Fidaxomicin

Fidaxomicin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Makrozykline, das zur Behandlung von Clostridioides-difficile-Infektionen (CDI) und damit assoziierter Diarrhö (CDAD) indiziert ist. Der Wirkstoff hemmt die bakterielle RNA-Polymerase und folglich die bakterielle RNA-Synthese.

Fidaxomicin

Anwendung

Das Makrozyklin-Antibiotikum Fidaxomicin wird zur Behandlung von Clostridioides-difficile-Infektionen (CDI) bzw. Clostridioides-difficile-assoziierter Diarrhö (CDAD) bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen eingesetzt.

Anwendungsart

Fidaxomicin ist in den Darreichungsformen Filmtablette (200 mg) und Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (40 mg/mL) erhältlich. Bei der Anwendung sollten offizielle Leitlinien zum angemessenen Gebrauch von Antibiotika berücksichtigt werden. Die Einnahme beider Darreichungsformen kann nahrungsunabhängig erfolgen.

Hinweise zur Anwendung der Suspension zum Einnehmen:

  • Die Flasche sollte 15 Minuten vor Anwendung aus dem Kühlschrank entnommen und etwa 10x vorsichtig geschüttelt werden.
  • Nach der Rekonstitution sollte die Suspension zum Einnehmen nur mit der Applikationsspritze für Zubereitungen zum Einnehmen mit Adapter, die von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe zur Verfügung gestellt wurde, angewendet werden.
  • Die Flasche sollte nach jeder Anwendung im Kühlschrank gelagert werden.

Wirkmechanismus

Fidaxomicin ist ein bakterizid und lokal wirksames Antibiotikum aus der Gruppe der Makrozykline. Das Antibiotikum hemmt die bakterielle RNA-Synthese durch die bakterielle RNA-Polymerase. Der Mechanismus ähnelt dem der Rifamycine (z.B. Rifampicin), wobei Fidaxomicin die bakterielle RNA-Polymerase an anderer Stelle beeinflusst. Fidaxomicin hemmt die RNA-Polymerase von Clostridioides in einer Konzentration, die 20-mal niedriger ist als bei dem entsprechenden Enzym von E. coli (1 μM vs. 20 μM).

Pharmakokinetik

Resorption

  • Die Bioverfügbarkeit von Fidaxomicin ist nicht bekannt.
  • Bei gesunden Erwachsenen beträgt die cmax nach Verabreichung von 200 mg Fidaxomicin etwa 9,88 ng/mL und die AUC0-t 69,5 ng x h/ml mit einer tmax von 1,75 Stunden.
  • Bei Patienten mit CDI sind die durchschnittlichen maximalen Plasmakonzentrationen von Fidaxomicin und seinem Hauptmetaboliten OP-1118 tendenziell 2- bis 6-mal höher als bei gesunden Erwachsenen.
  • Nach Verabreichung von 200 mg Fidaxomicin alle 12 Stunden über 10 Tage war eine sehr begrenzte Akkumulation von Fidaxomicin oder OP-1118 im Plasma zu beobachten.
  • Die cmax von Fidaxomicin und OP-1118 im Plasma ist nach einer fettreichen Mahlzeit um 22% bzw. 33% niedriger als im nüchternen Zustand, allerdings ist das Ausmaß der Exposition (AUC0-t) äquivalent.

Verteilung

  • Das Verteilungsvolumen von Fidaxomicin ist aufgrund der begrenzten Resorption nicht bekannt.

Metabolismus

  • Aufgrund der geringen systemischen Resorption von Fidaxomicin wurden keine ausführlichen Untersuchungen von Metaboliten im Plasma durchgeführt.
  • Ein Hauptmetabolit, OP-1118, wird durch Hydrolyse des Isobutyrylesters gebildet (besitzt ebenfalls antibiotische Aktivität).
  • In-vitro-Studien zum Metabolismus zeigen, dass die Bildung von OP-1118 nicht von CYP450-Enzymen abhängig ist.

