Flunitrazepam
Der Wirkstoff Flunitrazepam gehört zur Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine und ist zugelassen für die Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen. Das Hypnotikum und Sedativum unterliegt aufgrund seines hohen Missbrauchspotentials, begünstigt durch die schnelle Anflutung des Wirkstoffes, dem Betäubungsmittelgesetz.
Flunitrazepam: Übersicht

Anwendung
Flunitrazepam ist zugelassen für die Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen.
Die Dauer der Behandlung sollte so kurz wie möglich sein.
Wirkmechanismus
Flunitrazepam ist ein Benzodiazepinderivat und bindet als spezifischer GABA-Agonist mit hoher Affinität an Benzodiazepin-Rezeptoren (BZ1 und BZ2) im ZNS. Der Wirkstoff beeinflusst die GABA-erge Transmission schon in wesentlich kleineren Dosen als andere Benzodiazepin-Derivate und zeigt einen dosis- und zeitabhängigen amnestischen Effekt.
Pharmakokinetik
Resorption
Flunitrazepam wird nach oraler Einnahme schnell und fast vollständig resorbiert. Nach Einnahme von 1 mg Flunitrazepam werden maximale Plasmaspiegel nach ca. einer Stunde erreicht. Nahrung reduziert sowohl die Geschwindigkeit als auch das Ausmaß der Resorption. Die Pharmakokinetik von Flunitrazepam ist im Dosisbereich von 0,5-4,0 mg linear. Die Steady-State-Plasmakonzentration von Flunitrazepam wird nach 5 Tagen erreicht.
Verteilung
Die rasche und ausgeprägte Verteilung bewirkt einen schnellen initialen Abfall des Plasmaspiegels. Ca. 8 Stunden nach Gabe von 2 mg Flunitrazepam wird ein Abfall des Plasmaspiegels unter die minimale effektive Grenze erreicht, bei niedrigerer Dosierung früher. Die Plasmaeiweißbindung beträgt ca. 78 Prozent, die Bioverfügbarkeit nach oraler Gabe beträgt etwa 80 bis 90 Prozent.
Flunitrazepam wird schnell in die Hirnflüssigkeit aufgenommen.
Biotransformation
Flunitrazepam wird fast vollständig hepatisch metabolisiert. Hauptmetaboliten sind 7-Amino-Flunitrazepam und N-Desmethyl-Flunitrazepam, deren Aktivitäten allerdings nicht pharmakologisch relevant erscheinen.
Elimination
Die Eliminations-HWZ an unverändertem Flunitrazepam betragt 16 bis 35 Stunden. Die Ausscheidung von Flunitrazepam und seinen Metaboliten erfolgt zu ca. 90 Prozent über die Niere und zu ca. 10 Prozent biliär. Eine Kummulation sowie Hangover-Effekte sind aufgrund der langen Halbwertszeit bei wiederholter Einnahme möglich (insbesondere bei älteren oder niereninsuffizienten Patienten).
Nebenwirkungen
Für die Anwendung von Flunitrazepam sind u.a. folgende unerwünschte Arzneimittelwirkungen beschrieben:
- Überempfindlichkeitsreaktionen
- Dämpfung, Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit
- „paradoxe Reaktionen" wie z. B. Erregbarkeit, Reizbarkeit, aggressives Verhalten
- Absetzerscheinungen (z.B. Rebound-Phänomene) oder Entzugssymptome
- Somnolenz, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl,
- Diplopie, Nystagmus
- Atemdepression
- Herzversagen, Herzstillstand
- Übelkeit, Erbrechen
- Muskelschwäche
- Fatigue, Toleranzentwicklung bei längerer oder wiederholter Anwendung
- Stürze, Knochenbrüche
Wechselwirkungen
Pharmakokinetische Wechselwirkungen
Wirkstoffe, die Cytochrom P450 hemmen, können die Wirkung von Benzodiazepinen und Benzodiazepin-ähnlichen Wirkstoffen verstärken. Wechselwirkungen mit den folgenden CYP3A4-Inhibitoren sind deshalb möglich:
- Azolantimykotika: Fluconazol, Ketoconazol, Itraconazol
- Cimetidin
- HIV-Proteaseinhibitoren
- Gemfibrozil (PPAR-α-Agonist)
- Makrolidantibiotika: Erythromycin, Clarithromycin, Telithromycin
- Nefazodon (SNRI)
- Statine
- Verapamil
- Grapefruitsaft
- Phenobarbital und Phenytoin
Pharmakodynamische Wechselwirkungen
Folgende Arzneimittel können zu einer gegenseitigen Verstärkung der zentral dämpfenden Wirkung führen:
- Sedativa, Hypnotika, Narkoanalgetika, Anästhetika
- Antipsychotika, Neuroleptika
- Antiepileptika
- Anxiolytika
- sedierende Antihistaminika
- Antidepressiva, Lithium-Präparate
- Alkohol
- Muskelrelaxanzien
Kontraindikationen
Arzneimittel mit dem Wirkstoff Flunitrazepam dürfen nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegenüber Flunitrazepam oder Benzodiazepinen
- Abhängigkeitsanamnese
- akuter Vergiftung mit Alkohol- oder Arzneimitteln
- Myasthenia gravis
- schwerer Ateminsuffizienz
- Schlafapnoe-Syndrom
- schwerer Leberinsuffizienz
- Kindern
Schwangerschaft
Flunitrazepam darf während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn dies eindeutig erforderlich ist.
Stillzeit
Flunitrazepam geht in die Muttermilch über und kann dort höhere Konzentrationen als im mütterlichen Plasma erreichen und sollte daher in der Stillzeit nicht angewendet werden. Wenn wiederholte oder hohe Dosierungen von Flunitrazepam in der Stillzeit zwingend indiziert sind, ist abzustillen, da Flunitrazepam in der Muttermilch akkumuliert.
Verkehrstüchtigkeit
Durch Flunitrazepam ausgelöste Sedierung, Amnesie, verminderte Konzentrationsfähigkeit und beeinträchtigte Muskelfunktion können sich nachteilig auf die Fahrtüchtigkeit oder die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen auswirken.
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation Fluninoc
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Medizinische Chemie: Targets und Arzneistoffe, Steinhilber, Schubert-Zsilavecz, Roth