Lomustin
Lomustin ist ein Alkylierungsmittel, das als Teil chemotherapeutischer Schemata zur Behandlung von primären und metastasierten Hirntumoren sowie von refraktärem oder rezidiviertem Morbus Hodgkin zusätzlich zu chirurgischen und/oder strahlentherapeutischen Behandlungen verwendet wird.
Lomustin: Übersicht

Anwendung
Lomustin (Cecenu) ist innerhalb einer Kombinationstherapie indiziert:
- zur krankheitslindernden (palliativen) Therapie von Hirntumoren und Hirnmetastasen anderer Tumoren
- bei fortgeschrittenem Morbus Hodgkin, wenn die etablierten Chemotherapieschemata nicht mehr wirken
- bei bösartigen Tumorerkrankungen der Haut (metastasierte, maligne Melanome)
- bei Lungentumor (kleinzelliges Bronchialkarzinom)
Anwendungsart
Lomustin ist in Form von Kapseln für die orale Anwendung vorgesehen. Der Wirkstoff soll vorzugsweise abends vor dem Schlafengehen oder drei Stunden nach einer Mahlzeit eingenommen werden. Es wird empfohlen eine prophylaktische antiemetische Therapie durchzuführen.
Wirkmechanismus
Lomustin ist ein Alkylierungsmittel vom Nitrosoharnstoff-Typ. Lomustin wird in vivo hydrolysiert, wodurch reaktive Metaboliten entstehen, die eine Alkylierung und Quervernetzung der DNA verursachen (an der O6-Position von Guanin-enthaltenden Basen) und RNA. Hierdurch wird die Zytotoxizität induziert. Da Lomustin ein Nitroharnstoff ist, kann es auch mehrere Schlüsselprozesse wie Carbamoylierung und Modifikation von Zellproteinen hemmen.

Pharmakokinetik
Resorption
- Lomustin wird gut und schnell aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert.
Verteilung
- Die Proteinbindung von Lomustin beträgt 50%.
Metabolisierung
- Die Metabolisierung von Lomustin erfolgt schnell und vollständig in der Leber mit aktiven Metaboliten.
Elimination
- Nach oraler Gabe von radioaktivem Lomustin in Dosen von 30 mg/m2 bis 100 mg/m2 wurde etwa die Hälfte der verabreichten Radioaktivität in Form von Abbauprodukten innerhalb von 24 Stunden mit dem Urin ausgeschieden.
- Die Halbwertszeit beträgt ungefähr 94 Minuten, jedoch besitzen die Metaboliten eine Serumhalbwertszeit von 16 bis 48 Stunden.
Dosierung
Vor jeder Wiederholung der Lomustin-Verabreichung ist ein Blutbild anzufertigen und die Dosierung anzupassen. Eine kumulative Knochenmarktoxizität, besonders für Thrombozyten, kann eine Verlängerung des behandlungsfreien Intervalls notwendig machen.
Die kumulative Gesamtdosis soll 1.000 mg Lomustin/m² Körperoberfläche nicht erreichen, da die Gefahr einer Lungenfibrose besteht.
Soweit nicht anders in der Kombinationstherapie verordnet: 70 – 100 mg/m² Körperoberfläche (= 1,6 – 2,3 mg/kg Körpergewicht) alle 6 Wochen.
Bei eingeschränkter Nierenfunktion muss die Dosis reduziert werden.
Nebenwirkungen
Zu den häufigsten nebenwirkungen unter der Anwendung von Lomustin zählen Myelosuppression, Übelkeit und Erbrechen.
Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen sind bei der Anwendung von Lomustin zu berücksichtigen:
- Die gleichzeitige Gabe von Antiepileptika oder anderen Chemotherapeutika kann zu Komplikationen aufgrund pharmakokinetischer Interaktionen führen.
- Durch andere Zytostatika kann die Knochenmarktoxizität verstärkt werden.
- Eine Kreuzresistenz mit anderen alkylierenden Substanzen kann derzeit nicht ausgeschlossen werden.
- Ein Anstieg der Knochenmarktoxizität kann in Einzelfällen auch bei gleichzeitiger Einnahme mit Theophyllin oder mit dem H2-Antihistaminikum Cimetidin entstehen.
- Eine Vorbehandlung mit Phenobarbital kann aufgrund einer beschleunigten Elimination durch die Induktion mikrosomaler Leberenzyme zu einer Verminderung der Antitumorwirkung von Lomustin führen.
- Bei gleichzeitiger Anwendung der Gelbfiebervakzine mit Lomustin kann es zu schwersten systemischen Impfkomplikationen kommen.
- Die Anwendung von Lebendvakzinen bei immunsupprimierten Patienten ist kontraindiziert.
Kontraindikationen
Lomustin besitzt folgende Kontraindikationen:
- Schwangerschaft
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Überempfindlichkeit gegen Nitrosoharnstoffe
- schwere Knochenmarkdepression
- schwere Nierenfunktionsstörung
- Zöliakie
- Starke Reduktion der Thrombozyten- und Leukozytenwerte
Die gleichzeitige Anwendung von Gelbfieberimpfstoffen oder anderen Lebendimpfstoffen ist bei immunsupprimierten Patienten kontraindiziert.
Schwangerschaft
Tierexperimentelle Studien haben eine Reproduktionstoxizität mit Lomustin gezeigt. Der Wirkstoff ist während der Schwangerschaft kontraindiziert.
Stillzeit
Aufgrund der lipophilen Natur von Lomustin wird dieses wahrscheinlich in die Muttermilch ausgeschieden. Es sollte deshalb eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen beendet oder Lomustin abgesetzt werden sollte.
Verkehrstüchtigkeit
Lomustin kann indirekt durch Auslösen von Übelkeit und Erbrechen zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit oder der Bedienung von Maschinen führen.
Anwendungshinweise
- Aufgrund der verzögerten Knochenmarksuppression sollte das Blutbild mindestens sechs Wochen lang wöchentlich kontrolliert werden.
- Während der Behandlung sollen häufig Lungenfunktionstests durchgeführt werden.
- Patienten mit einem Ausgangswert von weniger als 70% der vorhergesagten forcierten Vitalkapazität (FVC) oder Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität (DLco) sind besonders gefährdet.
- Da Lomustin Leberfunktionsstörungen verursachen kann, werden Leberfunktionstests empfohlen.
- Nierenfunktionstests sollten ebenfalls regelmäßig durchgeführt werden.
Wirkstoff-Informationen
- Fachinformation Cecenu
- DrugBank: Lomustine, abgerufen am 13.10.2022
Abbildung
Created with Biorender.com