Interferon alfa-2a
Interferon alfa-2a ist ein rekombinantes Interferon, das aufgrund seiner immunmodulierenden Effekte zur Behandlung von Tumorerkrankungen sowie Virusinfektionen eingesetzt wird.
Interferon alfa-2a: Übersicht
Anwendung
Interferon alfa-2a ist indiziert zur Behandlung folgender Erkrankungen:
Tumorerkrankungen
- Follikuläres Non-Hodgkin-Lymphom
- Haarzell-Leukämie
- Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom
- Kutanes T-Zell Lymphom (Interferon alfa-2a könnte in der Behandlung von Patienten wirksam sein, die an einer fortschreitenden Erkrankung leiden und auf eine konventionelle Behandlung nicht ansprechen oder für eine solche ungeeignet sind)
- Malignes Melanom des AJCC-Stadiums II (Breslow-Tumordicke > 1,5 mm, ohne Lymphknotenbeteiligung oder Hautausbreitung) bei Patienten, die nach einer Tumorresektion krankheitsfrei sind
- Philadelphia-Chromosom-positive CML in der chronischen Phase (für CML-Patienten, die einen HLA-identischen Verwandten haben und für die eine allogene Knochenmarktransplantation in der näheren Zukunft geplant ist oder möglich erscheint, stellt die Therapie mit Interferon alfa-2a keine Alternative dar, wobei noch unbekannt ist, ob eine Behandlung mit Interferon alfa-2a als Therapie mit kurativem Potenzial für diese Indikation angesehen werden kann)
Virusinfektionen
- Erwachsene Patienten mit histologisch nachgewiesener chronischer Hepatitis-B-Infektion mit positivem Nachweis der Virusmarker (HBV-DNA oder HBe-Antigen)
- Erwachsene Patienten mit histologisch nachgewiesener chronischer Hepatitis-C-Infektion mit positivem Nachweis von HCV-Antikörpern oder HCV-RNA sowie erhöhter ALT-Serumspiegel ohne Leberdekompensation. Hierbei sollte Interferon alfa-2a in Kombination mit Ribavirin appliziert werden, da dies die Wirksamkeit erhöht (Monotherapie nur bei Intoleranz oder Kontraindikationen gegen Ribavirin).
Wirkmechanismus
Interferon alfa-2a ist ein mittels rekombinanter DNA-Technologie hergestelltes Immunstimulanz, das seine Wirkung analog zur Wirkungsweise der endogenen Typ I Interferone vermittelt. Die immunmodulierenden Effekte von Typ I Interferonen erfolgen ligandenabhängig über den JAK-STAT-Signalweg, der die Genexpression zugunsten antiviraler und antitumoraler Gene reguliert. Infolgedessen können virusinfizierte Zellen eliminiert und die Proliferationsraten unreifer Vorläuferzellen sowie Tumorzellen reduziert werden. Zusätzlich wird die Aktivität wichtiger Immunzellen und die Präsentation von Antigenen als elementare Schnittstelle zum Immunsystem gesteigert. Der Mechanismus der antitumoralen Wirkung ist nicht vollständig erforscht.
Kontraindikationen
Interferon alfa-2a ist kontraindiziert bei Patienten mit:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- bestehenden, schwerwiegenden Herzerkrankungen oder mit Herzerkrankungen jedweder Art in der Vorgeschichte. Obwohl keine direkte herzschädigende Wirkung nachgewiesen wurde, muss damit gerechnet werden, dass akute Nebenwirkungen wie Fieber oder Schüttelfrost, die oft mit der Verabreichung von Interferon alfa-2a einhergehen, eine vorher bestehende Herzkrankheit verschlimmern
- schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz oder schweren Funktionsstörungen des Knochenmarks
- unbehandelten Anfallsleiden und/oder sonstigen zentralnervösen Funktionsstörungen
- chronischer Hepatitis mit fortgeschrittener dekompensierter Lebererkrankung oder Leberzirrhose
- chronischer Hepatitis, die kürzlich Immunsuppressiva erhalten haben oder noch erhalten
Alternativen
Die Therapiealternativen richten sich nach dem jeweiligen Indikationsgebiet und sind darüber hinaus abhängig von patientenindividuellen Faktoren wie dem Alter der Patienten, Komorbiditäten oder dem Schweregrad der Erkrankung.
Zusätzlich sollte das Mutationsprofil des Tumors berücksichtigt werden.
Follikuläres Non-Hodgkin-Lymphom
- Strahlentherapie
- Stammzelltransplantantion
- Anti-CD20-Antikörper wie Rituximab und Obinutuzumab
- Chemotherapie (Bendamustin, Cyclophosphamid-Doxorubicin-Vincristin-Prednison, Anthrazykline)
Haarzell-Leukämie
- Chemotherapie (Cladribin, Pentostatin, Bendamustin)
- BRAF-Inhibitoren wie Vemurafenib
- Anti-CD20-Antikörper wie Rituximab
- BTK-Inhibitoren wie Ibrutinib
Fortgeschrittenes Nierenzell-Karzinom
- Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab und Avelumab
- Tyrosinkinaseinhibitoren wie Axitinib, Pazopanib und Tivozanib
- VEGF-Inhibitoren wie Bevacizumab
Kutanes T-Zell Lymphom
- Radiotherapie
- PUVA
- Retinoide wie Bexaroten
- Anti-CD30-Antikörper wie Brentuximab-Vedotin
- Anti-CCR4-Antikörper wie Mogamulizumab
Malignes Melanom
- Tumorresektion
- Strahlentherapie
- Chemotherapie: Carboplatin-Paclitaxel, Gemcitabin-Treosulfan, Decarbazin-Vindesin-Cisplatin
- Checkpoint-Inhibitoren wie Anti-PD-1-Antikörper (z.B. Nivolumab) und Anti-CTLA-4-Antikörper (z.B. Ipilimumab)
- BRAF-Inhibitoren wie Vemurafenib in Kombination mit MEK-Inhibitoren wie Cobimetinib
- Elektrochemotherapie mit Bleomycin
- Onkolytische Viren (T-VEC)
- Kinaseinhibitoren für entsprechende Mutationen (z.B. c-KIT)
- Immuntherapie(n) im Rahmen klinischer Studien
Wirkstoff-Informationen
- EMA: Fachinformation Roferon-A
- Use of Interferon Alfa in the Treatment of Myeloproliferative Neoplasms: Perspectives and Review of Literature, How, J.; Hobbs, G., cancers (2020)
- Interferons, J.N. Kline, K. Kitagaki, in Encyclopedia of Respiratory Medicine (2006)
- AWMF: S3-Leitline zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms (2020)
- S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms (2021)
- S2k-Leitlinie Kutane Lymphome (2021)