Insulin glulisin
Insulin glulisin (Apidra) ist ein gentechnisches Insulin-Analogon zur Blutzuckersenkung bei der Behandlung des Diabetes mellitus. Es ist rasch und kurz wirksam und kann daher unmittelbar vor den Mahlzeiten ohne einen „Spritz-Ess-Abstand“ verabreicht werden.
Insulin glulisin: Übersicht
Anwendung
Insulin glulisin ist zur Behandlung des insulinbedürftigen Diabetes mellitus bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 6 Jahren zugelassen. Das kurzwirksame Insulin-Analogon wird meist in Kombination mit einem Intermediär-, Langzeit- oder Basalinsulinanalogon oder auch mit oralen Antidiabetika angewendet.
Anwendungsart
Insulin glulisin wird intravenös unter ärztlicher Aufsicht, durch kontinuierliche subkutane Infusion über spezielle Pumpsysteme oder als subkutane Injektion durch den Patienten selbst appliziert. Die subkutane Applikation soll unmittelbar vor den Mahlzeiten entweder in den Bereich der Bauchdecke, des Oberschenkels oder des Deltamuskels und immer an verschiedenen Stellen erfolgen.
Wirkmechanismus
Die primäre Wirkung von Insulin glulisin besteht in der Regulation des Glukosestoffwechsels. Der Wirkstoff bindet an Insulin-Rezeptoren auf Zellen der quergestreiften Muskulatur und des Fettgewebes und bewirkt dort eine erhöhte Aufnahme von Glukose aus dem Blut. Zudem werden die Glukoneogenese in der Leber, die Lipolyse in Adipozyten und die Proteolyse gehemmt und gleichzeitig die Glykogen-, Protein- und Triglyceridsynthese gesteigert. Insgesamt wird der Blutzuckerspiegel durch diese Mechanismen effektiv gesenkt. Die Wirksamkeit von Insulin glulisin entspricht der des Normalinsulins.

Pharmakokinetik
Resorption
Insulin glulisin zählt zu den rasch und kurz wirksamen Insulin-Analoga. Nach subkutaner Applikation wird der Wirkstoff schnell aus dem Unterhautfettgewebe freigesetzt. Die erhöhte Resorptionsgeschwindigkeit im Vergleich zu Humaninsulin wird durch den Austausch der Aminosäuren Asparagin an Position 3 gegen Lysin und Lysin an Position 29 gegen Glutaminsäure erreicht. Die hierdurch veränderte Ladungsverteilung verhindert die Selbstassoziation zu Insulin-Hexameren, wodurch die Löslichkeit erhöht ist. Die Rezeptoraffinität wird kaum beeinflusst. Der Wirkeintritt von Insulin glulisin erfolgt mit 10 bis 20 Minuten etwa doppelt so schnell wie der des Humaninsulins, die Plasmaspitzenspiegel werden innerhalb von 1 bis 1,5 Stunden erreicht. Die Wirkdauer ist im Vergleich zum Humaninsulin kürzer und liegt bei 2 bis 3 Stunden.
Verteilung und Elimination
Die Verteilung und Elimination von Insulin glulisin nach intravenöser Applikation sind vergleichbar mit Humaninsulin. Das Verteilungsvolumen beträgt 13 L und die Halbwertszeit 13 Minuten. Wird Insulin glulisin jedoch subkutan appliziert, wird der Wirkstoff mit einer Halbwertszeit von 42 Minuten schneller ausgeschieden als Humaninsulin mit einer Halbwertszeit von 86 Minuten. Die Plasmaproteinbindung von Insulin glulisin ist ähnlich gering wie die des Humaninsulins.
Die schnelle Absorption und Elimination von Insulin glulisin bleiben bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion unverändert.
Dosierung
Die Dosierung von Insulin glulisin wird vom Arzt festgelegt und erfolgt dabei nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten. Ist die Leberfunktion vermindert, können die Glukoneogenese-Kapazität und der Insulinstoffwechsel verringert sein. Daher kann bei eingeschränkter Leberfunktion der Insulinbedarf erniedrigt sein. Auch bei verschlechterter Nierenfunktion kann der Insulinbedarf herabgesetzt sein.
Nebenwirkungen
Die häufigste Nebenwirkung einer Insulin-Therapie ist die Hypoglykämie. Sie tritt auf, wenn die Insulindosis den Bedarf überschreitet. Häufig kann es auch zu lokalen Überempfindlichkeitsreaktionen an der Injektionsstelle kommen. Systemische Allergien treten gelegentlich ebenfalls auf, ebenso wie eine Lipodystrophie an der Injektionsstelle. Eine Hyperglykämie mit Ketoazidose als Folge tritt mit unbekannter Häufigkeit auf. Die Ursachen sind meist Anwendungsfehler oder bei Verwendung eines Pumpsystems ein Defekt desselben.