Elimination

  • Nach einmaliger Einnahme von 200 mg Fidaxomicin wird der Großteil der verabreichten Dosis (mehr als 92%) in Form von Fidaxomicin oder seines Metaboliten OP-1118 (66%) über die Fäzes eliminiert.
  • Die Haupteliminationswege für systemisch verfügbares Fidaxomicin sind nicht beschrieben.
  • Die renale Elimination ist zu vernachlässigen (< 1%).
  • Die Halbwertszeit von Fidaxomicin beträgt etwa 8-10 h.

Patientenindividuelle Pharmakokinetik

  • Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion: Begrenzte Daten von erwachsenen Patienten mit anamnestisch aktiver chronischer Leberzirrhose im Rahmen der Phase-3-Studien zeigen, dass die Plasmaspiegel von Fidaxomicin und OP-1118 im Vergleich zu nicht-zirrhotischen Patienten im Median etwa um das 2- bis 3-Fache höher liegen.

Dosierung

Erwachsene

  • Empfohlene Tagesdosis: 2x täglich jeweils 200 mg (alle 12 Stunden) über 10 Tage
  • Das Granulat zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen kann für erwachsene Patienten angewendet werden, die Schwierigkeiten beim Schlucken von Tabletten haben.

Kinder und Jugendliche

  • Empfohlene Tagesdosis (bei einem Körpergewicht ≥ 12,5 kg): 2x täglich jeweils 200 mg (alle 12 Stunden) über 10 Tage
  • Für Patienten mit einem Körpergewicht < 12,5 kg wird eine reduzierte Dosis empfohlen (z.B. 40 mg bzw. 1 mL Suspension bei < 4 kg Körpergewicht).

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen unter der Therapie mit Fidaxomicin sind:

  • Übelkeit und Erbrechen
  • Obstipation

Wechselwirkungen

Fidaxomicin und dessen Metabolit OP-1118 sind Substrate von P-gp, weshalb potenzielle Wechselwirkungen mit Substraten oder Inhibitoren von P-gp bedacht werden müssen.

  • P-gp-Inhibitoren: Die gleichzeitige Gabe einer Einzeldosis des P-gp-Inhibitors Ciclosporin A zusammen mit einer Einzeldosis Fidaxomicin bei gesunden Probanden resultiert in einem 4- bzw. 2-fachen Anstieg der cmax und AUC von Fidaxomicin sowie in einem 9,5- bzw. 4-fachen Anstieg der cmax und AUC des aktiven Hauptmetaboliten OP-1118 (da die klinische Relevanz dieser erhöhten Exposition unklar ist, wird eine gleichzeitige Gabe von starken P-gp-Inhibitoren wie Ciclosporin, Ketoconazol, Erythromycin, Clarithromycin, Verapamil, Dronedaron und Amiodaron nicht empfohlen).
  • P-gp-Substrate: Fidaxomicin ist möglicherweise ein leichter bis moderater Inhibitor von intestinalem P-gp, denn Fidaxomicin (200 mg 2x täglich) hatte einen geringen, jedoch klinisch nicht relevanten Einfluss auf die Digoxin-Exposition (allerdings kann ein stärkerer Effekt auf P-gp-Substrate mit geringerer Bioverfügbarkeit und höherer Sensitivität gegenüber intestinaler P-gp-Inhibition wie Dabigatranetexilat nicht ausgeschlossen werden).

In-vitro-Studien zeigen darüber hinaus, dass Fidaxomicin und der Metabolit OP-1118 Inhibitoren, jedoch keine Substrate der Transporter BCPR, MRP2 und OATP2B1 sind. Fidaxomicin scheint allerdings keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Exposition von Rosuvastatin, einem Substrat für OATP2B1 und BCRP, zu haben.

Die klinische Relevanz der Hemmung von MRP2 ist noch nicht bekannt.

Kontraindikationen

Fidaxomicin ist kontraindiziert bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels.

