Labetalol
Labetalol ist ein alpha- und beta-adrenerger Antagonist zur Behandlung von Bluthochdruck, Angina pectoris und sympathischem Überaktivitätssyndrom.
Labetalol: Übersicht

Anwendung
Der Betablocker Labetolol ist indiziert zur raschen Blutdrucksenkung bei Hochdruckkrisen stationär aufgenommener Patienten (diastolische Blutdruck >140-150 mmHg oder kardiale bzw. zerebrale Symptome wie Lungenödem, Kopfschmerz, Sehstörungen mit diastolischem Blutdruck >120-130 mmHg).
Darüber hinaus kann Labetalol zur kontrollierten Blutdrucksenkung während der Anästhesie angewendet werden.
Wirkmechanismus
Labetalol antagonisiert nichtselektiv β-adrenerge Rezeptoren und selektiv α1-adrenerge Rezeptoren. Nach oraler Anwendung wirkt Labetalol ca. 3-mal stärker beta- als alpha-blockierend. Dies wird nach intravenöser Verabreichung auf das 6,9-fache gesteigert. Der Antagonismus von α1-adrenergen Rezeptoren führt zu Vasodilatation und verringertem Gefäßwiderstand. Dies bedingt einen Blutdruckabfall, der im Stehen am stärksten ausgeprägt ist. Der Antagonismus von β1-adrenergen Rezeptoren führt zu einer leichten Abnahme der Herzfrequenz und der Antagonismus der β2-adrenergen Rezeptoren zu einigen Nebenwirkungen wie z. B. Bronchospasmen, die jedoch durch den α1-Antagonismus leicht abgeschwächt werden können. Labetalol führt langfristig zu einer anhaltenden Vasodilatation ohne signifikante Abnahme des Herzzeitvolumens oder des Schlagvolumens und einer minimalen Abnahme der Herzfrequenz

Pharmakokinetik
Resorption
- Orale Dosen von 100 mg und 200 mg Labetalol haben eine tmax von 20 Minuten bis 2 Stunden.
- Die Bioverfügbarkeit kann zwischen 11% bis 86% liegen und bei älteren Patienten oder bei Einnahme mit Nahrung zunehmen.
Verteilung
- Bei normotensiven Patienten beträgt das Verteilungsvolumen 805 l.
- Bei hypertensiven Patienten liegt das Verteilungsvolumen zwischen 188 und 747 l mit einem Durchschnitt von 392 l.
- Labetalol ist im Serum zu etwa 50% proteingebunden.
Metabolismus
- Der Metabolismus von Labetalol wurde in der Literatur nicht vollständig beschrieben. Tierstudien zeigen eine N-Dealkylierung zu 3-Amino-1-phenylbutan.
- Dieser Metabolit kann weiter zu Benzylaceton und 3-Amino-(4-hydroxyphenyl)-butan metabolisiert werden.
- Labetalol wird beim Menschen hauptsächlich zu Glucuronid-Metaboliten wie O-Phenyl-Glucuronid und N-Glucuronid metabolisiert.
Elimination
- Radioaktiv markiertes Labetalol wurde zu 55-60% im Urin und zu 12-27% im Stuhl wiedergefunden.
- Labetalol besitzt eine Halbwertszeit von 1,7-6,1 Stunden und eine Plasma-Clearance von etwa 1500 ml/min und eine Vollblut-Clearance von 1100 ml/min.
Dosierung
Wenn eine schnelle Senkung des Blutdrucks erforderlich ist, sind 50 mg Labetalol-Hydrochlorid langsam intravenös (mindestens eine Minute lang, bis zu 3 Minuten) zu injizieren. Bei Bedarf kann diese Dosis in Intervallen von 5 Minuten wiederholt werden, bis ein ausreichendes Ansprechen erreicht ist. Die Gesamtdosis darf 200 mg nicht überschreiten.
Für eine kontrollierte Blutdrucksenkung während einer Vollnarkose beträgt die empfohlene Anfangsdosis für die intravenöse Labetalol-Injektion je nach Alter und Zustand des Patienten 10 bis 20 mg Labetalol-Hydrochlorid. Wenn nach fünf Minuten keine zufriedenstellende Blutdrucksenkung erreicht ist, werden - sofern die Pulsfrequenz über 60/min liegt - schrittweise 5 bis 10 mg verabreicht, bis der gewünschte Blutdruck erreicht ist. Die durchschnittliche Dauer der Blutdrucksenkung nach Gabe von 20 bis 25 mg Labetalol-Hydrochlorid beträgt 50 Minuten.
Nebenwirkungen
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen bei Anwendung von Labetalol-Injektionslösung sind:
- Herzinsuffizienz
- orthostatische Hypotonie
- Überempfindlichkeit
- Arzneimittelfieber
- erhöhte Leberwerte
- verstopfte Nase
- erektileDysfunktion
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Betablockern sind folgende Wechselwirkungen zu beachten:
- Anwendung anderer Antihypertonika oder Arzneimittel, die eine Hypotonie oder Bradykardie auslösen können: Wirkungen addieren sich und eine Hypotonie oder Bradykardie kann verstärkt werden.
