Ibutilid
Ibutilid ist ein Klasse-III-Antiarrhythmikum zur Korrektur von Vorhofflimmern und Vorhofflattern, das als Alternative zur Kardioversion in Betracht gezogen werden kann.
Ibutilid: Übersicht

Anwendung
Ibutilid ist ein „reines“ Antiarrhythmikum der Klasse III, das intravenös gegen Vorhofflattern und -flimmern angewendet wird. Vertreter dieser Gruppe blockieren den hERG-(human Ether-A-Go-Go Related Gen) Kanal, was zu einer Verlangsamung des Herzschlages und einer Verlängerung des Aktionspotenzials führt. Im EKG kommt es zu einer Verlängerung der QT-Zeit.
Anwendungsart
Ibutilid ist als Infusionslösung verfügbar.
Wirkmechanismus
Auf zellulärer Ebene übt Ibutilid zwei Hauptwirkungen aus:
- Induktion eines anhaltenden Na+-Stroms, der empfindlich auf Dihydropyridin-Ca2+-Kanalblocker reagiert, und
- starke Hemmung des schnell verzögerten K+-Gleichrichterstroms des Herzens durch Bindung in den Poren des Kaliumkanals.
Ibutilid bindet also an hERG-Kaliumkanäle, verzögerte Einwärtsgleichrichter-Kaliumkanäle (IKr) und L-Typ-Calciumkanäle (Dihydropyridin-empfindliche) Calciumkanäle.

Pharmakokinetik
Ibutilid unterliegt einem primär hepatischen Metabolismus. Acht Metaboliten von Ibutilid wurden im Urin nachgewiesen. Es wird angenommen, dass diese Metaboliten hauptsächlich durch o-Oxidation gefolgt von einer sequentiellen b-Oxidation der Heptyl-Seitenkette von Ibutilid gebildet werden. Von den acht Metaboliten besitzt nur der o-Hydroxy-Metabolit elektrophysiologische Klasse-III-Eigenschaften ähnlich denen von Ibutilid.
Bei gesunden männlichen Probanden wurden etwa 82% einer Dosis von 0,01 mg/kg [14C]-Ibutilidfumarat mit dem Urin ausgeschieden (etwa 7% der Dosis als unverändertes Ibutilid) und der Rest (etwa 19%) wurde im Stuhl wiedergefunden .
Die Halbwertzeit von Ibutilid beträgt 6 Stunden (Bereich: 2 bis 12 Stunden) und die Clearance 29 ml/min/kg.
Dosierung
Die Dosierungsempfehlungen von Ibutilid richten sich nach dem Körpergewicht des Patienten. Folgende Richtwerte können herangezogen werden:
- Patienten mit ≥60 kg Körpergewicht: 1 mg Ibutilidfumarat (= 0,87 mg Ibutilid, entsprechend dem Inhalt einer 10 ml - Durchstechflasche) innerhalb von 10 Minuten intravenös verabreicht.
- Patienten ≤60 kg Körpergewicht: 0,01 mg Ibutilidfumarat/kg (= 0,0087 mg Ibutilid/kg entsprechend 0,1 ml/kg) innerhalb von 10 Minuten intravenös verabreicht.
Sollte die Rhythmusstörung nach Beendigung der ersten Infusion innerhalb von 10 Minuten nicht behoben sein, kann eine zweite Dosis verabreicht werden. Zusätzliche Dosen werden aufgrund des Risikos einer Verlängerung der QT-Intervalls nicht empfohlen. Bei Patienten, die nach 1 Stunde oder länger nicht auf die Behandlung angesprochen haben, ist eine elektrische Kardioversion
möglich.
Die Infusionsdauer sollte 10 Minuten nicht unterschreiten.
Nebenwirkungen
Wie auch andere Antiarrhythmika kann Ibutilid aufgrund seiner Fähigkeit, das QT-Intervall zu verlängern, zu Herzrhythmusstörungen führen, die potenziell tödlich sind. In klinischen Studien entwickelten 1,9% der Patienten eine lebensbedrohliche anhaltende polymorphe ventrikuläre Tachykardie (Torsades de pointes), die eine akute Kardioversion erforderte.
Wechselwirkungen
Für Ibutilid sind folgende Interaktionen zu beachten:
- Antiarrhythmika der Klasse Ia (Disopyramid, Chinidin, Procainamid) und andere der Klasse III (Amiodaron, Sotalol) sollten aufgrund ihres refraktärzeitverlängernden Potentials nicht gleichzeitig mit Ibutilid bzw. innerhalb von 4 Stunden nach der Infusion und wegen einer möglichen Verlängerung der Refraktärzeit nur nach Rückkehr des QTc-Intervalls zum Ausgangswert gegeben werden.
- QT-verlängernde Arzneimittel, wie Antipsychotika (Phenothiazine: Thioridazin, Chlorpromazin und Levomepromazin; Benzamide: Sulpirid, Sultoprid, Amisulprid und Tiaprid; Pimozid; Haloperidol, Droperidol), tri- oder tetrazyklische Antidepressiva, Antibiotika (Makrolide: Erythromycin-Präparate, Fluorchinolone, Pentamidin), einige Antihistaminika (Terfenadin und Astemizol) und Arzneimittel anderer Klassen (Cisaprid, Diphemanil, Halofantrin und Mizolastin), können das Potenzial für Proarrhythmien erhöhen.
- Supraventrikuläre Arrhythmien können die durch überhöhte Digoxinspiegel bedingte Kardiotoxizität verschleiern. Deshalb ist bei Patienten, deren Plasmadigoxinspiegel über dem üblichen therapeutischen Bereich liegen besondere Vorsicht geboten.
Kontraindikationen
Ibutilid ist kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- anamnestisch bekannter polymorpher ventrikulärer Tachykardie (z. B. Torsade de pointes)
- Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz
- Verlängerung des QT-Intervalls (> 440 msek)
- AV-Block zweiten oder dritten Grades bei Patienten ohne Herzschrittmacher
- Sick-Sinus-Syndrom
- rezentem Myokardinfarkt (<1 Monat)
- Hypokaliämie
- Hypomagnesiämie
- gleichzeitiger Behandlung mit Antiarrhythmika der Klassen I oder III
- schwerer Einschränkung der Leberfunktion
Schwangerschaft
Es liegen keine hinreichenden Daten für die Verwendung von Ibutilid bei Schwangeren vor. In klinischen Studien erwies es sich bei Ratten als embryotoxisch und teratogen. Aus den tierexperimentellen Studien lassen sich jedoch nicht genügend Schlüsse ziehen. Im Hinblick auf die Indikation, darf Ibutilid während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn es unbedingt erforderlich ist.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Ibutilid bei Tieren und Menschen in die Muttermilch übertritt. Daher darf während der Behandlung mit Ibutilid nicht gestillt werden.
Alternativen
Weitere Vertreter der Klasse III Antiarrhythmika sind:
- Amiodaron
- Dronedaron
- Sotalol (auch Klasse II)
Wirkstoff-Informationen
- Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth "Medizinische Chemie", 2. Auflage 2010
- Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11., Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- Drug Bank: Ibutilide
- Fachinformation Corvert