Insulin degludec
Insulin degludec (Tresiba) ist ein gentechnisches Insulin-Analogon. Es zählt zu den langwirksamen Basalinsulinen und wird zur Blutzuckersenkung bei Diabetes mellitus angewendet. Durch Anhängen einer C16-Fettsäure wird die Freisetzung verlängert, sodass die Anwendung nur einmal täglich erfolgt.
Insulin degludec: Übersicht
Anwendung
Insulin degludec ist zugelassen zur Behandlung des Diabetes mellitus bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kinder ab einem Jahr. Die Anwendung kann bei Diabetes mellitus Typ 2 in Kombination mit oralen Antidiabetika oder Bolusinsulin erfolgen. Bei Typ 1 Diabetikern muss die Kombination mit einem schnell und kurz wirksamen Insulin-Analogon erfolgen, um den mahlzeitbezogenen Insulinbedarf zu decken.
Anwendungsart
Bei Insulin degludec handelt es sich um ein Basalinsulin, das in der Regel einmal täglich vorzugsweise zur gleichen Tageszeit, mindestens aber nach einem Abstand von 8 Stunden, subkutan appliziert wird. Die Applikation erfolgt in den Oberschenkel, den Oberarm oder die Bauchdecke, dabei sollte die Injektionsstelle immer gewechselt werden, um die Gefahr einer Lipodystrophie zu vermindern.
Wirkmechanismus
Insulin degludec hat die gleichen blutzuckersenkenden Wirkungen wie Humaninsulin. Nach subkutaner Applikation wird es kontinuierlich aus dem sich bildenden Depot freigesetzt. Der Wirkstoff bindet an Insulin-Rezeptoren auf Skelettmuskel- und Fettzellen und führt hier zu einer verstärkten Glukoseaufnahme. In der Leber wird die Glukoneogenese gehemmt, zudem wird die Speicherung von Glukose in Form von Glykogen in der Leber und in den Muskelzellen erhöht. Auch der oxidative Glukoseabbau sowie die Bildung von Fetten aus Glukose wird verstärkt. Durch diese verschiedenen Mechanismen, die vor allem den Glukose-Verbrauch fördern und die Neubildung hemmen, wird der Blutzuckerspiegel effektiv gesenkt.

Pharmakokinetik
Resorption
Insulin degludec ist ein durch Anhängen einer C16-Fettsäure modifiziertes Humaninsulin-Analogon. Die strukturelle Abwandlung führt nach subkutaner Applikation zur Bildung von Multihexameren, aus denen die wirksamen Monomere langsam freigesetzt werden. Aufgrund des gebildeten Depots wird die Wirkung im Vergleich zu Humaninsulin deutlich verlängert. Der Wirkeintritt von Insulin degludec erfolgt nach etwa 5 Stunden und die Wirkdauer hält über 42 Stunden lang an. Der Steady State stellt sich nach 2 bis 3 Tagen einmal täglicher Applikation ein. Die Gleichmäßigkeit der Wirkung konnte über einen Zeitraum von 24 Stunden nachgewiesen werden.
Verteilung
Insulin degludec bindet mit hoher Affinität an Serumalbumin, die Plasmaproteinbindung beträgt über 99%.
Elimination
Die Halbwertszeit nach subkutaner Applikation wird durch die Resorptionsrate aus dem subkutanen Gewebe bestimmt und liegt unabhängig von der Dosis bei etwa 25 Stunden. Die Resorption und Elimination von Insulin degludec wird durch Leber- und Nierenfunktionsstörungen nicht beeinträchtigt.
Dosierung
Die Dosierung von Insulin degludec muss vom Arzt festgelegt werden. Die empfohlene anfängliche Tagesdosis liegt für Typ 2 Diabetiker bei 10 Einheiten. Bei Patienten mit Typ 1 Diabetes muss die Anwendung einmal täglich in Kombination mit einem mahlzeitenbezogenen Insulin erfolgen. Anschließend wird bei beiden Diabetes Typen die Dosis individuell angepasst.
