Ifosfamid

Ifosfamid ist ein Cyclophosphamid-Isomer und gehört zur Wirkstoffgruppe der Alkylanzien. Das Zytostatikum wird zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen angewendet. Darüber hinaus wird der Wirkstoff auch den Stickstofflosten zugeordnet.

Ifosfamid

Anwendung

Ifosfamid ist zur Behandlung folgender Krebserkrankungen indiziert:

  • Hodentumore: Zur Kombinationschemotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren in den Stadien II bis IV nach TNM-Klassifikation (Seminome und Nicht-Seminome), welche nicht oder nicht genügend auf eine Initialchemotherapie ansprechen.
  • Zervixkarzinom: Palliative Cisplatin/Ifosfamid-Kombinationschemotherapie (ohne weitere Kombinationspartner) des Zervixkarzinoms im FIGO Stadium IV B (wenn eine kurative Therapie der Erkrankung durch Chirurgie oder Radiotherapie nicht möglich ist) – als Alternative zur palliativen Radiotherapie.
  • Mammakarzinom: Zur Palliativtherapie bei fortgeschrittenen, therapierefraktären bzw. rezidivierenden Mammakarzinomen.
  • Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome: Zur Einzel- oder Kombinationschemotherapie von Patienten mit inoperablen oder metastasierten Tumoren.
  • Kleinzelliges Bronchialkarzinom: Zur Kombinationschemotherapie.
  • Weichteilsarkome (inkl. Osteosarkom und Rhabdomyosarkom): Zur Einzel- oder Kombinationschemotherapie des Rhabdomyosarkoms oder des Osteosarkoms nach Versagen der Standardtherapien. Zur Einzel- oder Kombinationschemotherapie anderer Weichteilsarkome nach Versagen der Chirurgie und Strahlentherapie.
  • Ewing-Sarkom: Zur Kombinationschemotherapie nach Versagen der zytostatischen Primärtherapie.
  • Non-Hodgkin-Lymphome: Zur Kombinationschemotherapie bei Patienten mit hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen, welche nicht oder nur unzureichend auf die Initialtherapie ansprechen. Zur Kombinationstherapie von Patienten mit rezidiven Tumoren.
  • Morbus Hodgkin: Zur Behandlung von Patienten mit primär progredienten Verläufen und Frührezidiven des Morbus Hodgkin (Dauer der kompletten Remission kürzer als ein Jahr) nach Versagen der chemotherapeutischen bzw. radiochemo-therapeutischen Primärtherapie – im Rahmen anerkannter Kombinations-Chemotherapie-Regime, wie z. B. dem MINE Protokoll.

Wirkmechanismus

Ifosfamid wird in analog zu Cyclophosphamid bioaktiviert und wirkt schließlich durch Interaktion seiner alkylierenden Metaboliten mit der DNA. In der Folge kommt es zu Strangbrüchen und Quervernetzungen der DNA und im Zellzyklus wird eine Verlangsamung der G2-Phase verursacht.

Zytostatika

Pharmakokinetik

Verteilung

  • Das Verteilungsvolumen von Ifosfamid entspricht ungefähr dem Gesamtkörperwasservolumen, was darauf hindeutet, dass die Verteilung mit minimaler Gewebebindung erfolgt.
  • Nach intravenöser Verabreichung von 1,5 g/m2 über 0,5 Stunden einmal täglich für 5 Tage an 15 Patienten mit neoplastischen Erkrankungen betrug das mediane Verteilungsvolumen von Ifosfamid 0,64 l/kg an Tag 1 und 0,72 l/kg an Tag 5. Bei Verabreichung an pädiatrische Patienten betrug das Verteilungsvolumen 21±1,6 l/m2.
  • Ifosfamid zeigt eine geringe Plasmaproteinbindung.

Metabolisierung

  • Ifosfamid wird durch mikrosomale Leberenzyme zu aktiven Metaboliten aktiviert.
  • Es kommt zur Ringoxidation (Aktivierung) zum aktiven Metaboliten 4-Hydroxy-Ifosfamid und Seitenkettenoxidation zum inaktiven Metaboliten 3-Dechlorethylifosfamid oder 2-Dechlorethylifosfamid unter Freisetzung des giftiger Metabolit, Chloracetaldehyd.
  • Darüber hinaus werden N,N-Bis(2-chlorethyl)-phosphorsäurediamid (Ifosphoramid) und Acrolein gebildet. Die Hauptmetaboliten im Urin, Dechlorethylifosfamid und Dechlorethylcyclophosphamid, werden durch enzymatische Oxidation der Chlorethylseitenketten und anschließende Dealkylierung gebildet.
  • Geringe Mengen (nmol/ml) von Ifosfamid-Lost und 4-Hydroxyifosfamid sind im menschlichen Plasma nachweisbar.
  • Der Metabolismus von Ifosfamid ist für die Erzeugung der biologisch aktiven Spezies erforderlich.

Dosierung

Die gebräuchlichste Dosierung in der Monotherapie bei Erwachsenen ist die fraktionierte Applikation. Bei der fraktionierten Applikation (Infusionsdauer beträgt je nach Volumen zwischen 30 und 120 min) wird in der Regel an 5 aufeinanderfolgenden Tagen täglich 1,2 – 2,4 g Ifosfamid/m2 Körperoberfläche (bis zu 60 mg/kg Körpergewicht) i. v. appliziert.

