Gilteritinib
Der Wirkstoff Gilteritinib wird angewendet zur Behandlung der rezidivierten oder refraktären akuten myeloischen Leukämie (AML) mit einer FLT3-Mutation.
Gilteritinib: Übersicht

Anwendung
Gilteritinib wird angewendet als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit rezidivierter oder refraktärer akuter myeloischer Leukämie (AML) mit einer FLT3-Mutation.
Die AML ist eine Neoplasie der Myelopoese mit variabler Beteiligung myeloischer Zelllinien mit einer Häufigkeit von etwa 3,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Diese steigt mit dem Alter an mit altersspezifischen Inzidenzen von über 100 Fällen pro 100.000 Einwohner bei Patienten im Alter über 70 Jahren. Etwa 25 bis 30 Prozent der AML-Patienten haben eine Mutation im FLT3-Gen, die mit einer besonders aggressiven Form der Erkrankung und einem höheren Rückfallrisiko assoziiert ist.
Anwendungsart
Gilteritinib ist zum Einnehmen bestimmt. Die Tabletten können unabhängig von einer Mahlzeit unzerkaut mit Wasser eingenommen werden. Die Tabletten dürfen nicht zerbrochen oder zerkleinert werden.
Vor Beginn der Behandlung, an Tag 15 und danach monatlich ist die Serumchemie (einschließlich der Kreatinphosphokinase) zu überprüfen.
Vor Beginn der Behandlung, an Tag 8 und an Tag 15 des ersten Zyklus sowie vor Beginn der nächsten drei Behandlungsmonate ist ein Elektrokardiogramm (EKG) aufzuzeichnen
Wirkmechanismus
Gilteritinib ist ein FLT3- und AXL-Inhibitor, der die Signalwege des FLT3-Rezeptors und die Proliferation in den Zellen, die FLT3-Mutationen exogen exprimieren, inhibiert (einschließlich FLT3-ITD, FLT3-D835Y und FLT3-ITD-D835Y). Weiterhin induziert Gilteritinib eine Apoptose bei leukämischen Zellen, die FLT3-ITD exprimieren.
Mittels eines ex vivo-Assays zur Hemmwirkung im Plasma wurde nachgewiesen, dass es bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer AML, die 120 mg Gilteritinib erhielten, innerhalb von 24 Stunden nach der ersten Gabe und anhaltend zu einer wesentlichen (>90 %) Hemmung der Phosphorylierung von FLT3 kam.
Pharmakokinetik
Resorption
Nach oraler Anwendung von Gilteritinib werden Spitzen-Plasmakonzentrationen bei einer medianen tmax von etwa 4 bis 6 Stunden erreicht. Bei einmal täglicher Anwendung von 120 mg Gilteritinib beträgt die mediane maximale Konzentration (Cmax) im Steady-state 282,0 ng/ml (CV% = 50,8) und die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) während eines 24-stündigen Dosierungsintervalls 6180 ng·h/ml (CV% = 46,4). Die Steady-state-Plasmaspiegel werden bei einmal täglicher Gabe innerhalb von 15 Tagen erreicht, wobei eine etwa 10-fache Akkumulation vorliegt.
Einfluss von Nahrungsmitteln
Wurde Gilteritinib zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen, sank die Cmax um ca. 26 % und die AUC um weniger als 10 %, verglichen mit der Gilteritinib-Exposition im Nüchternzustand. Die mediane tmax war um 2 Stunden verzögert, wenn Gilteritinib zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen wurde.
Verteilung
Die populationsbasierte Schätzung des zentralen und peripheren Verteilungsvolumens betrug 1092 l bzw. 1100 l, was auf eine ausgeprägte Verteilung im Gewebe hindeutet. Die Plasmaproteinbindung beträgt ungefähr 90%. Gilteritinib wird überwiegend an Albumin gebunden.
Biotransformation
Gilteritinib wird überwiegend über CYP3A4 metabolisiert. Zu den primären Metaboliten zählen M17 (gebildet über N-Dealkylierung und Oxidation), M16 und M10 (beide gebildet über N-Dealkylierung). Keiner der drei Metaboliten überschritt 10 % der Gesamtexposition der Ausgangssubstanz. Die pharmakologische Wirkung der Metaboliten auf FLT3- und AXL-Rezeptoren ist nicht bekannt. In vitro Experimente haben zudem gezeigt, dass Gilteritinib ein Pgp-Substrat ist und bei klinisch relevanten Konzentrationen BCRP und P-gp im Dünndarm sowie OCT1 in der Leber potenziell hemmen kann.
Elimination
Gilteritinib wird vorwiegend mit dem Stuhl ausgeschieden (64,5 % der gesamten verabreichten Dosis). Ungefähr 16,4 % der Gesamtdosis wurden im Urin als unveränderter Wirkstoff und Metaboliten ausgeschieden. Die Plasmakonzentrationen von Gilteritinib nahmen biexponentiell ab; die mittlere geschätzte Halbwertszeit in der Population betrug 113 Stunden. Die auf der Basis des Populations-PK-Modells geschätzte scheinbare Clearance (CL/F) beträgt 14,85 l/h.
Dosierung
Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 120 mg Gilteritinib (drei 40-mg-Tabletten) einmal täglich.