Bei älteren Patienten, eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion muss die Überwachung des Blutzuckers intensiviert und die Insulindosis gegebenenfalls angepasst werden.
Nebenwirkungen
Die häufigste Nebenwirkung einer Insulin-Therapie ist die Hypoglykämie. Sie kann auftreten, wenn die Insulindosis gegenüber dem Insulinbedarf zu hoch ist. Häufig können auch Reaktionen an der Injektionsstelle auftreten. Gelegentlich kommt es unter der Therapie mit Insulin degludec zur Lipodystrophie an der Injektionsstelle und peripheren Ödemen. Überempfindlichkeitsreaktionen und Urtikaria werden selten beobachtet. Bei langfristiger Anwendung kann es zur Bildung von Insulin-Antikörpern kommen, die gegebenenfalls eine Dosisanpassung nötig machen.
Wechselwirkungen
Folgende Wirkstoffe können den Insulinbedarf senken:
- Orale Antidiabetika
- GLP-1-Rezeptorantagonisten
- MAO-Hemmer
- Betablocker
- ACE-Hemmer
- Salicylate
- Anabole Steroide
- Sulfonamide
Folgende Wirkstoffe können den Insulinbedarf erhöhen:
- Orale Kontrazeptiva
- Thiazide
- Kortikosteroide
- Schilddrüsenhormone
- Wachstumshormone
- Sympathomimetika
- Danazol
Betablocker können die Symptome einer Hypoglykämie maskieren.
Octreotid und Alkohol können den Insulinbedarf sowohl senken als auch erhöhen.
Kontraindikation
Eine Kontraindikation besteht im Falle einer Überempfindlichkeit gegen Insulin degludec.
Schwangerschaft
Bisher liegen keine Erfahrungen bei der Anwendung von Insulin degludec in der Schwangerschaft vor. Im Tierversuch konnten im Vergleich zu Humaninsulin keine Unterschiede in Bezug auf die Embryotoxizität und Teratogenität festgestellt werden.
Stillzeit
Klinische Erfahrungen über die Anwendung von Insulin degludec in der Stillzeit liegen nicht vor. Im Tierversuch ging die Substanz in geringer Konzentration in die Muttermilch über, es wird aber angenommen, dass Insulin degludec keine Auswirkungen auf den Stoffwechsel des Säuglings hat, da dies bei Insulinen in der Regel nicht der Fall ist.
Verkehrstüchtigkeit
Patienten mit häufigen Hypoglykämie-Episoden sollte geraten werden, Vorsichtsmaßnahmen beim Führen von Kraftfahrzeugen zu treffen, da eine Hypoglykämie die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit verringern kann.
Anwendungshinweise
- Vor jeder Anwendung von Insulin degludec soll das Etikett überprüft werden, um eine Verwechslung mit anderen Insulinpräparaten zu vermeiden.
- Insulin degludec darf aufgrund einer erhöhten Gefahr für eine Hypoglykämie nicht intravenös angewendet werden. Auch die intramuskuläre Applikation soll aufgrund veränderter Resorptionseigenschaften nicht erfolgen.
- Eine Intensivierung der Insulintherapie mit einer abrupten Verbesserung der Blutzuckerwerte kann vorübergehend zu einer Verschlechterung der diabetischen Retinopathie führen. Langfristig wird das Risiko für das Fortschreiten der Retinopathie jedoch durch einen besser eingestellten Blutzuckerspiegel erniedrigt.
Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
Alternativen
Weitere langwirksame Insulin-Analoga sind:
- Insulin detemir (Levemir)
- Insulin glargin (Lantus)
- Insulin degludec (Tresiba)
- Mutschler, Geisslinger, Menzel, Ruth, Schmidtko (2016) Pharmakologie kompakt, 1. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- Novo Nordisk Pharma GmbH. Fachinformation: Tresiba® 100 Einheiten/ml KwikPen, Injektionslösung in einer Patrone (Penfill)
Abbildung
Adapted from „Insulin Mechanism”, by BioRender.com