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen (≥ 1/10) von Ifosfamid sind:

  • Leukozytopenie, Thrombozytopenie
  • Anämie, Myelosuppression, Neutropenie
  • ZNS Toxizität, Enzephalopatie
  • Schläfrigkei
  • Übelkeit/Erbechen
  • Alopezie
  • hämorrhagische Zystitis
  • Hämaturie, Makrohämaturie, Mikrohämatorie
  • Nierenfunktionsstörung, strukturelle Nierenschädigung
  • Fieber

Wechselwirkungen

Folgende Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Ifosfamid zu beachten:

  • Aprepitant: erhöhtes Risiko einer Ifosfamid-bedingten Neurotoxizität, da Aprepitant CYP3A4 einerseits induzieren, andererseits aber auch moderat hemmen kann
  • CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Fluconazol, Itraconazol, Ketoconazol, Sorafenib): verminderte Aktivierung und Metabolisierung von Ifosfamid. Durch Inhibition von CYP3A4 auch verstärkte Bildung eines Ifosfamid-Metaboliten möglich, der mit ZNS-Toxizität und Nephrotoxizität in Verbindung gebracht wird
  • Chlorpromazin, Trijodthyronin oder Aldehyddehydrogenasehemmer wie Disulfiram (Antabus): Verstärkte Wirkung und Toxizität
  • Busulfan, Bestrahlung der Blase: erhöhtes Risiko für eine hämorrhagische Zystitis
  • Sulfonylharnstoffe: Verstärkung der blutzuckersenkenden Wirkung
  • Suxamethonium: Verstärkung der muskelrelaxierenden Wirkung
  • Alkohol: Verstärkung von Ifosfamid-bedingter Übelkeit und Erbrechen möglich
  • Cumarin-Derivate (Warfarin): erhöhter INR-Wert (INR = International Normalized Ratio) möglich. Blutverdünnende Wirkung von Warfarin kann verstärkt und daher das Risiko von Blutungen erhöht werden
  • Docetaxel: Erhöhte gastrointestinale Toxizität, wenn Ifosfamid vor der Infusion von Docetaxel verabreicht wird
  • Tamoxifen: Erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen
  • Impfungen: Durch die immunsuppressive Wirkung von Ifosfamid ist mit einer verminderten Impfantwort zu rechnen. Bei Lebendvakzinen besteht das Risiko einer Infektion durch den Impfstoff
  • Bestrahlung: Ifosfamid kann die Bestrahlungsreaktion der Haut verstärken
  • Grapefruits oder Grapefruitsaft: Verminderte Aktivierung und damit verminderte Wirksamkeit von Ifosfamid
  • Allopurinol, Hydrochlorothiazid: Verstärkung der Myelotoxizität
  • Anthracycline, Bestrahlung der Herzgegend: erhöhte Kardiotoxizität

Bei gleichzeitiger Gabe folgender Verbindungen kann es zu erhöhter Hämatotoxizität und/oder Immunsuppression kommen:

  • ACE-Inhibitoren: Leukozytopenie und Agranulozytose möglich
  • Carboplatin: erhöhte Nephrotoxizität möglich
  • Cisplatin: Verschlimmerung Cisplatin-induzierter Hörverluste
  • Natalizumab

Eine erhöhte Nephrotoxizität ist bei gleichzeitiger Anwendung mit folgenden Substanzen möglich:

  • Aciclovir
  • Aminoglykoside
  • Amphotericin B
  • Carboplatin
  • Cisplatin

Zu einer additiven Wirkung auf das ZNS kann es z. B. kommen bei Gabe von Ifosfamid mit:

Amiodaron und G-CSF, GM-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor, Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor) begünstigen bei gleichzeitiger Anwendung eine pulmonale Toxizität.

Induktoren von Cytochrom-P450-Enzymen können zu einer vermehrten Bildung von Metaboliten führen, die eine Zytotoxizität oder andere Toxizitäten (je nach induzierten Enzymen) verursachen, z.B.:

Kontraindikationen

Ifosfamid darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • schwerer Beeinträchtigung der Knochenmarkfunktion (insbesondere bei zytostatisch und/oder strahlentherapeutisch vorbehandelten Patienten)
  • floriden Infektionen
  • eingeschränkter Nierenfunktion und/oder Harnabflussbehinderungen
  • Blasenentzündung (Zystitis)
  • Patientinnen, die stillen

Schwangerschaft

Ifosfamid darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dass eine Behandlung mit Ifosfamid aufgrund des klinischen Zustands der Frau erforderlich ist. Wenn Ifosfamid während der Schwangerschaft angewendet wird oder die Patientin während oder nach der Therapie schwanger wird, muss die Patientin auf die potenziellen Risiken für den Fetus hingewiesen werden.

Stillzeit

Da Ifosfamid in die Muttermilch ausgeschieden wird und gestillte Neugeborene/Kinder behandelter Frauen Auswirkungen wie Neutropenie, Thrombozytopenie, niedrige Hämoglobinwerte und Diarrhoe davon tragen, ist der Wirkstoff während der Stillzeit kontraindiziert.

Verkehrstüchtigkeit

Ifosfamid kann direkt durch Auslösung einer Enzephalopathie – besonders bei gleichzeitiger Anwendung von auf das ZNS wirkenden Pharmaka oder Alkohol – und indirekt durch Auslösung von Übelkeit und Erbrechen zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit oder der Bedienung von Maschinen führen.

Alternativen

Weitere Stckstofflost-Analoga sind:

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
261.09 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 6.0 H
Q0-Wert:
0.65
Autor:
Stand:
16.04.2022
Quelle:
  1. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie 2. Auflage 2010
  2. Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  3. Fachinformation Holoxan

Abbildung

Adapted from „Basic Methods of Chemotherapy”, by BioRender.com

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