Wird nach vierwöchiger Behandlung kein Ansprechen beobachtet (Patient erreichte keine CRc), kann die Dosis auf 200 mg (fünf 40 mg Tabletten) einmal täglich erhöht werden, sofern dies verträglich oder klinisch erforderlich ist. Die Dauer der Behandlung richtet sich nach dem klinischen Nutzen für den Patienten. Da ein Ansprechen verzögert auftreten kann, ist die Weiterbehandlung mit der verschriebenen Dosis für bis zu 6 Monate in Betracht zu ziehen, um ein klinisches Ansprechen zu ermöglichen.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen unter Gilteritinib waren:
- Anstieg der Kreatinphosphokinase im Blut (93,4%), Alaninaminotransferase (ALT) (82,1%), Aspartataminotransferase (AST) (80,6%) und alkalischen Phosphatase (68,7%)
- Diarrhoe (35,1%)
- Ermüdung (30,4%)
- Übelkeit (29,8%)
- Obstipation (28,2%)
- Husten (28,2%)
- peripheres Ödem (24,1%)
- Dyspnoe (24,1%)
- Schwindelgefühl (20,4%)
- Hypotonie (17,2%)
- Schmerzen in den Extremitäten (14,7%)
- Asthenie (13,8%)
- Arthralgie (12,5%)
- Myalgie (12,5%)
Wechselwirkungen
Gilteritinib wird überwiegend über CYP3A-Enzyme metabolisiert, die durch eine Reihe gleichzeitig angewendeter Arzneimittel induziert oder gehemmt werden können.
Die gleichzeitige Anwendung von CYP3A/Pgp-Induktoren (z. B. Phenytoin, Rifampicin und Johanniskraut) kann zu einer geringeren Gilteritinib-Exposition und somit zu einer mangelnden Wirksamkeit führen.
Vorsicht ist geboten bei der gleichzeitiger Anwendung mit starken Inhibitoren von CYP3A und/oder Pgp (wie beispielsweise, jedoch nicht ausschließlich, (z. B. Voriconazol, Itraconazol, Posaconazol, Clarithromycin, Erythromycin, Captopril, Carvedilol, Ritonavir, Azithromycin)), da diese die Gilteritinib-Exposition erhöhen können.
Gilteritinib kann die Wirkung von Arzneimitteln, die gegen den 5HT2B-Rezeptor oder unspezifische Sigma-Rezeptoren gerichtet sind z. B. Escitalopram, Fluoxetin, Sertralin) vermindern.
Schwangerschaft
Gilteritinib sollte während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Frauen, die schwanger werden können, müssen während der Behandlung mit Gilteritinib und bis mindestens 6 Monate nach dem Ende der Behandlung eine wirksame Methode der Empfängnisverhütung anwenden. Bei Verwenden hormoneller Verhütungsmittel muss zusätzlich eine Barrieremethode genutzt werden. Männer sollten während der Behandlung und bis mindestens 4 Monate nach dem Ende der Behandlung eine wirksame Methode der Empfängnisverhütung anwenden.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt ob Gilteritinib in die Muttermilch übergeht und dem Säugling schaden kann. Während der Behandlung und mindestens zwei Monate nach Ende der Behandlung darf nicht gestillt werden.
Verkehrstüchtigkeit
Nach der Einnahme von Gilteritinib kann Schwindel auftreten. In diesem Fall dürfen Patienten nicht am Straßenverkehr teilnehmen oder Maschinen bedienen.
Anwendungshinweise
Gilteritinib wurde mit dem Auftreten eines Differenzierungssyndroms in Zusammenhang gebracht. Drei Prozent der 319 Patienten, die in den klinischen Studien mit Xospata behandelt wurden, hatten ein Differenzierungssyndrom. Dieses ist charakterisiert durch eine rasche Proliferation und Differenzierung von myeloischen Zellen und kann unbehandelt lebensbedrohlich oder tödlich sein.
Auf folgende Symptome achten
Zu denSymptomen und klinischen Befunden des Differenzierungssyndroms gehören:
- Fieber
- Dyspnoe
- Pleuraerguss
- Perikarderguss
- Lungenödem
- Hypotonie
- rasche Gewichtszunahme
- peripheres Ödem
- Ausschlag
- Nierenfunktionsstörung
Kortikosteroidtherapie einleiten
Wird ein Differenzierungssyndrom vermutet, so sind eine Kortikosteroidtherapie und eine hämodynamische Überwachung einzuleiten und diese bis zum Abklingen der Symptome fortzusetzen.
Bleiben schwerwiegende Anzeichen und/oder Symptome länger als 48 Stunden nach Beginn der Gabe von Kortikosteroiden bestehen, ist die Behandlung mit Xospata zu unterbrechen, bis der Schweregrad der Anzeichen und Symptome zurückgeht.
Eine vollständige Auflistung der Warnhinweise kann der Fachinformation entnommen werden.
- Fachinformation Xospata
- Astellas: European Commission Approves Astellas’ XOSPATA™ (gilteritinib) as a Monotherapy for Patients with Relapsed or Refractory Acute Myeloid Leukemia with a FLT3 Mutation
- P&T Community: Astellas Presents New Data on XOSPATA® (gilteritinib) in FLT3 Mutation-Positive Relapsed/Refractory Acute Myeloid Leukemia at the 2019 American Society of Hematology Annual Meeting
- Clinical Trials: A Study of ASP2215 Versus Salvage Chemotherapy in Patients With Relapsed or Refractory Acute Myeloid Leukemia (AML) With FMS-like Tyrosine Kinase (FLT3) Mutation