- Calciumkanalantagonisten wie Verapamil und – in geringerem Ausmaß – Diltiazem wirken sich negativ auf die Kontraktilität und AV-Überleitung aus. Diese Kombination nicht bei Patienten mit Reizleitungsstörungen anwenden.
- Calciumkanalantagonisten wie Nifedipin können zu einem erhöhten Hypotonie-Risiko führen. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz, die mit Calciumkanalantagonisten behandelt werden, kann eine Behandlung mit Betablockern zu Herzversagen führen.
- Antiarrhythmika der Klasse I (z. B. Disopyramid, Chinidin) und Amiodaron können die Wirkung auf die atriale Überleitungszeit verstärken und negativ inotrope Wirkungen hervorrufen.
- Insulin oder orale Antidiabetika: Blutzuckersenkende Wirkung kann verstärkt werden (vor allem bei nicht-selektiven Betablockern).
- Anästhetika: Abschwächung der Reflextachykardie und erhöhtes Hypotonie-Risiko möglich. Eine Fortsetzung der Beta-Blockade reduziert das Risiko von Herzrhythmusstörungen während der Narkoseeinleitung und Intubation.
- Ganglienblocker können die blutdrucksenkende Wirkung verstärken.
- NSAIDs können die blutdrucksenkenden Wirkungen von Betablockern verringern.
- Trizyklische Antidepressiva (wie z. B. Imipramin und Amitriptylin), Barbiturate oder Phenothiazine (wie z. B. Chlorpromazin) sowie andere Antipsychotika (wie z. B. Clozapin) können die blutdrucksenkende Wirkung verstärken.
- Patienten, die Betablocker anwenden, reagieren möglicherweise nicht auf die Dosen Epinephrin, die üblicherweise zur Behandlung anaphylaktischer Reaktionen eingesetzt werden.
- Bei gleichzeitiger Verabreichung von Beta-Sympathomimetika muss mit antagonistischen Effekten gerechnet werden.
- Katecholamin-depletierende Arzneimittel wie z. B. Reserpin können eine additive Wirkung haben.
- Moxonidin oder α2-Antagonisten (wie z. B. Clonidin) erhöhen das Risiko einer Rebound-Hypertonie nach Absetzen des Arzneimittels.
- Ergot-Derivate können zu schwerer peripherer Vasokonstriktion und Hypertonie führen.
- Bei gleichzeitiger intravenöser Anwendung von Digoxin können die Digoxin-Blutspiegel ansteigen.
- Digitalisglykoside können bei gleichzeitiger Anwendung zudem die AV-Überleitungszeit verlängern.
Kontraindikationen
Labetolol darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- unbehandelter oder nicht kompensierter Herzinsuffizienz
- Cor pulmonale
- kardiogenem Schock
- schwerer Hypotonie
- AV-Block 2. und 3. Grades (außer bei vorhandenem Schrittmacher)
- hochgradiger Bradykardie (< 50 Schläge/min)
- gleichzeitiger Behandlung mit MAO-Hemmern oder Calciumkanalantagonisten vom Verapamil-Typ und vom Diltiazem-Typ
- Patienten mit Asthma bronchiale oder obstruktiven Atemwegserkrankungen in der Anamnese
- akutem Myokardinfarkt
- Sinusknotensyndrom und sinuatrialem Block (außer bei vorhandenem Schrittmacher)
- Prinzmetal Angina
- metabolischer Azidose
- unbehandeltem Phäochromozytom
Alternativen
Unterscheidung der einzelnen Vertreter
Vertreter dieser Gruppe lassen sich u.a. aufgrund ihrer Selektivität zu den einzelnen β-Rezeptoren, ihrer Lipophilie, ihren membranstabilisierenden Eigenschaften und ihrer intrinsisch sympathomimetischen Aktivität unterschieden werden.Propranolol ist aufgrund seiner hohen Lipophilie ZNS-gängig und wird deshalb auch zur Behandlung von Angst eingesetzt werden. Carvedilol bewirkt neben seiner Betarezeptor-blockierenden Wirkung auch eine Blockade des α1-Adrenozeptors.
β-Rezeptoren-Affinität
Wirkstoff |
Affinität |
---|---|
Bisoprolol | β1>>β2 |
Carvedilol | β1=β2 |
Metoprolol | β1>β2 |
Propranolol | β1=β2 |
Selektive Wirkstoffe
Nicht-selektive Wirkstoffe
Betablocker mit α1-Rezeptor-blockierenden Eigenschaften
Wirkstoff-Informationen
- Medizinische Chemie; Dieter Steinhilber, Manfred Schubert-Zsilavecz, Hermann J. Roth
- Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- Fachinformation Trandate
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