia trachomatis
  • Diphtherie
  • Urethritis, verursacht durch Chlamydia trachomatis oder Ureaplasma urealyticum
  • Syphilis (Lues) im primären Stadium, wenn andere, besser wirksame Antibiotika nicht gegeben werden können (z. B. Alternative bei Penicillinallergie)

Anwendungsart

Erythromycin ist als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung, als Granulat zur Herstellung einer Suspension zur Einnahme (Trockensaft) und als Filmtabletten auf dem deutschen Markt verfügbar. Die Einnahme während Mahlzeiten beeinträchtigt die Resorption von Erythromycin. Erythromycin sollte deshalb kurz vor oder 1 bis 2 Stunden nach den Mahlzeiten eingenommen werden.

Wirkmechanismus

Das Makrolid-Antibiotikum Erythromycin bindet an die 50S Untereinheit der Ribosome und unterdrückt so die Proteinsynthese durch Hemmung der Translokation der Aminoacyl-Transfer-RNA und die Hemmung der Polypeptid-Synthese, ohne eine Veränderung im Nukleinsäurezyklus zu verursachen. Eine mögliche Erklärung für seine geringe Toxizität und seinen Sicherheitsstandard ist, dass Erythromycin nicht an die Zytoplasmamembran der Wirtszellen bindet. In Abhängigkeit von seiner Konzentration und der Art des Organismus wirkt Erythromycin bakteriostatisch und bakterizid.

Pharmakokinetik

Resorption

Erythromycin wird nur unvollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert (ca. 25 bis 50 Prozent der oralen Dosis). Die Resorption findet überwiegend im Duodenum statt. Das Ausmaß der Resorption ist abhängig von den Erythromycin-Derivaten (Base, Ester, Salz), von der Darreichungsform und dem Füllungszustand des Magen-Darm-Traktes. Die Resorption von Erythromycin-Derivaten unterliegt erheblichen interindividuellen Schwankungen („poor absorber") oder („late absorber"). Maximale Erythromycin-Konzentrationen im Plasma werden nach oraler Gabe innerhalb von 1 bis 5 Stunden erreicht (in Abhängigkeit von der Darreichungsform und von der Nahrungsaufnahme). Werden hohe Erythromycin-Plasmakonzentrationen benötigt, steht mit dem Lactobionat ein wasserlösliches Salz für die intravenöse Applikation zur Verfügung.

Proteinbindung

Die Plasmaproteinbindung von Erythromycin beträgt im therapeutischen Bereich etwa 60 bis 70 Prozent. Die Erythromycin-Bindung an Albumin ist bei therapeutischen Konzentrationen nicht sättigbar.

Verteilung

Das scheinbare Verteilungsvolumen von Erythromycin beträgt 0,55 bis 0,77 l/kg und entspricht damit dem Gesamtkörperwasser. Erythromycin ist gut gewebegängig und besitzt ein großes Verteilungsvolumen. Das Antibiotikum breitet sich, mit Ausnahme der Rückenmarksflüssigkeit, leicht in den meisten Körperflüssigkeiten, aus.

Erythromycin wird außerdem in verschiedenen Zellen wie z. B. in Erythrozyten, Makrophagen und Leukozyten angereichert. Die Erythromycin-Konzentration im Vollblut ist daher höher als die Plasmakonzentration. Erythromycin passiert die Plazenta. Die Angaben über die Serumkonzentrationen im foetalen Blut variieren sehr stark und reichen von 2 bis 20 Prozent der Konzentrationen im mütterlichen Blut. In der Muttermilch erreicht Erythromycin Konzentrationen bis über 5 mg/l.

Metabolismus

Lebermikrosomen (CYP450 3A4) vermögen die N-Methylgruppen oxidativ abzuspalten. Genaue Untersuchungen am Menschen liegen nicht vor, doch ist anzunehmen, dass bis zu 50 Prozent des Erythromycins demethyliert wird. N-Desmethyl-Erythromycin besitzt weniger als 20 Prozent der antimikrobiellen Wirkung der Muttersubstanz. Bei zahlreichen anderen Substanzen verhindert Erythromycin die durch CYP3A katalysierte Oxidation.

Elimination

Erythromycin reichert sich in der Leber an und wird dann über die Galle ausgeschieden. Mehr als 50 Prozent der oral verabreichten Dosis wird über den Faeces ausgeschieden. Von der aktiven Form des Erythromycins werden etwa 2,5 Prozent der oralen Dosis und 12 bis 15 Prozent einer intravenösen Dosis über die Niere durch glomeruläre Filtration eliminiert. Die Eliminationsrate des unveränderten Esters über die Niere beträgt etwa 5 bis 10 Prozent.

Die Halbwertszeit von Erythromycin im Serum beträgt etwa 1 bis 2 Stunden. Schwere Leberschäden und starke Niereninsuffizienz verlängern die Halbwertszeit. Die Frage, ob bei stark eingeschränkter Nierenfunktion eine Dosisanpassung erforderlich ist, wird unterschiedlich diskutiert, obwohl die Halbwertszeit bei eingeschränkter Nierenfunktion verlängert ist. Im Allgemeinen wird empfohlen, bei diesen Patienten eine Tagesdosis von 2 g Erythromycin nicht zu überschreiten.

Dosierung

Die Dosierung richtet sich nach der Empfindlichkeit der Erreger und der Schwere der Erkrankung. Sie kann der jeweiligen Fachinformation entnommen werden.

