Lithium

Der Wirkstoff Lithium wird angewendet zur Akutbehandlung der Manie als auch zur Prophylaxe manisch-depressiver und unipolar verlaufender affektiver Psychosen. Das Arzneimittel besitzt eine sehr geringe therapeutische Breite. Bei langjähriger Therapie sind Schädigungen der Nieren sowie Schild- und Nebenschilddrüsen möglich.

Anwendung

Lithium ist als Arzneistoff zugelassen zur:

Anwendungsart

Lithium findet in Form seiner Salze Lithiumcarbonat, -acetat, -sulfat, -citrat und –orotat pharmazeutische Anwendung. Der Wirkstoff ist in Form von Tabletten zur oralen Anwendung auf dem deutschen Markt zugelassen.

Lithiumcarbonat in nicht retardierter Arzneistoffformulierung erreicht ca. 4 Stunden nach Applikation Spitzenplasmakonzentrationen. Lithiumsulfat und Lithiumchlorid erreichen Spitzenplasmakonzentrationen innerhalb einer Stunde. Lithiumcarbonat ist weniger wasserlöslich und wird deshalb im oberen Gastrointestinaltrakt weniger schnell absorbiert als die anderen Lithiumsalze.

Bei Absetzen der Therapie sollte Lithium ausgeschlichen werden.

Wirkmechanismus

Lithium zeigt starke Wirkungen auf die Funktionalität von Nervenzellen und hat Einfluss auf eine Vielzahl von neurochemischen Systemen wie:

  • Ionenkanäle
  • Neurotransmitter, einschließlich Serotonin, Dopamin und Norepinephrin
  • „Second-Messenger-Systeme“, wie auf Phosphoinositol oder cAMP basierende Systeme

Lithium scheint außerdem das Volumen der an der emotionalen Regulation beteiligten Hirnstrukturen wie präfrontaler Kortex, Hippocampus und Amygdala zu schützen und zu erhöhen, was möglicherweise seine neuroprotektiven Wirkungen widerspiegelt. Auf neuronaler Ebene reduziert Lithium die exzitatorische Aktivität (Dopamin und Glutamat) und erhöht die inhibitorische (GABA) Neurotransmission.

Auf intrazellulärer und molekularer Ebene zielt Lithium auf Second-Messenger-Systeme ab, die die Neurotransmission weiter modulieren. Beispielsweise können die Wirkungen von Lithium auf die Adenylatcyclase- und auf Phosphoinositol sowie auf die Proteinkinase C dazu dienen, eine übermäßige exzitatorische Neurotransmission zu dämpfen.

Zusätzlich zu diesen vielen möglichen Mechanismen wurde auch vorgeschlagen, dass die neuroprotektiven Wirkungen von Lithium der Schlüssel zu seinen therapeutischen Wirkungen sind. In diesem Zusammenhang wurde gezeigt, dass Lithium den oxidativen Stress reduziert, der bei Manie und Depression auftritt. Darüber hinaus werden Schutzproteine wie Neutrotrophine und Bcl-2 erhöht und apoptotische Prozesse durch Hemmung der Glykogensynthasekinase 3 (GSK-3) und der Autophagozytose reduziert.

Pharmakokinetik

Resorption

Lithiumsalze werden schnell und nahezu vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Serumspitzenkonzentrationen werden 0,5 bis 3 Stunden (Lithiumacetat) bzw. 4 bis 4,5 Stunden (Lithiumcarbonat) nach Einnahme erreicht.

Verteilung

Lithium bindet nicht an Plasmaproteine. Die Verteilung in Körperflüssigkeiten ist nicht uniform. Es erfolgt keine schnelle Passage der Blut-Hirn-Schranke.

Elimination

Lithium passiert den Körper unverändert. Es wird hauptsächlich renal eliminiert. Die renale Lithium-Clearance kann bei interkurrenten Infektionen, Erbrechen, Durchfall, Flüssigkeitsmangel und bestimmten Arzneimitteln reduziert sein und dadurch eine Intoxikation hervorrufen. Die Halbwertszeit beträgt durchschnittlich 24 Stunden, bei älteren Menschen 30 bis 36 Stunden und bei Jugendlichen etwa 18 Stunden. Ein konstantes Verhältnis zwischen der extra- und intrazellulären Lithiumkonzentration ist nach etwa einer Behandlungswoche erreicht. Bei Neueinstellungen oder Dosisänderungen sollten deshalb nach etwa einer Woche die ersten Bestimmungen der Serumlithiumspiegel erfolgen.

