Lisdexamfetamin

Der Wirkstoff Lisdexamfetamin wird in der Therapie von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) eingesetzt. Lisdexamfetamin gehört zur Wirkstoffgruppe der synthetischen Amphetamine und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Der Arzneistoff ist ein Prodrug, das erst im Körper in seine aktive Form, dem Dexamfetamin, umgewandelt wird. Die Gabe als Lisdexamfetamin bedingt eine Wirkung über den gesamten Tag.

Lisdexamfetamin

Anwendung

Eine Behandlung mit Lisdexamfetamin ist nicht bei allen Kindern mit ADHS indiziert, und der Entscheidung zur Anwendung dieses Arzneimittels muss eine sehr sorgfältige Einschätzung der Schwere und Chronizität der Symptome des Kindes in Bezug auf sein Alter sowie des Potenzials für Missbrauch, Fehlgebrauch oder Zweckentfremdung vorausgehen.

Der Arzneistoff hat folgende Indikation:

  • Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von 6 Jahren

Wirkmechanismus

Lisdexamfetamin ist eine pharmakologisch inaktive Vorstufe (Prodrug). Nach oraler Gabe wird Lisdexamfetamin im Magen-Darm-Trakt rasch resorbiert und primär von den Erythrozyten zu Dexamfetamin, dem aktiven Metaboliten, hydrolysiert.

Der Wirkstoff verbessert die Verfügbarkeit der Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin am synaptischen Spalt, indem er deren Wiederaufnahme hemmt. Wie sich daraus der positive Effekt auf die ADHS-Symptomatik entwickelt, ist bislang noch nicht bekannt.

Pharmakokinetik

Nach oraler Gabe wird Lisdexamfetamindimesilat im Magen-Darm-Trakt rasch resorbiert, vermutlich vermittelt durch den PEPTl-Transporter.

Die Nahrungsaufnahme hat bei gesunden Erwachsenen nach oraler Gabe keinen Einfluss auf die beobachtete AUC und Cmax von Dexamfetamin, verlängert jedoch die Tmax um etwa 1 Stunde (von 3,8 Stunden unter Nüchternbedingungen auf 4,7 Stunden nach einer fettreichen Mahlzeit).

Lisdexamfetamindimesilat wird im Blut durch die hydrolytische Aktivität der Erythrozyten in Dexamfetamin und L-Lysin umgewandelt.

Amfetamin wird in Position 4 des Benzolrings zu 4-Hydroxyamfetamin oxidiert oder es wird an den α- oder -ß-Kohlenstoffatomen der Seitenketten zu α-Hydroxyamfetamin bzw. Norephedrin oxidiert.

Sowohl Norephedrin als auch 4-Hydroxyamfetamin sind aktiv und beide werden nachfolgend zu 4-Hydroxynorephedrin oxidiert. α-Hydroxyamfetamin wird zu Phenylaceton desaminiert, welches schließlich Benzoesäure und dessen Glucuronid und das Glycinkonjugat Hippursäure bildet.

Obwohl die an der Metabolisierung von Amfetamin beteiligten Enzyme noch nicht eindeutig ermittelt wurden, ist eine Beteiligung von CYP2D6 an der Bildung von 4-Hydroxyamfetamin bekannt.

Der Wirkstoff wird hauptsächlich renal eliminiert.

Die Halbwertszeit der Plasma-Elimination von Lisdexamfetamin betrug in den Probandenstudien mit Lisdexamfetamindimesilat in der Regel durchschnittlich weniger als eine Stunde. Die Halbwertszeit von Dexamfetamin liegt bei 11 Stunden.

Nebenwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Befindlichkeitsstörungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Kopfschmerzen oder Unruhezustände mit Schlafstörungen. Selten verursacht Lisdexamfetamin schwere Nebenwirkungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, plötzlichen Herztod, psychiatrische Störungen und Krämpfe.