Schwangerschaft

Bisher liegen keine Daten zur Anwendung von Fidaxomicin bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf direkte oder indirekte gesundheitsschädliche Wirkungen in Bezug auf eine Reproduktionstoxizität. Als Vorsichtsmaßnahme soll eine Anwendung von Fidaxomicin während der Schwangerschaft vermieden werden.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Fidaxomicin bzw. Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Obwohl anzunehmen ist, dass Fidaxomicin keine Auswirkungen auf das gestillte Neugeborene/Kind hat, da die systemische Exposition von Fidaxomicin gering ist, kann ein Risiko für das Neugeborene oder den Säugling nicht ausgeschlossen werden. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist, auf die Behandlung mit Fidaxomicin verzichtet werden soll oder die Behandlung mit Fidaxomicin zu unterbrechen ist. Dabei ist sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.

Verkehrstüchtigkeit

Fidaxomicin hat keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Anwendungshinweise

Überempfindlichkeitsreaktionen

  • Wenn eine schwere allergische Reaktion während der Behandlung mit Fidaxomicin auftritt, soll das Arzneimittel abgesetzt und geeignete Maßnahmen sollen ergriffen werden.
  • Einige Patienten mit Überempfindlichkeitsreaktionen berichteten über eine Allergie gegen Makrolide in der Vorgeschichte, weshalb Fidaxomicin bei Patienten mit bekannter Allergie gegen Makrolide mit Vorsicht angewendet werden sollte.

Kinder und Jugendliche

  • In klinischen Studien hat nur ein Patient im Alter von unter 6 Monaten und kein Patient mit einem Körpergewicht < 4 kg Fidaxomicin erhalten, weshalb Fidaxomicin bei diesen Patienten mit Vorsicht angewendet werden sollte.
  • Eine Untersuchung auf C. difficile Kolonisation oder Toxine wird bei Kindern, die jünger als 1 Jahr sind, aufgrund einer hohen asymptomatischen Kolonisation nicht empfohlen, es sei denn, dass bei Säuglingen mit Risikofaktoren für Stauungen wie die Hirschsprung-Krankheit, operierte Analatresie oder andere schwere Motilitätsstörungen ein starker Durchfall vorliegt.
  • Alternative Ätiologien sollten immer gesucht und eine C. difficile Enterokolitis nachgewiesen sein.
  • Das Arzneimittel enthält 2,5 mg Natriumbenzoat (E 211) pro mL Suspension zum Einnehmen, welches Gelbsucht (Gelbfärbung von Haut und Augen) bei Neugeborenen (im Alter bis zu 4 Wochen) verstärken kann.

Vorsichtsmaßnahmen

  • Aufgrund begrenzter klinischer Daten sollte Fidaxomicin bei Patienten mit pseudomembranöser Kolitis sowie fulminanter oder lebensbedrohlicher CDI mit Vorsicht angewendet werden.
  • Da nur begrenzte klinische Daten vorliegen, sollte Fidaxomicin bei Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion oder moderater bis schwerer Beeinträchtigung der Leberfunktion mit Vorsicht angewendet werden.

Alternativen

Als primäre Maßnahme zur Behandlung einer CDAD wird das Absetzen einer bestehenden Antibiotikatherapie (sofern klinisch vertretbar) empfohlen, die aufgrund ihres Einflusses auf die Darmflora im direkten Zusammenhang mit einer CDI steht. Das Absetzen bedingt bei etwa 15-23% der Patienten mit symptomatischer CDI ein Sistieren des Durchfalls innerhalb von 2-3 Tagen.

Alternative Antibiotika zur Behandlung einer CDI bzw. CDAD sind:

Darüber hinaus steht mit dem humanen monoklonalen Antikörper Bezlotoxumab, der sich gegen Toxin B von C. difficile richtet, eine passive Immunisierung zur Prävention von wiederkehrenden CDI bei Risikopatienten zur Verfügung.

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
1058.04 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 10.0 H
Q0-Wert:
1.0
Autor:
Stand:
31.01.2022
Quelle:
  1. EMA: Dificlir
  2. Freissmuth et al., Pharmakologie und Toxikologie, 2020, Springer
  3. Mutschler et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen, 2019, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  4. RKI: Clostridioides (früher Clostridium) difficile
  5. European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases: 2021 update on the treatment guidance document for Clostridioides difficile infection in adults
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