Nebenwirkungen

Zu den am häufigsten berichteten Nebenwirkungen unter einer Erythromycin-Behandlung zählen meist nur leicht ausgeprägte Magen-Darm-Erkrankungen in Form von Anorexie, Würgen, Erbrechen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Blähungen, Unwohlsein, Krämpfen, weichem Stuhlgang oder Durchfall.

Wechselwirkungen

Die Wechselwirkungen von Erythromycin mit anderen Arzneistoffen basieren vor allem auf einer Beeinflussung des Metabolismus in der Leber. Häufiger Mechanismus ist hierbei die Blockierung von CYP-450 durch die Bildung eines stabilen Komplexes von Erythromycin mit diesem Enzymsystem.

Bei der Anwendung von Erythromycin kann es zu folgenden Wechselwirkungen kommen:

  • Chloramphenicol, Clindamycin oder Lincomycin, Streptomycin, Tetracyclinen sowie Colistin: antagonistischer Effekt möglich
  • Zwischen Erythromycin und Lincomycin bzw. Erythromycin und Clindamycin besteht eine partielle Kreuzresistenz der Erreger
  • Theophyllin, Carbamazepin, Clozapin bzw. Phenytoin oder Valproinsäure: Konzentrationen im Blut können erhöht sein
  • Ciclosporin A: nephrotoxische Wirkung kann bei Niereninsuffizienz verstärkt werden
  • Antihistaminika wie Terfenadin sowie Astemizol oder Cisaprid oder Pimozid: QT-Zeit-Verlängerungen im EKG und unter Umständen lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmien (Torsade de pointes) möglich. Diese Wirkstoffe dürfen deshalb während einer Therapie mit Erythromycin nicht angewendet werden
  • Alfentanil, Bromocriptin, Chinidin und Disopyramid, Felodipin, Methylprednisolon, Midazolam bzw. Triazolam, Tacrolimus, Zopiclon sowie Antikoagulantien vom Cumarintyp: Elimination kann durch die gleichzeitige Anwendung verzögert werden, so dass es zu einer Wirkungsverstärkung dieser Medikamente kommen kann.
  • Bestimmte Protease-Inhibitoren (wie z. B. Ritonavir): Hemmung des Abbaus von Erythromycin möglich.
  • Omeprazol: Bioverfügbarkeit beider Arzneimittel im Körper wird deutlich erhöht.
  • Cimetidin: Erhöhung der Erythromycin-Konzentration im Blut.
  • Dihydroergotamin oder nichthydriertes Mutterkornalkaloid: in Einzelfällen kann es bei gleichzeitiger Anwendung von Erythromycin und Dihydroergotamin oder einem nichthydrierten Mutterkornalkaloid zu einer verstärkten Vasokonstriktion und dadurch zu Ischämie kommen.
  • Digoxin: Erhöhung der Digoxin-Konzentrationen bei einem kleinen Teil der Patienten unter Digoxin-Therapie zusammen mit Erythromycin.
  • Lovastatin: in Einzelfällen kann die Rhabdomyolyse, die unter Lovastatin-Therapie beobachtet worden ist, durch die gleichzeitige Gabe von Erythromycin verstärkt werden.
  • Pentamidin (i.v.) bei HIV-Patienten: in Einzelfällen wurden bei AIDS-Patienten, die gleichzeitig Erythromycin (i.v.) und Pentamidin (i.v.) erhielten, bestimmte Formen von Herzrhythmusstörungen (Torsade de pointes) beobachtet.
  • Antiarrhythmika vom Chinidin-Typ (v.a. Amiodaron und Disopyramid): erhöhten Risiko für das Auftreten von Kammerarrhythmien, einschließlich “Torsade de pointes”. Diese Kombinationen sind deshalb kontraindiziert.
  • Orale Kontrazeptiva: in Einzelfällen kann die Sicherheit der empfängnisverhütenden Wirkung beeinträchtigt sein.

Kontraindikationen

Erythromycin darf nicht angewendet werden bei:

Schwangerschaft

Beobachtungen am Menschen haben bisher keinen Hinweis auf fruchtschädigende Einflüsse ergeben. Erythromycin gelangt nur in geringem Ausmaß über die Plazenta. Im Nabelschnurblut werden Konzentrationen bis 20 Prozent der entsprechenden mütterlichen Serumkonzentration erreicht. Tierexperimentelle Studien mit Erythromycin zeigten keine teratogenen Effekte. Bei Anwendung in der Schwangerschaft müssen Nutzen und Risiko sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Stillzeit

Der Wirkstoff geht zu etwa 50 Prozent in die Muttermilch über und kann beim Säugling Magen-Darm-Störungen und möglicherweise auch die Ausbildung einer Pylorusstenose verursachen. Weiterhin ist eine Sensibilisierung oder eine Sprosspilzbesiedelung möglich. Vor einer Anwendung in der Stillzeit müssen daher Nutzen und Risiko sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Die Anwendung von Erythromycin sollte keinen direkten Einfluss auf die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit haben. Durch das Auftreten von Nebenwirkungen kann unter Umständen das Reaktionsvermögen verändert und die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt sein.

Alternativen

Weitere Makrolid-Antibiotika sind:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
733.93 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 2.0 H
Q0-Wert:
0.8
Quelle:

Fachinformationen von Erythromycin

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