Dosierung

Lithium besitzt eine sehr geringe therapeutische Breite von 0,5 bis 1,5 mmol/l. Um Lithium-Intoxikation zu vermeiden ist deshalb ein therapeutisches Drug monitoring indiziert.

Nebenwirkungen

Vor allem zu Beginn der Lithium-Behandlung sind folgende Nebenwirkungen beobachtet worden:

  • feinschlägiger Tremor
  • Polyurie
  • Polydipsie
  • Übelkeit

Die unerwünschten Wirkungen klingen jedoch meist mit der Fortsetzung der Behandlung oder nach einer Dosisreduktion wieder ab. Insbesondere in den ersten zwei Jahren der Behandlung ist häufig eine Gewichtszunahme zu beobachten.

Bei langjähriger Behandlung sind Schädigungen der Nieren sowie Schild- und Nebenschilddrüsen möglich.

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Behandlung mit folgenden Substanzen erhöht den Serumlithiumspiegel und kann zu einer Lithiumtoxizität führen:

Bei der gleichzeitigen Behandlung mit folgenden Substanzen kann es zu einer Erniedrigung des Serumlithiumspiegels durch erhöhte Lithiumausscheidung kommen:

Die gleichzeitige Behandlung mit folgenden Substanzen kann zum Auftreten einer Neurotoxizität führen:

Symptome einer Neurotoxizität können sein:

  • Ataxie
  • Tremor
  • erhöhter Muskeltonus
  • unfreiwillige Muskelzuckungen
  • Hyperreflexie
  • Artikulationsstörungen
  • Verwirrtheit
  • Somnolenz
  • Nystagmus

Weitere Wechselwirkungen

  • Neuromuskulär blockierende Substanzen ► Wirkungsverlängerung durch Lithium
  • Kaliumiodid ► Verstärkung eines möglichen strumigenen Effektes von Lithium
  • Tetrazykline ► Sowohl Erhöhung als auch Erniedrigung des Serumlithiumspiegels wurden beschrieben

Kontraindikation

Lithium darf nicht angewendet werden bei:

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft

Lithium darf nicht während der Schwangerschaft angewendet werden, da ein erhöhtes Fehlbildungs- und Komplikationsrisiko durch Lithium nicht ausgeschlossen werden kann.

Stillzeit

Lithium geht in die Muttermilch über. Die Vorteile einer Behandlung der Mutter während der Stillzeit sollten sorgfältig gegen die Risiken für das Kind abgewogen werden.

Verkehrstüchtigkeit

Verkehrstüchtigkeit und Bedienen von Maschinen

Während der Behandlung mit Lithiumsalzen sind Störungen des zentralen Nervensystems, wie Müdigkeit, Somnolenz, Schwindel oder Halluzinationen möglich, die das Reaktionsvermögen beeinträchtigen können und was beim Führen eines Kraftfahrzeuges oder beim Bedienen von Maschinen beachtet werden sollte. Patienten sollten auf diese möglichen Gefahren hingewiesen werden.

Alternativen

Bei der Behandlung der bipolaren Störung ist Lithium am effektivsten und wird auch von den meisten Leitlinien als Mittel der ersten Wahl empfohlen. Als Alternative können atypischen Depot-Antipsychotika in Erwägung gezogen werden, die laut einer Studie1 ein geringeres Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen haben als andere stimmungsstabilisierende Medikamente.

Hinweise

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Wirkstoff-Informationen

Molare Masse:
6.94 g·mol-1
Mittlere Halbwertszeit:
ca. 20.0 H
Q0-Wert:
0.02
Quelle:
  1. Lähteenvuo M et al. Real-World Effectiveness of Pharmacologic Treatments for the Prevention of Rehospitalization in a Finnish Nationwide Cohort of Patients With Bipolar Disorder. JAMA Psychiatry 2018;75(4):347-355
     
  2. OEGPB, Lithiumtherapie
     
  3. Potential mechanisms of action of lithium in bipolar disorder. Current understanding. Malhi GS1, Tanious M, Das P, Coulston CM, Berk M.
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