Wechselwirkungen

Substanzen und Zustände, welche den pH-Wert des Urins ändern und die Ausscheidung von Amfetamin im Urin und dessen Halbwertszeit beeinflussen:

  • Ascorbinsäure, Thiaziddiuretika, eine Ernährung mit einem hohen Anteil an tierischem Eiweiß, ferner Diabetes und respiratorische Azidose) ► Ansäuerung des Urins ► Ausscheidung von Amfetamin im Urin gesteigert.
  • Natriumhydrogencarbonat, eine Ernährung mit einem hohen Anteil an Obst und Gemüse, ferner Harnwegsinfektionen und Erbrechen ► Alkalisierung des Urins ► verminderte Ausscheidung von Amfetamin im Urin und Verlängerung der Halbwertszeit.

Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer):

  • Amfetamine sollten während oder innerhalb von 14 Tagen nach der Gabe von MAO-Hemmern nicht angewendet werden, da es sonst zu einer vermehrten Freisetzung von Noradrenalin und anderen Monoaminen kommen kann ► starke Kopfschmerzen und weitere Anzeichen einer hypertensiven Krise, verschiedene toxische neurologische Wirkungen und maligne Hyperpyrexie (in manchen Fällen mit tödlichem Verlauf).

Antihypertensiva:

  • Amfetamine können die Wirksamkeit von Guanethidin oder anderen blutdrucksenkenden Arzneimitteln abschwächen.

Narkoanalgetika:

  • Amfetamine verstärken die analgetische Wirkung von Narkoanalgetika.

Chlorpromazin:

  • Chlorpromazin blockiert Dopamin- und Noradrenalin-Rezeptoren und hemmt dadurch die zentral stimulierenden Wirkungen von Amfetaminen.

Haloperidol:

  • Haloperidol blockiert Dopamin-Rezeptoren und hemmt dadurch die zentral stimulierenden Wirkungen von Amfetaminen.

Lithiumcarbonat:

  • Die anorektischen und stimulierenden Wirkungen von Amfetaminen können durch Lithiumcarbonat gehemmt werden.

Plasma-Kortikosteroidspiegel:

  • Amfetamine können einen signifikanten Anstieg der Plasma-Kortikosteroidspiegel bewirken. Dieser Anstieg ist abends am größten. Amfetamin kann Steroidbestimmungen im Urin stören.

Kontraindikationen

Lisdexamfetamin soll nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und/ oder sympathomimetische Amine
  • Gleichzeitige Anwendung von Monoaminoxidasehemmern (MAO-Hemmern) oder Anwendung innerhalb von 14 Tagen nach Behandlung mit MAO-Hemmern
  • Hyperthyreose oder Thyreotoxikose
  • Erregungszustände
  • Symptomatische Herz-Kreislauf-Erkrankung
  • Fortgeschrittene Arteriosklerose
  • Mittelschwere bis schwere Hypertonie
  • Glaukom

Schwangerschaft/Stillzeit

Amfetamine werden in die Muttermilch abgegeben. Lisdexamfetamin darf während der Stillzeit nicht angewendet werden.

Anwendungshinweise

  • Die Behandlung muss unter der Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen durchgeführt werden. Die Diagnose sollte anhand der DSM-IV-Kriterien oder der Leitlinien in ICD-10 gestellt werden und auf einer vollständigen Anamnese und Untersuchung des Patienten basieren. Die Diagnose darf sich nicht allein auf das Vorhandensein eines oder mehrerer Symptome stützen.
  • Vor einer Verordnung ist es notwendig, den Patienten hinsichtlich seines kardiovaskulären Status einschließlich Blutdruck und Herzfrequenz in der Ausgangslage zu beurteilen.
  • Wie bei anderen Stimulanzien ist das Potenzial für Missbrauch, Fehlgebrauch oder Zweckentfremdung vor der Verordnung zu bedenken.
  • Das Wachstum und der psychiatrische und kardiovaskuläre Status sollten kontinuierlich überwacht werden.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
263.38 g·mol-1
Autor:
Stand:
21.03.2017
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