Hydroxychloroquin

Der Wirkstoff Hydroxychloroquin ist ein hydroxyliertes Derivat von Chloroquin, das sowohl gegen Malaria als auch gegen Entzündungen wirkt und heute am häufigsten als antirheumatisches Mittel bei systemischem Lupus erythematodes und rheumatoider Arthritis eingesetzt wird. Hydroxychloroquin hat eine ähnliche Antimalaria-Aktivität wie Chloroquin, ist jedoch weniger toxisch und kann in höheren Dosen über längere Zeiträume angewendet werden.

Hydroxychloroquin

Anwendung

Der Wirkstoff Hydroxychloroquin wird angewendet zur:

  • Prophylaxe und Behandlung von unkomplizierter Malaria, verursacht durch Plasmodium vivax, P. ovale, P. malariae und Chloroquin-empfindlichem P. falciparum
  • Symptomatischen Behandlung der rheumatoiden Arthritis
  • Behandlung des diskoiden Lupus erythematodes und systemischen Lupus erythematodes

Im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie wird Hydroxychloroquin, der weniger toxisch geltende Metabolit von Chloroquin, auf seine Wirksamkeit bei der Behandlung von COVID-19 untersucht

Wirkmechanismus

Malaria

Man geht davon aus, dass Hydrochlorochinin die Hämozoin-Biokristallisation inhibiert, was die Aggregation von zytotoxischem Häm erleichtert. Freies zytotoxisches Häm reichert sich in den Parasiten an und führt schließlich zu deren Tod.

Antiinflammation

Hydroxychloroquin erhöht den lysosomalen pH-Wert in Antigen-präsentierenden Zellen. Unter entzündlichen Bedingungen blockiert es toll-like Rezeptoren auf plasmazytoiden dendritischen Zellen (PDCs). Der Toll-like-Rezeptor 9 (TLR 9), der DNA-haltige Immunkomplexe erkennt, führt zur Produktion von Interferon und bewirkt, dass die dendritischen Zellen reifen und T-Zellen Antigene präsentieren. Hydroxychloroquin reduziert vermutlich so (durch Verringerung der TLR-Signalübertragung) die Aktivierung dendritischer Zellen und den Entzündungsprozess.

 

Pharmakokinetik

Hydroxychloroquin hat eine ähnliche Pharmakokinetik wie Chloroquin, mit schneller gastrointestinaler Resorption, großem Verteilungsvolumen und renaler Elimination. Cytochrom P450-Enzyme (CYP2D6, 2C8, 3A4 und 3A5) metabolisieren Hydroxychloroquin zu N-Desethylhydroxychloroquin. Beide Verbindungen hemmen die CYP2D6-Aktivität und können mit anderen Medikamenten interagieren, die von diesem Enzym abhängen.

Dosierung

Malariaprophylaxe bei Erwachsenen

Erwachsene sollten 400 mg einmal wöchentlich am gleichen Wochentag einnehmen. Die Prophylaxe sollte eine Woche vor Reiseantritt in das Malariagebiet begonnen und über mindestens 4 Wochen nach Verlassen der Region fortgeführt werden.

Malariabehandlung bei Erwachsenen

Initial 800 mg, 6 Stunden später 400 mg und dann 400 mg  täglich für 2 Tage, bzw. 3 Tage bei Personen mit einem Körpergewicht über 60 kg. Bei dokumentierten Infektionen mit Plasmodium ovale und/oder Plasmodium vivax sollte zusätzlich Primaquinphosphat gegeben werden, um eine eradikative Behandlung zu erzielen

Rheumatoide Arthritis bei Erwachsenen

Initial 400-600 mg täglich. Erhaltungsdosis 200-400 mg täglich.

Behandlung des diskoiden Lupus erythematodes bei Erwachsenen

Initial 400-600 mg täglich. Erhaltungsdosis 200-400 mg täglich.

Behandlung des systemischen Lupus erythematodes

Erwachsene: Initial 400-600 mg täglich. Erhaltungsdosis 200-400 mg täglich.

Nebenwirkungen

Die meisten beobachteten Nebenwirkungen unter Hydroxychloroquin-Einnahme sind dosisabhängig. Sie treten überwiegend bei einer Plasmakonzentration von mehr als 250 µg/l auf.
Die häufigsten Nebenwirkungen sind gastrointestinaler Art (Übelkeit, Magenkrämpfe und Durchfall) und bei 10-20% der Patienten zu beobachten. Auch Veränderungen der Kornea wie Hornhauttrübung und Hornhautödem mit Sehstörungen wie Gesichtsfeldeinschränkung, verschwommenes Sehen oder Photophobie, können unter der Anwendung auftreten. Bei Patienten mit Psoriasis scheint das Risiko schwerer Hautreaktionen höher zu sein.

In seltenen Fällen kann es zu einer Knochenmarkdepression, Blutbildveränderungen wie Leukozytopenie, Agranulozytose, Thrombozytopenie, Anämie und aplastischer Anämie kommen.