Wechselwirkungen
Folgende Wirkstoffe können die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin glulisin erhöhen
- Orale Antidiabetika
- ACE-Hemmer
- Disopyramid
- Fibrate
- Pentoxifyllin
- Salicylate
- Fluoxetin
- MAO-Inhibitoren
- Propoxyphen
- Sulfonamid-Antibiotika
Folgende Substanzen können die blutzuckersenkende Wirkung abschwächen
- Kortikosteroide
- Danazol
- Isoniazid
- Diazoxid
- Diuretika
- Glukagon
- Somatropin
- Schilddrüsenhormone
- Östrogene und Gestagene (z.B. in oralen Kontrazeptiva)
- Sympathomimetika (z.B. Epinephrin, Salbutamol, Terbutalin)
- Phenothiazin-Abkömmlinge
- Atypische Antipsychotika (z.B. Olanzapin, Clozapin)
- Proteaseinhibitoren
Bei Lithiumsalzen und Alkohol wurden sowohl eine blutzuckersenkende als auch -steigernde Wirkung beobachtet.
Pentamidin kann eine Hypoglykämie verursachen, gelegentlich mit nachfolgender Hyperglykämie.
Betablocker, Clonidin, Reserpin und andere Sympatholytika können die Anzeichen einer Hypoglykämie maskieren.
Bei der Kombination von Insulin glulisin und dem oralen Antidiabetikum Pioglitazon wurden, besonders bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko Fälle von Herzinsuffizienz berichtet. Bei einer Kombinationstherapie ist der Patient auf Zeichen einer Herzinsuffizienz zu überwachen und Pioglitazon gegebenenfalls abzusetzen.
Kontraindikation
In folgenden Fällen besteht eine Kontraindikation für Insulin glulisin:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Hypoglykämie
Schwangerschaft
Bisher liegen nur wenige Erfahrungen bei der Anwendung von Insulin glulisin in der Schwangerschaft vor. Im Tierversuch konnten im Vergleich zu Humaninsulin keine Unterschiede in Bezug auf die embryonale Entwicklung, die Geburt oder die postnatale Entwicklung festgestellt werden. Im Gegensatz dazu kann ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus mit erhöhten Blutzuckerwerten zu einer Erhöhung des Fehlbildungsrisikos und zu einer Zunahme von fetalen Komplikationen führen. Aufgrund der geringen Erfahrungswerte sollte eine Umstellung auf Humaninsulin erwogen werden.
Stillzeit
Insulin glulisin kann während der Stillzeit zur Therapie des Diabetes mellitus angewendet werden. Es ist nicht bekannt, ob Insulin glulisin in die Muttermilch übertritt, allerdings ist dies bei Insulinen in der Regel nicht der Fall.
Verkehrstüchtigkeit
Patienten mit häufigen Hypoglykämie-Episoden sollte geraten werden, Vorsichtsmaßnahmen beim Führen von Kraftfahrzeugen zu treffen, da eine Hypoglykämie die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit verringern kann.
Anwendungshinweise
Vor jeder Anwendung von Insulin glulisin muss die Bezeichnung auf dem Etikett überprüft werden, um eine Verwechslung mit anderen Insulin-Präparaten zu vermeiden. Patienten, die ein Pumpsystem zur kontinuierlichen subkutanen Applikation verwenden, müssen in der Anwendung von Insulin mittels Injektion geschult werden und Alternativen zum Pumpsystem zur Verfügung haben, falls dieses versagt.
Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
Alternativen
Weitere kurzwirsame Insulin-Analoga sind:
- Insulin lispro (Humalog)
- Insulin aspart (NovoRapid)
- Mutschler, Geisslinger, Menzel, Ruth, Schmidtko (2016) Pharmakologie kompakt, 1. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- Steinhilber, Schubert-Zsilavecz, Roth (2010) Medizinische Chemie, 2. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart
- Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Fachinformation: Apidra® 100 Einheiten/ml Injektionslösung in einer Patrone
- Embryotox – Arzneimittelsicherheit in Schwangerschaft und Stillzeit: Insulin glulisin (abgerufen am 20.07.2020)
Abbildung
Adapted from „Insulin Mechanism”, by BioRender.com
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Apidra 100 Einheiten/ml Abacus Injektionslösung in einer Durchstechflasche
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Apidra SoloStar 100 Einheiten/ml Abacus Injektionslösung in einem Fertigpen
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Apidra® SoloStar 100 Einheiten/ml Injektionslösung in einem Fertigpen
Sanofi-Aventis Deutschland GmbH