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Behandlung mit Hydroxychloroquin und folgenden Arzneimitteln kann zu Wechselwirkungen führen:

  • Digoxin → erhöhte Digoxin-Spiegel möglich.
  • Halofantrin → Verlängerung des QT-Intervalls und erhöhtes Risiko von ventrikulären Arrhythmien möglich
  • Arrhythmogene Arzneimittel (z. B. Amiodaron und Moxifloxacin) → erhöhtes Risiko von ventrikulären Arrhythmien
  • Ciclosporin → über erhöhte Ciclosporin-Spiegel im Plasma wurde berichtet
  • Krampfschwelle herabsetzenden Substanzen (z. B. Mefloquin) → Wirksamkeit einiger Antikonvulsiva kann bei gleichzeitiger Anwendung von Hydroxychloroquin beeinträchtigt sein, da Hydroxychloroquin die Krampfschwelle herabsetzen kann
  • Praziquantel → Chloroquin kann die Bioverfügbarkeit von Praziquantel reduzieren
  • Agalsidase → theoretisches Risiko einer Hemmung der intrazellulären α-Galactosidase-Aktivität
  • Phenylbutazon → Wahrscheinlichkeit einer exfoliativen Dermatitis steigt
  • Hepatotoxische Substanzen (Vorsicht bei Alkohol in großen Mengen) und MAO-Hemmer
  • Probenecid oder Indometacin → Risiko einer Sensibilisierung und Retinopathie erhöht
  • Kortikosteroide → Myopathien oder Kardiomyopathien können verstärkt werden
  • Aminoglykoside → verstärkte neuromuskuläre Blockade möglich
  • Pyrimethamin/Sulfadoxin → Risiko von Hautreaktionen signifikant erhöht
  • Folsäureantagonisten (Methotrexat) → werden in ihrer Wirkung verstärkt
  • Ampicillin → Die Resorption von Ampicillin kann vermindert sein
  • Neostigmin oder Pyridostigmin → Die Wirkung von Neostigmin oder Pyridostigmin kann verringert sein
  • Antazida → können die Resorption von Hydroxychloroquin vermindern
  • Cimetidin → kann die Ausscheidung von Hydroxychloroquin verzögern

Kontraindikation

Hydroxychloroquin darf nicht angewendet werden bei:

  • Bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, gegen Hydroxychinolin, 4-Aminochinolin-Derivate oder einen der sonstigen Bestandteile oder gegen einen der sonstigen genannten Bestandteile des jeweiligen Arzneimittels
  • Psoriasis
  • Retinopathie, Makulopathie
  • Gesichtsfeldveränderungen jeglicher Genese
  • Neurogene Hörschädigung
  • Myasthenia gravis
  • Erkrankungen des hämatopoetischen Systems
  • Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (hämolytische Anämie, Favismus)
  • Kindern im Alter von < 6 Jahren (< 35 kg)
  • Schwangerschaft (Ausnahme: Anwendungsgebiet Malaria)
  • Stillzeit

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft

Es liegen unzureichende klinische Daten zur Anwendung während der Schwangerschaft vor. Hydroxychloroquin passiert die Plazenta. 4-Aminochinoline haben in therapeutischen Dosen zu einer Schädigung des Zentralnervensystems geführt, darunter Ototoxizität, kongenitale Taubheit, Retinablutung und abnorme Pigmentierung der Retina. In tierexperimentellen Studien wurde bei hoher maternaler Chloroquin-Exposition eine Reproduktionstoxizität gefunden. Vor Beginn einer Behandlung von rheumatoider Arthritis oder Lupus erythematodes mit Hydroxychloroquin ist eine Schwangerschaft auszuschließen, da Hydroxychloroquin für diesen Indikationsbereich kontraindiziert ist. Für die Malariaprophylaxe und -behandlung kann Hydroxychloroquin in allen Schwangerschaftsstadien angewendet werden, da Malaria selbst eine Schädigung des Föten verursachen kann.

Stillzeit

Der Nutzen des Stillens muss bei der Malariaprophylaxe und -behandlung mit Hydroxychloroquin gegen die potentiellen Risiken für das Kind abgewogen werden.
Hydroxychloroquin wird beim Menschen in sehr geringen Mengen (2-4 %) in die Muttermilch ausgeschieden. Neugeborene sind für die Wirkung von 4-Aminochinolinen besonders empfindlich. Bei Anwendung als Malariaprophylaxe reicht die in der Muttermilch enthaltene Menge nicht aus, um das Kind vor Malaria zu schützen. Angesichts der langen Halbwertszeit und der hohen Tagesdosierung von Hydroxychloroquin bei der Indikation Rheumatoide Arthritis oder Lupus erythematodes ist mit einer Anreicherung des Wirkstoffs zu rechnen. Hydroxychloroquin soll innerhalb dieser Indikation deshalb nicht während der Stillzeit angewendet werden.

Verkehrstüchtigkeit

Da die Einnahme von Hydroxychloroquin zu Nebenwirkungen wie Akkommodationsstörungen und verschwommenem Sehen führen kann, besteht ein geringer bis mäßiger Einfluss auf
die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
335.87 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 45.0 D
Q0-Wert:
0.8
Kindstoff(e):
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